In einer unbeleuchteten Seitengasse sprangen sie von dem Dach und gingen dann zu dem Zirkel. Ein Tor erhob sich über Ejahls Kopf, neben dem jeder Mensch, so groß er auch sein mochte, nicht mehr als eine Ameise war.
Eine kleinere Tür war in das Holz eingelassen und ein Gitter versperrte ein geschlossenes Sichtfenster.
Ejahl klopfte an.
Zunächst geschah nichts, aber nur wenige Sekunden später ertönten Schritte im Inneren. Das Sichtfenster wurde aufgeschoben und ein Augenpaar kam zum Vorschein. Ein sehr müdes Augenpaar. Die Sonne stand weiterhin niedrig am Himmel und sicherlich war der Templer gerade erst erwacht oder hatte die ganze Nacht über Wache gehalten.
»Was'n los?«, nuschelte er und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
»Ich bringe Euch eine Magierin«, sagte Ejahl und trat einen Schritt zur Seite, um den Blick auf Sorah freizugeben, deren Hände hinter ihrem Rücken von Kematian gehalten wurden. Der Ausdruck in ihren Augen sprach von geballter Enttäuschung, gefangen worden zu sein, Angst, was nun geschehen würde, und Wut auf die beiden Männer.
»Die Nichte eines ... Nicht-Mehr-Freundes«, erklärte Ejahl. »Ich war heute früh bei ihm und da habe ich es gesehen.« Er trat einen Schritt näher an das Sichtfenster und sprach mit gesenkter Stimme. »Als sie ihre Finger aneinander rieb, erglommen Funken. Ich hätte nie von meinem Freund erwartet, dass er eine Magierin bei sich unterkommen lässt. Wir nahmen sie sofort in Gewahrsam und führten sie hierher, damit Ihr mit ihr verfahren könnt, wie Ihr es für richtig haltet.«
Die Augen des Templers wanderten über jeden der drei, ehe sein Blick wieder Ejahl traf. »Ihr dürft eintreten. Wir werden Euch einige Fragen stellen und dann könnt Ihr Eure Belohnung erhalten.«
»Vielen Dank«, sagte Ejahl und nickte ihm zu. »Ihr erweist uns einen großen Dienst.«
Das Sichtfenster schloss sich und ein Rattern erklang aus dem Inneren. Die Tür schob sich auf und das Augenpaar wurde nun zu einem älteren Mann in voller Rüstung – ausgenommen des Helmes. Ein Wappen prangte auf dem polierten Brustpanzer, gekreuzte Schwerter, um die Flammen herum loderten.
Neben ihm stand ein zweiter Templer, dieser mit Helm, sodass Ejahl nur die wachsamen blauen Augen hinter dem Visier sehen konnte. Eine Hand lag an seinem Schwert, bereit es zu ziehen, sollte die ›Magierin‹ eine falsche Bewegung machen.
Ejahl trat ein. Hinter ihm gab Kematian Sorah einen Stoß.
Sie gab einen Laut des Unmuts von sich. »Lasst mich los!«, verlangte sie und ergänzte leiser: »Wichser.«
Ejahls Miene blieb nüchtern, obwohl Überraschung an ihr zupfte. Die junge Frau hatte Kematian nicht nur einen Befehl gegeben, sie hatte ihn auch noch beleidigt und später könnte sie alles darauf schieben, dass sie die Charade aufrecht erhalten musste. Kluges Mädchen.
»Temperamentvoll«, meinte der Templer ohne Helm. »So sind die meisten, die außerhalb des Zirkels aufgewachsen sind, aber keine Sorge, sie wird sich hier schnell wohlfühlen.«
Er nickte seinem Kameraden zu und deutete dann Ejahl an, ihm zu folgen. »Ihr könnt von Glück reden, dass Ihr noch lebt«, meinte er, als er sie durch das Außengelände führte. »Viele Magier können ihre Kräfte nicht kontrollieren und handeln, ohne nachzudenken, wenn sie sich in die Ecke getrieben fühlen. Nur hier sind sie sicher.«
Zu oft, wenn Ejahl mit Templern sprach, beschlich ihn das Gefühl, dass sie wirklich an ihre Worte und ihren Weg glaubten. Nur einer der vielen Gründe, weshalb er sich für gewöhnlich von diesem ganzen Thema fernhielt.
»Sie hat uns kaum Probleme bereitet«, sagte Ejahl. »Sicherlich ist sie ungeübt in ihrer Magie. Wo da draußen sollte sie schon eine Chance haben, ihre Fähigkeiten zu üben?«
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The Tale of Greed and Virtue
FantasyWie viele Frevel verlangt eine Heldentat? Ejahl, der Meisterdieb, wird eines Abends von einem alten Freund mit einem merkwürdigen Anliegen überrascht. Als außerdem noch seine Ziehtochter verschwindet, gerät er an vorderste Front des Krieges zwischen...