Part 13

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Ich wurde am nächsten Morgen aus meinem erholsamen Schlaf gerissen, als Henry die Tür der Kajüte etwas zu laut hinter sich schloss.
"Guten Morgen. Wie geht es dir?" Henry lächelte mich sanft an.
"Relativ gut." Antwortete ich und versuchte aufzustehen.
Der Schmerz war nicht mehr ganz so schlimm wie am Vortag aber er war noch immer sehr präsent.
Henry half mir auf. Er stützte mich, während er mich vor dem Waschtisch absetzte.
"Könntest du mir in der Zwischenzeit etwas zu Trinken und zu Essen holen?" Fragte ich meinen Bruder.
"Ja natürlich." Mit diesen Worten verließ er die Kajüte.

Ich begann meinen geschundenen Körper zu waschen. Muskelkater hatte sich in meinem Körper breit gemacht. Meine Arme fühlten sich schwer an.
Ich zog meine Kleidung an, kämmte meine Haare und flocht diese zu einem Zopf.
Henry kam wieder in die Kajüte. Er stellte mir beides hin und ich begann direkt zu Essen. Immerhin hatte ich gestern das Abendessen verschlafen.
Danach trank ich den Krug Wasser schnell aus.

"Ist William sehr wütend wegen gestern Nacht?" Fragte ich Henry.
"Ja. Er wollte von mir keine Erklärung dafür haben. William will mit dir sprechen." Antwortete Henry und zuckte mit den Schultern.
Ich seufzte und nickte leicht.
"Hilfst du mir aufs Deck?" Fragend sah ich meinen Bruder an.
Er nickte lächelnd und kam auf mich zu. Henry hob mich hoch und trug mich aus der Kajüte, den Flur entlang und hinauf aufs Deck.
Auf der Treppe, welche zum Steuerbereich führt, setzte Henry mich ab.

"Wenn was ist sag Bescheid. Ich muss wieder an die Arbeit." Henry lächelte mir nochmal kurz zu bevor er verschwand.
Ich seufzte und atmete die angenehme Meeresbrise ein.
Ein leichter Wind ging. Mein Blick glitt hinaus auf das Meer.
Hinter mir nahm ich ein Räuspern wahr. Ich brauchte mich nicht umzudrehen.
Denn ich wusste ganz genau wer dort stand.
William kam einige Stufen nach unten und ließ sich direkt neben mir nieder. Wir saßen nah aneinander.

"Wir müssen reden." Murrte er wütend.
Ich ließ meine Schultern hängen.
"Es tut mir leid. Das war alles nicht meine Absicht." Antwortete ich.
"War es deine Absicht deinen Bruder gegen mich aufzubringen?" William stieß ein leises knurren aus.
Mein Blick schnellte zu ihm herüber.
"Nein natürlich nicht. Ich hatte gestern einen Alptraum. Als ich aufgewacht bin hatte ich die ganze Zeit das Gesicht von Black Jack vor mir. Ich war so verwirrt und noch benommen von dem Traum das ich dachte du wärst er. Es tut mir leid." Erzählte ich schuldbewusst.
Williams wache Augen musterten mich.

"Was ist dir dort passiert?"
Natürlich musste auch er diese Frage stellen. Aber ich war ihm nach der Nacht definitiv eine Erklärung schuldig.
Ich atmete tief durch und sah auf meine Hände.
"Ich wurde geschlagen und getreten. Eine andere Frau wurde vor meinen Augen vergewaltigt. Dabei fügten sie ihr Wunden mit ihren Dolchen und Säbeln zu. Sie verstarb an den Verletzungen. An dem Tag, als ihr das Schiff angegriffen hattet, wollte Black Jack mich vergewaltigen." Flüsterte ich.
"Deswegen warst du uns gegenüber am Anfang so abweisend." Meinte William.
"Ja. Ich hatte Angst das es so weiter geht." Antwortete ich leise.
William war eine Weile ruhig. Ich sah zu ihm herüber.

"Jeder Einzelne hier auf dem Schiff hat eine schlechte Vergangenheit." Fing er an zu erzählen.
"Wirklich? Damit hätte ich nicht gerechnet." Sagte ich überrascht.
William nickte und deutete hoch zu John.
"Er war wortwörtlich ein Sklave bei seinem Onkel auf dem Hof. John schlief bei den Tieren im Stall. Er sollte das gleiche wie die Tiere essen.
Eines Winters wäre John fast erfroren. Er versuchte zu fliehen, dabei lief er mir glücklicherweise über den Weg." Erzähle William.
"Das hätte ich bei John gar nicht erwartet. Er ist so lebensfroh." Meinte ich überrascht. "Was ist mit Sam?"
"Samuel fand ich auf dem Sklavenmarkt. Er war der zweite Sohn und laut seinem Vater brauchte er keinen weiteren Sohn, denn sein Erstgeborener würde die Fanilienwürde erhalten. Also wollten sie Samuel verkaufen.
Also an und für sich habe ich ihn damals gekauft und ihm dann die Freiheit geschenkt. Samuel hat sich von sich aus entschieden meiner Crew beizutreten." Aufmerksam hörte ich William zu. Mit seinem Kopf nickte er zu Atkins. Er war derjenige, welcher sich meinen Kinnhaken eingefangen hatte.

"Er hat bei einem Brand seine gesamte Familie verloren. Atkins kam gerade von seiner Arbeit als das Haus schon lichterloh in Flammen stand. Seitdem ertrinkt er seinen Kummer im Alkohol." Mitleid machte sich in mir breit.
Ich hätte nie mit solchen Schicksalen gerechnet.
"Wie kam James zu euch? Er scheint in meinem Alter zu sein." Neugierig sah ich zu William. Er zog seine Mundwinkel leicht nach oben.

"James hat sich aufs Schiff geschmuggelt als er sechzehn war. Also vor zwei Jahren. Er ist ein Waise. In dem Waisenhaus muss es schrecklich gewesen sein. Als James unser Schiff im Hafen sah, kam er auf die Idee in eine Kiste zu klettern. Er machte sich erst bemerkbar als wir schon auf hoher See waren." Ich kicherte leise.
"Schlauer Bursche." Schmunzelte ich.
Doch eine Frage brannte mir noch auf den Lippen. Ich wusste nicht, ob er mir diese beantworten würde.

"Was ist deine Vergangenheit?" Fragte ich vorsichtig. William sah zu mir.
"Ich war ein Vize Graf." Meinte er.
Mit großen Augen sah ich William an.
"Du bist was?"
Ich sah, wie er seine Augen leicht verdrehte.
"Ich war. Doch ich wollte meinem Vater diese Genugtuung nicht geben."
Nun hatte William meine volle Aufmerksamkeit.
"Bist du der einzige Sohn?" Hakte ich nach.
William nickte. Er wandte seinen Blick von mir und sah in die Ferne.

"Ich hatte noch eine kleine Schwester. Rosalie. Sie wurde geboren als ich sechs Jahre alt war. Mein Vater war alleine mit ihr unterwegs als sie sechs Jahre alt war. Als er zurück kam, erklärte er sie wäre im Wald weggelaufen und er konnte sie nicht mehr finden. Er vermutete, dass sie in einen der Seen oder Fallen getappt wäre. Ich wusste das es nicht stimmte, genau wie meine Mutter. Vater wollte keine Tochter.
Mutter hat es nie verkraftet, bis sie sich das Leben nahm als ich dreizehn Jahre alt war. Ich hasste meinen Vater und tue es noch immer. Ich wollte nie in seine Fußstapfen treten. Deshalb entschloss ich mich einen ganz anderen Weg einzuschlagen. Soll er doch versauern. Rosalie wäre jetzt so alt wie du." William war in seinen Gedanken verloren als er sprach.
Geschockt betrachtete ich mein Gegenüber.

"Das tut mir leid. Es muss schrecklich für dich gewesen sein." Meine Stimme war nicht mehr als ein Hauchen.
William sah weiterhin in die Ferne und nickte leicht. Dann stand er ruckartig auf.
"Ich muss wieder an die Arbeit." Mit diesen Worten entfernte er sich und ließ mich mit meinen Gedanken alleine.

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