Kapitel 10:

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Das Telefonat mit meiner Mutter verlief ganz nach meiner Erwartung. Anfangs schrie sie mich geradezu an, meinte sie sei „krank vor Sorge" gewesen und was für eine Schande ich als Tochter wäre, einfach ohne ein Wort plötzlich zu verschwinden und das ich damit noch das ganze Abendessen ruiniert hätte (nicht das sie den Rest des Abends anwesend gewesen wäre und davon auch nur wusste, weil meine Tanten die großzügigsten Theorien gesponnen hatten).
Mein Schwester sei angeblich noch schlimmer dran gewesen, als ich nicht an mein Handy gegangen bin und wollte mich wohl schon als vermisst melden.
Da fühlte ich mich jetzt doch ein wenig schlecht.

Aber als ich meiner Mutter sagte, ich sei mit meinem „festen Freund" mitgegangen und habe mein Handy bei Onkel Ryu vergessen hätte, war sie wie ausgewechselt und ausgesucht höflich und fragte gleich, wo er denn wohnen würde, um „sich von meinem Wohlbefinden zu überzeugen".
Sogar mein Handy wollte sie mir wiedergeben.
Ja klar.
Wohl eher ein Vorwand um Gojo in Grund und Boden zu fragen, was einerseits sicherlich lustig sein würde, aber andererseits war ich mich nicht sicher für wen. Zumal Gojo, der kaum zwei Meter entfernt von mir stand, definitiv alles hören konnte. Obwohl ich versucht hatte soweit weg von ihm wie möglich zu kommen, war sein Zimmer einfach viel zu klein und die Stimme meiner Mutter viel zu laut.

»Nein, das geht leider nicht. Wir müssen morgen früh raus für äh einen Kurs... Nein wir studieren nicht das Gleiche... Frag ihn doch selber!... Warte was?! Mama?!«
Sie hatte mich ernsthaft gefragt, ob ich schwanger sei, weil anscheinend nur das erklären konnte, warum ich von zuhause abgehauen sei.
Dabei war ich hier nicht einmal freiwillig.
Und als wäre es der schlimmste Skandal unverheiratet schwanger zu sein. So wie ich das sah, bestand mein einziger Skandal darin ausgerechnet mit dem da eine Beziehung vorzutäuschen. Außerdem grinste der schon wieder so.

»Also nicht? Schätzchen, ich weiß du hast mit deinem Satoru Gojo sicher einen guten Fang gemacht, aber bitte geb doch nicht alles für ihn auf.«
Hörte sie mir eigentlich zu?
»Ich gebe gar nichts für irgendwen auf!«
»Es ist nicht schlimm, Schätzchen. Ich versteh das. Aber hübsche Jungen, wie er sind wirklich schwer zu halten. Kommt nur ein Mädchen, hübscher als du selbst und du bist für ihn nichts weiter als-«
»Mama!!«
Das war also, wie sie von ihm dachte.
Es war vermutlich nicht weit von dem was ich selbst bereits vermutet hatte - ich warf einen Blick auf Waka Inoue - und doch störte es mich, dass meine Mutter glaubte, ich spiele nicht in seiner Liga.
»Was du glaubst ist komplett falsch! Du kennst ihn doch gar nicht! Und überhaupt, wenn er jedes andere Mädchen haben könnte, warum wählt er dann mich? Lass mich doch einfach lieben, wen ich will, ohne dich einzumischen!!«
Dann legte ich auf.

Noch immer vor Wut bebend starrte ich auf das Handy in meiner Hand, bis ich hinter mir einen leisen Pfiff hörte.
»Wow. Wenn ich so darüber nachdenke ist deine Familie vielleicht doch verkorkster, als ich dachte.«
Ich schnaubte verächtlich und wandte mich wieder Gojo zu, ohne den Griff um sein Handy zu lockern.
»Auch schon aufgefallen, ja?«
»Dennoch nett, dass du so für mich kämpfst.« er verschränkte die Hände hinter seinem Kopf und lehnte sich an die Wand seines Bettes. »"Lass mich lieben, wen ich will", wirklich sehr charmant.«
Für einen Moment unfähig zu entscheiden, ob ich nun vor Scham erröten, oder das Handy nach ihm werfen solle, ging ich mit dem Mittelweg.
»Idiot!« rief ich und warf das Handy, während ich gleichzeitig so rot wie eine Tomate wurde.

Zu meiner größten Irritation allerdings blieb das Handy kaum wenige Zentimeter vor Gojos Gesicht in der Luft stehen. Er selbst grinste und pflückte es lässig aus der Luft.
»Was... wie?« stammelte ich und starrte mit aufgerissenen Augen auf das Handy. »Du kannst Telekinese?«
»Huh?«
»Na deine Fähigkeit. Telekinese.« versuchte ich ihm auf die Sprünge zu helfen.
Er blickte mich ungläubig an, ehe er haltlos anfing zu lachen. Etwas beleidigt stemmte ich die Hände in die Hüften und war nur erleichtert, dass ihn diese Aktion von meinem Telefonat abgelenkt hatte.
»Telekinese! Ich mag es das du so unwissend bist!« prustete er und ich entschied mich doch dazu sehr beleidigt zu sein.

Nur ein Mensch (Satoru GojoxOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt