Beschützer

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Schwarz. Sie sah nur noch schwarz. Ihre ganze Welt war schwarz. Gut, das stimmte nicht, manchmal war sie auch grau. Ja ihre Welt bestand aus schwarz und grau. Ihr Leben war düster, sie fand das Licht nicht mehr, was sie früher als Kind so oft begleitet hatte. Nun waren da nur noch Schatten. Schatten die den Platz eingenommen hatten, wo früher Freude und Glück saßen. Das Mädchen hasste ihre Schatten. Sie hasste sie noch mehr, als ihre graue, trostlose Welt.

Die Schatten waren wie Haustiere, sie waren ein Teil von dem Mädchen und ließen sie niemals allein. Es gab Tage an denen das Mädchen ihre Schatten fast vergas, doch sie kamen immer wieder zurück. Am liebsten kamen die Schatten in der Nacht. Wenn ihre schwarze Welt noch ein wenig düsterer wurde und es keinen Lärm gab, der sie ablenkten. Sie schlichen sich in der Stille an sie heran, stürzen sich über sie, ließen ihr kein Platz mehr. Kein Platz zum Schreien, kein Platz um zu entkommen, kein Platz zum Atmen. Kein Platz um zu leben.

Ja so waren ihre Schatten. Am Tag, wenn das Mädchen unterwegs war lieb und kaum zu bemerken und nachts in der Stille gefährlich und unausweichlich. Das Mädchen hatte viele Schatten und sie hasste sie alle. Sie hasste die Angst die ihr die Kehle zuschnürte und ihr die Kraft nahm wegzurennen. Sie hasste die Trauer, die ihr immer wieder Bilder in ihren Tränen zeigte, die sie vergessen wollte. Sie hasste die Panik und den Stress, sie hasste den Zweifeln und all die Stimmen die mit den Schatten kamen. Sie hasste sie alles so sehr, dass sie sogar ihre eigene Wut hasste. Der Hass auf die Welt, der Hass auf alle, die ihre Schatten nicht sahen, der Hass auf sich selber.

Nacht. Wie konnte es so still und doch so laut sein. Diese Frage stellte sich das Mädchen oft. Ihre Schatten waren wie Monster. Sie waren Ungeheuer die um sie tanzen während draußen die Sterne leuchteten. Immer wieder flüsterten sie Dinge ihr ins Ohr. Das Mädchen hielt sich ihre Hände an den Kopf, doch es brachte nichts. So leicht lässt sich keine Stimme ausschalten, die tief im Inneren zu ihr sprach.

Tage vergingen, Nächte vergingen. Schlimme Sachen passierten, noch mehr Monster kamen. Das Mädchen wurde älter, wurde zu schnell älter. Sie war immer noch ein Mädchen doch hatte sie die Gedanken einer viel Älteren. Dies geschah, wenn man zu viel erlebte.

Heute ist die Welt des Mädchens immer noch schwarz und grau. Doch gibt es immer wieder leuchtende Flecke und das Grau war nicht mehr traurig. Das Schwarz strahlt Energie aus, ist elegant und nicht furchteinflößen. Und die Ungeheuer? Die sind immer noch da, sie begleiten das Mädchen auf Schritt und Tritt. Sie aber hat keine Angst mehr vor ihnen. Sie kennt ihre Ungeheuer nun besser und verstand, dass Wut, Angst, Trauer und die anderen gar keine bösen Ungeheuer waren. Sie sind Beschützer. Sie helfen dem Mädchen, zeigen ihr was sie schon geschafft hat. Zeigen ihr wie stark sie doch ist und was sie besonders macht.

Das Mädchen läuft nun durch ihre graue, bunte Welt. Es gibt keine Schatten mehr, die um sie tanzten. Stattdessen sitzt auf ihrer Schulter ein roter Drache. Die anderen können ihn nicht sie, sie sahen ja auch nie die Schatten. Doch sie können das rote funkeln des Drachens auch in den Augen des Mädchens sehen. Das Mädchen liebt ihren Drachen, sie liebte all die Wesen, die sie nun begleiten. Sie liebte ihn für das was er war, denn genau so war er perfekt. Genau so war sie perfekt. 

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