Kapitel 106

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Es war als würde alles in Zeitlupe ablaufen und die Angst hatte mich längst überrannt. Ich hielt die Luft an und mein Herz setzte einen Schlag aus.

Ich wollte unbedingt Yasmina zur Hilfe eilen, nur ließ man das nicht zu. Die beiden Wachen machten keine Anstalten um mich vorbei zu lassen. Natürlich machte das Sinn, denn Tyrone hatte ihnen den Befehl gegeben, mir auf keinen Fall von der Seite zu weichen.

Meine Welt blieb stehen als die braune Wölfin, welche über Yasmina war, zubiss. Es war genau an Yasminas Hals und das konnte doch niemand überleben. Ein lautes Knurren war dabei zu hören, welches von der Wölfin kam.

Ich wollte zu ihnen laufen, ich wollte schreien oder wenigstens irgendetwas tun. Allerdings war mein Körper wie erstarrt. Ich zeigte absolut keine Reaktion und konnte diese Grausamkeit lediglich beobachten.

Yasmina hatte keinen Ton von sich gegeben und blieb nun regungslos auf dem Boden liegen. Die braune Wölfin hatte von ihr abgelassen und drehte sich mir zu. Ich war in einem Schockzustand, weshalb mir das gerade vollkommen egal war. Vielleicht lag es auch an den Rudelkämpfern, die sowieso auf mich aufpassten.

Mit gefletschten Zähnen trat sie auf uns zu, was mit dem Blut um ihre Schnauze bedrohlicher wirkte. Dennoch landete mein Blick wieder auf Yasmina. Aber sie gab keinen Mucks von sich und lag nur dort.

Mein Hirn wollte das einfach nicht akzeptieren. Sie konnte unmöglich tot sein. Das musste ein Alptraum sein, weil es nie der Realität entsprechen konnte.

Einer der Rudelkämpfer trat einen Schritt nach vorne und gab ein Knurren von sich. Lediglich der zweite blieb direkt neben mir stehen.

Doch schon im nächsten Moment wurde unsere Feindin von einem mir bekannten dunkelbraunen Wolf gerammt. Es war mit einem derartigen Schwung, dass sie auf den Boden knallte. Ihr Kopf schlug hart auf, weshalb ein Knacken zu hören war. Vermutlich überlebte man alleine das nicht.

Allerdings ging Tyrone auf Nummer sicher, denn er biss fest zu, um der Wölfin ein Ende zu setzen. Sie hatte absolut keine Chance gegen ihn.

Wie auch bei diesem Werwolf als Gegner?

Danach schnellte mein Blick zu Yasmina, die immer noch am selben Fleck lag. Ich wollte mich an einem der beiden Rudelkämpfer vorbei zwängen, nur ließ er das nicht zu. Über den Mindlink sagte er: "Luna, wir haben die strikte Anweisung dich unter keinen Umständen aus den Augen zu lassen. Du sollst genau hier bleiben. Der Alpha war sehr deutlich." Vermutlich wollte ich nicht wissen wie genau mein Mate das gesagt hatte. Er war mit hoher Wahrscheinlichkeit vollkommen ausgerastet als er die Info erhalten hatte.

Aber im Moment hatte ich ganz ein anderes Problem. Verzweifelt sagte ich laut: "Ich muss dringend zu Yasmina." Falls es noch Hoffnung gab, wollte ich helfen. In mir bestand nämlich die naive Hoffnung, dass sie lebte. Ich konnte und wollte nicht akzeptieren, dass wir ausgerechnet Yasmina verlieren sollten.

Tyrone hatte bereits von der Wölfin abgelassen und ging auf Yasmina zu.  Er beugte sich zu ihr hinunter und über den Mindlink sagte er zu mir: "Ihr Herzschlag ist sehr schwach, aber er ist da." Ich empfand eine kleine Erleichterung, denn es war wesentlich besser als gar keiner. Trotzdem konnte sich das schnell ändern.

In mir keimte die Wut hoch, denn tatenlos rumzustehen war dämlich. Vor allem wenn es genug zu tun gab. Deshalb rief ich: "Tyrone Darkmoon, lass mich sofort zu Yasmina!" Ohne seine Erlaubnis würden mich die zwei Werwölfe nie gehen lassen. Das musste er veranlassen.

Tatsächlich trat einer von ihnen kurz darauf beiseite, weshalb ich ohne zu zögern los rannte. Meine Bodyguards folgten mir kommentarlos und hatten kein Problem damit mit mir Schritt zu halten.

Mein Mate blieb neben Yasmina stehen und stupste sie einmal vorsichtig seiner Nase an. Viel mehr konnte er ins Wolfsform auch nicht tun.

Wenn Tyrone so ruhig blieb, musste der Kampf allgemein vorbei sein. Ansonsten würde er längst Flynn unterstützen oder sich mit sonst jemanden einen Kampf liefern.

Aber ich beachtete meine sonstige Umgebung nicht weiter, denn ich hatte Aufpasser, die das für mich machten. So konnte ich vollen Fokus auf die Verletzte legen.

Als ich Yasmina erreicht hatte, ließ ich mich neben sie auf die Knie fallen. Genau am Hals hatte sie eine Bissstelle. Bei all dem Fell war es schwer zu beurteilen wie schlimm die Verletzung war oder was genau betroffen war. Ihre Augen hielt sie geschlossen und die Atmung ging flach.

Tyrone erklärte: "Ärztliche Hilfe ist bereits unterwegs." Seiner Stimme hörte man die Anspannung an und seine Angst konnte ich fühlen. Beide empfanden wir dasselbe.

Keine Ahnung, ob sie bei Bewusstsein war, aber ich nahm ihre Pfote und sagte: "Halte bitte durch. Hilfe ist unterwegs."

Seit langem hatte sie sich wieder auf etwas gefreut, dann sollte Yasmina sterben? Das Schicksal konnte wahrlich grausam sein und kannte keine Gnade.

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt