19. Kapitel

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Blake

„Komm schon, Großer, streng dein Spatzenhirn etwas an", sagte ich mit ruhiger Stimme und warf einen Blick in die Richtung des erbärmlichen Wurms, der mit hängendem Kopf vor sich hin starrte. Das Blut, das ihm aus dem Mund lief, tropfte in Fäden auf den Steinboden. Wenn ich dieses Gespräch in meinem Büro geführt hätte, hätte er mir den Teppich versaut.

„Vielleicht erinnert er sich besser, wenn seine Kniescheiben gebrochen sind", richtete ich das Wort an Carter und sah kurz zu ihm rüber. Er lehnte etwas abseits lässig an der Wand des Raumes, in dem wir uns befanden. In seiner Hand hielt er eine breite Metallstange, die er hin und her pendeln ließ.

„Möglich. Oder er hat sich sein Hirn schon genauso weg geballert wie seine Nasenscheidewand", entgegnete er trocken und sah ebenfalls unbeeindruckt zu ihm rüber. Mit der Stange klopfte er nun ein paar Mal auf den Boden, wodurch ein hallendes Geräusch entstand.

„Ich weiß nichts über das Mädel. Wie oft noch?", antwortete er nun, woraufhin mein Blick wieder zu ihm zurück wanderte. Während er sprach, hob er sein verprügeltes und blutendes Gesicht und blickte mich an.

„Sie hat für dich gearbeitet", antwortete ich und ging dabei ein paar Schritte auf ihn zu. Es war nicht das erste Mal, dass ich mit ihm redete, um ihn zum Reden zu bringen. Seit ich ihn von meinen Leuten hatte holen lassen, saß er auf einem klapprigen Plastikstuhl in einem leeren Kellerabteil unter dem Club. Noch hielt ich ihn am Leben, weil ich vermutete, dass er mir wertvolle Informationen liefern könnte. Nachdem Mavis endlich zugab, dass sie für jemand anderen gearbeitet hatte, beschloss ich, ihm einen weiteren Besuch abzustatten, um herauszufinden, was er über sie wusste.

„Ja, aber nicht lange. Einige Wochen. Ich habe einmal mit ihr gesprochen, bevor ich sie eingestellt habe. Danach war jemand anderes für sie zuständig. Sie war bedeutungslos. Ich vergeude meine Zeit selten mit bedeutungslosen Dingen", erklärte er und zuckte knapp mit den Schultern. Ich konnte es kaum erwarten, diesen Kerl loszuwerden, sobald ich mit ihm fertig war. Seine ungerechtfertigte Überheblichkeit weckte in mir den dringenden Wunsch, ihn aufzuhängen, ihm seine winzigen Eier abzuschneiden und ihn ausbluten zu lassen. Der Kerl war dümmer und nutzloser als Scheiße am Schuh und er schien es nicht einmal zu bemerken.

„Du stellst Leute ein, die du nicht kennst? Wie du siehst, war das nicht besonders clever", sagte ich und schüttelte leicht tadelnd den Kopf. „Wie ist sie auf dein Geschäft aufmerksam geworden?", fragte ich erneut.

„Ich weiß es nicht, Mann. Einer meiner Straßendealer hat sie irgendwann angeschleppt", erwiderte er und hielt daraufhin für einen kurzen Moment inne, bevor er fortfuhr. „Sie und noch eine", fügte er hinzu.

„Wen?"

„Keine Ahnung. Eine jüngere Version von ihr. Ich glaube, es war ihre Schwester", erklärte er und zuckte erneut kurz mit den Schultern. Seine Hände waren hinter seinem Rücken an der Lehne des Stuhls befestigt, auf dem er saß.

„Und beide haben für dich gearbeitet?", fragte ich, was mich für einen Moment verwundert die Stirn runzeln ließ.

„Mehr oder weniger, ja", entgegnete er und nickte.

„Heißt?"

„Die jüngere von beiden hat nach einer Weile mehr Zeit damit verbracht, die Drogen zu nehmen, anstatt sie zu verticken. Sie und der Kerl, der sie angeschleppt hat. Aber das Problem hat sich von selbst gelöst. Sie sind tot", sagte er und legte für einen Moment seinen Kopf in den Nacken, um an die dreckige Steindecke zu sehen.

„Wie das?", fragte ich, weshalb er mich wieder ansah. Auch wenn die Situation zuerst absurd klang, begann sie allmählich Sinn zu ergeben. Von Anfang an hatte ich Mavis aufgrund meines mangelnden Vertrauens ihr gegenüber überwachen lassen. Ich hätte es mitbekommen, wenn sie sich mit ihrer Schwester getroffen hätte. Aber das hatte sie nicht.

„Ich weiß es nicht. Sie haben vermutlich überdosiert oder so. Passiert eben manchmal", sagte er und sah zu mir zurück. Dann, während er redete, wanderte seine Aufmerksamkeit kurz rüber zu Carter und auf die Metallstange in seiner Hand.

„Und weiß sie das?"

„Vermutlich nur, dass sie tot ist", antwortete er knapp und schüttelte seinen Kopf...

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