Onigiri to go

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In dieser Nacht schlief ich unglaublich unruhig.
Ich träumte von Menschen, die sich mit magischen Gaben gegenseitig auf bestialische und grausame Arten verstümmelten und ermordeten. Nach einem elendig langen und grauenhaften Gemetzel, das nur der Stärkste überlebt hatte, drehte dieser sich zu mir um und blickte mir tief in die Augen. Er richtete sich wie in Zeitlupe auf und begann dann langsam auf mich zuzulaufen. Kurz bevor er seine Klauen in meinen schreckensstarren Körper schlagen konnte, wachte ich auf.~

Ich riss meine Augen weit auf und schreckte mit rasendem Herzen und nach Luft ringend in meinem Bett hoch. Wahnsinn! Ich tastete meinen Körper mit zitternden Fingern ab. Meine Haut am Arm war unversehrt. Was für ein Glück! Das Monster mit seinen Klauen hatte mich nicht erwischt! Erleichterung breitete sich mit jedem weiteren Atemzug in mir aus. Mit beiden Händen fuhr ich mir durch die Haare. Sie waren schweißnass. - Auf den Schreck einen Schluck Wasser - dachte ich und schwang die Beine über die Bettkante. Dann stand ich auf, atmete noch einmal tief durch und ging auf wackeligen Beinen in Richtung Badezimmer. Mein Spiegelbild blickte mir erschöpft entgegen, als ich das Bad betrat. Ich senkte den Kopf und drehte den Wasserhahn in dem kleinen Handwaschbecken unter dem Spiegel auf. Das kühle Wasser rann über meine Handgelenke. Ich sah dabei zu, spürte dem Gefühl nach und kam langsam wieder zur Ruhe. Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit, in der sich mein Puls beruhigt und das Zittern in meinen Beinen aufgehört hatte, wieder in den Spiegel schaute, blickte mir daraus ein mir unbekannter alter Mann entgegen. Erschrocken wich ich zurück. Hörte dieser Alptraum denn gar nicht auf?! Ich konnte meinen Blick dennoch nicht vom Spiegel lösen und sah, wie der alte Mann Worte mit seinen Lippen formte: ,,Finde mich!" und noch einmal ,,F i n d e m i c h !". Dann verschwand das Gesicht im Spiegel so unvermittelt, wie es erschienen war. Plötzlich spürte ich, wie meine Füße nass wurden und vernahm ein Plätschern. Panisch schaute ich an mir hinunter. Hatte ich mich etwa eingepinkelt?! Nein! Zum Glück nicht. Das Waschbecken war schlicht übergelaufen und nun ergoss sich der Wasserschwall auf meine Füße und den gesamten Badezimmerboden. Aber noch bevor ich den Wasserhahn schließen konnte, färbte sich das Wasser im Becken tiefschwarz. Meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich schnappte erschrocken nach Luft. Nein. Der Alptraum war noch nicht zu Ende! Panisch begann ich, in dem schwarzen Wasser nach dem Stöpsel zu suchen, um dem ganzen Spuk ein Ende zu bereiten. Meine Finger tasteten vergeblich in der schwarzen Flüssigkeit, als es plötzlich laut klopfte. Das Klopfen schien direkt aus dem Hahn zu kommen. Es klopfte wieder. Erschrocken wich ich abermals vom Waschbecken zurück und wollte rückwärts aus dem Bad flüchten, stolperte im Umdrehen aber über irgendetwas - und mir wurde schwarz vor Augen.

Vorsichtig öffnete ich meine Augen einen Spalt weit. Mein Schädel dröhnte noch ein wenig, aber ansonsten schien es mir gut zu gehen. Ich öffnete meine Augen ganz - und wunderte mich. Ich lag nicht wie erwartet vor meinem Badezimmer auf dem Fußboden! Ich lag zugedeckt in einem Bett - in meinem Bett. - Gehörte das alles noch zu meinem Traum? - fragte ich mich.
Doch dann hörte ich das Klopfen wieder. Erschrocken fuhr ich zusammen und starrte auf die Badezimmertür. Sie war geschlossen. Es klopfte noch einmal. Doch diesmal kam das Klopfen nicht aus dem Bad, also war es auch nicht der Wasserhahn, aus dem es klopfte. Es klopfte ein drittes Mal und dieses Klopfen kam eindeutig von meiner Zimmertür. Jemand wollte offensichtlich etwas von mir ...

,,Y/N?", klang eine tiefe Stimme vom Flur her durch meine Zimmertür. Ich erkannte sie wieder, stellte ich erleichtert fest. Es war Felix!
,,W-w-was ist?", fragte ich etwas unsicher zurück.
,,Ich hab dir etwas zu essen mitgebracht und wollte eine Runde mit dir spazieren gehen.", klang es freundlich durch die Tür.
Ich beschloss, mir nichts von meinem schrägen Erlebnis und dem Alptraum anmerken zu lassen, und antwortete: ,,Lieb von dir! Gibst du mir vielleicht noch zehn Minuten? Ich muss mich eben anziehen. Oder wird das Essen dann kalt?"
,,Nein. Kein Stress!", kam es lachend von der anderen Seite. ,,Zieh dich in Ruhe an! Das Essen kann nicht kälter werden, ich hab uns nämlich Onigiri mitgebracht." ,,Klingt super!", ich lachte erleichtert. ,,Ich beeile mich trotzdem! Und danke dir!" - Onigiri! Coole Idee. Genau so etwas konnte ich jetzt echt gut gebrauchen. -
Ich schwang meine Beine aus dem Bett und in dem Moment, als ich mich aufrichtete, fiel mir mein Traum wieder ein. Augenblicklich schnellte mein Puls in die Höhe. Immerhin wusste ich Felix in meiner Nähe und fühlte mich gleich weniger panisch. Mit vorsichtigen Schritten ging ich in Richtung Bad. Als ich die Tür erreicht hatte, atmete ich noch einmal tief durch, hielt sie Luft an und drückte langsam die Klinke herunter. Ich atmete aus und schob die Tür Stück für Stück auf, bis ich durch den Spalt lugen konnte, der entstanden war. Das Bad sah komplett normal aus! Ich schob die Tür ganz auf und sah genauer hin. Der Boden war trocken und nirgendwo waren irgendwelche schwarzen Flecken zu sehen.
Ich nahm all meinen Mut zusammen, betrat das Bad und hob den Kopf, um in den Spiegel schauen zu können. Vor Anspannung hatte ich schon wieder die Luft angehalten. Aber aus dem Badspiegel blickte mir nur mein eigenes Gesicht mit angespannt gekrauster Stirn entgegen. Erleichtert atmete ich wieder aus. Puh! Es schien alles ganz normal. - So weit, so gut - dachte ich und entspannte mich ein wenig. Entschlossen öffnete ich nun auch noch den Wasserhahn. Schließlich wollte ich mich ein wenig frisch machen - nach der Nacht! Zu meiner grenzenlosen Erleichterung kam ein klarer Wasserstrahl aus dem Hahn und ergoss sich ins Becken, um sofort wieder im Ausguss zu verschwinden. Der Stöpsel war ebenfalls dort, wo er hingehörte, stellte ich fest und begann, mich fertig zu machen.

The Unknown Path Inside || Skz X Reader FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt