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Nachdem ich den Tag mit Einkaufen auf dem Bauernmarkt, einigen Anrufen mit der Familie und Freunden verbrachte, saß ich auf dem Sofa und starrte aus dem Fenster ins Leere. Die Anrufe haben mich geschafft, aufgewühlt und leider auch emotional eingeholt. Von ermutigten Worten, bis zu Standpauken und sogar egoistischen Beleidigungen war alles dabei. Einige verstanden mich, andere verstanden mich nicht. 

Dieses Loch, wenn man angeblich in den Dreißigern ist, dieses Loch würde sich vielleicht so anfühlen. Ich habe das Gefühl nicht angekommen zu sein. Das Gefühl nichts erreicht und nichts aus meinem Leben gemacht zu haben. Wenn man denkt, dass man nicht tiefer sinken kann, dann muss man anscheinend nur mit Menschen sprechen, die einem das Gefühl geben nichts wert zu sein. Mein Blick war getrübt, anscheinend durch die Tränen, die sich den Weg über meine Wange machten, kurz fuhr ich mit meinen Fingerspitzen über meine Wangen, wischte diese salzige Spur von diesen. 

Ich stand auf, ging zum Küchentresen und nahm mir die Flasche Wein, die ich mir besorgt habe, öffne diese und trank direkt aus der Flasche. Die trockene, leicht säuerliche Flüssigkeit, mundete in meinem Mund, schmeckte köstlich und sie beruhigte mich. Ich nahm noch einen großen Schluck und starrte dabei aus dem Fenster. Mein Blick ging zu der Terrasse bei dem Pool, ich konnte Stimmen wahrnehmen. Es wurde nebenan gelacht, Musik gehört und die Sonne von Italien genossen. Meine Nachbarn hatten definitiv eine gute Zeit, mehr als ich. 

Leicht neidisch trank ich noch einen Schluck aus der Flasche, stellte diese dann ab, sah mich um. Ich befand mich auch hier, im Urlaub sozusagen, wieso nicht auch einfach das Beste draus machen? Ich schnappte mir mein Handy, schmiss Musik an und versuchte die Anspannung einfach abzuschütteln. Leicht bewegte ich mich zu den Tönen aus meinem Handy, meiner Feelgood Liste aus den 70ern. Meine Hüften bewegten sich ganz sanft, meine Füße begangen leicht über die Fliesen zu tippeln. Locker werden, versuchen diese negativen Gedanken weg zu tanzen und sich gut fühlen. Einfach an nichts denken. 

Nicht einmal ein ganzes Lied habe ich geschafft locker zu bleiben, mich gut zu fühlen. Im Gegenteil, ich kam mir bescheuert, einsam und seltsam vor. Mein Blick ging wieder zur Flasche. Ich könnte diese austrinken, wie gestern und vorgestern. Mich im Selbstmitleid suhlen und wieder völlig benebelt ins Bett fallen. Klang für mich nach einem fantastischen Plan, daher ging ich zur Flasche, trank wieder einen großen Schluck, ging mit der Flasche nach draußen, setzte mich auf diese kleine Lounge. Der Ausblick von hier oben war echt traumhaft, ich konnte tatsächlich ein Stück vom Meer erkennen, zuschauen wie die Sonne langsam am Horizont verschwand. 

"Good evening Matilda, would you like some foccacia", kam es plötzlich von meiner rechten Seite, was mich zusammenzucken ließ. Leicht irritiert starrte ich zur Seite, wo die Stimme herkam und da stand er an einem kleinen Tor, mitten im Garten. Grinsend hielt er einen Teller in der Hand und legte seinen Kopf leicht schief, ich konnte seinen gerichteten Blick auf die Rotweinflasche deutlich erkennen. "It is said that drinking with a base is much more pleasant"

Kurz sah ich zu der Flasche und dann zu ihm. "Did you bake it yourself?" Lachend schüttelte er den Kopf, öffnete das kleine Tor und kam näher zu mir, stellte den Teller auf den kleinen Tisch vor der Lounge. "Bought and heated by myself" Mein Blick ging zu dem Teller vor mir, es sah köstlich aus und ließ meine Magen tatsächlich mit einem Grummeln für mich antworten. 

"Apparently someone is actually hungry, as you can hear" Nickend stimmte ich zu. "Guilty. I actually wanted to cook something, but the motivation wasn't there yet and then I ended up here with the bottle of wine" Er sah kurz nach oben zur Terrasse und dann wieder zu mir. "May I join you for a moment?"

"It's your house...do what you feel like doing." Anscheinend ließ er sich dieses nicht zweimal sagen, da er am anderen Ende der Lounge platznahm und sich kurz umschaute. "It's been a long time since I sat here. It's really nice...my mum has a really good eye...although. These sculptures, they're kind of creepy...not Italian, more Roman if you ask me." Ich sah in die Richtung, zu der er sah. Dort standen tatsächlich solche Römischen Dinger. Mein Geschmack war es definitiv auch nicht. 

"Hmm...you know, it's nicer to have a conversation when the other person speaks and doesn't just wait for the other person to say something." Kam es nach kurzer Stille von ihm, ich sah zur Seite, direkt in seine grünen Augen, die mich fixierten. "So you don't have to talk if you don't want to Matilda...it's just a comment from me. I just don't like to have a one-sided conversation."

"I'm actually a very talkative and, above all, friendly person. I don't know what's wrong with me, you've had a complete stranger in front of you until now." Leicht drehte er sich zu mir, legte einen Arm auf die Rückenlehne, begann an dem Rand des Kissens mit seinen Fingern zu spielen. "You can always start doing it differently. How about this. Let's just start again from the beginning. Without judgement and stupid questions."

Kurz dachte ich über seine Worte nach, drehte mich dann auch leicht seitlich zu ihm und nickte. Ich hielt ihm die Hand mit einem Lächeln hin. "Okay, I'm Matilda, but everyone calls me Tilli. But you can also say Matilda if you prefer." Lächelnd nahm er meine Hand in seine, schüttelte diese leicht. "Matilda, a really beautiful name, suits you. Nice to meet you..again, I'm Harry."

Für einen Moment lächelten wir uns nur an, bis er seine Hand meiner entzog und diese auf seinem Oberschenkel ablegte. "What brings you to Italy? Holiday, work or maybe something else? Let me guess, it's definitely not love, is it?" 

"I honestly don't know. I went head over heels. I just needed a change of scenery. I'd had it up to here and I had to break out. So no, it was definitely not love." Sein Blick war leicht prüfend, nachdenklich und eindringlich. "And you? What brought you to Italy?" Sprach ich dann weiter, da er noch nichts auf meine Worte zu sagen hatte. "Work. I've been on tour for a long time, travelled a lot and haven't had much time for myself in recent years. My last show was here in Italy and now I'm taking a break. I'm just Harry here and not doing anything. Just relaxing and recharging my batteries."

"Relaxing sounds good. Everyone needs to take time for themselves and do what they need at the moment." Mein Blick ging zur Terrasse wo noch immer Stimmen wahrzunehmen sind. Harry folgte meinem Blick und sah auch zu dieser. "I don't like being alone, I like having people around me."

"I understand. Somehow. Even though I actually like being alone, I don't like being alone either. Sounds completely crazy, doesn't it?" Sein Blick ging wieder zu mir. "Not really, it sounds simple and human. The need for peace and yet company is actually quite typical, I think. I feel the same way, it's just strange to put it into words properly." Mit einem Griff nahm ich die Flasche, nahm einen großen Schluck aus dieser. Schmunzelnd sah er mir dabei zu, kommentierte dieses aber nicht. 

"If you feel like company, you are welcome to drop by. We really don't bite and are a really funny bunch, I think...or at least I hope so. But it's also perfectly okay if you want to keep to yourself. Just you and your bottle of wine." 

once upon a time in italy (H.S)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt