Es war dunkel und es roch nach Regen, auch wenn es bisher noch trocken war. Der Mond war hinter Wolken verborgen und Hetta war froh, eine Laterne bei sich zu haben. Sie hörte die unverwechselbaren Schritte ihres Mannes hinter sich und drehte sich zu ihm um.
„Ich bin Denby losgeworden. Teufel, leicht war das nicht", sagte er gedämpft, sobald er sie eingeholt hatte.
Im Laternenschein sah sie, dass er seinen Spazierstock bei sich hatte, und im Gürtel steckte eine Pistole. Hetta ließ das Licht der Laterne nach oben bis zu seinem Gesicht wandern.
„Ich habe ihn vorhin fortreiten sehen. Was tust du hier?"
„Dasselbe könnte ich dich fragen. Es ist etwas dunkel für einen Spaziergang, findest du nicht? Aber es ist einerlei. Ich will nicht, dass du alleine hier draußen bist. Wo auch immer du hingehst, ich begleite dich."
Hetta musste lächeln. Es tat gut zu wissen, dass ihr Gatte, egal was sie tat, hinter ihr stand. „Ich gehe ich den Wald zu den Steinen."
„Ich bin mir nicht sicher, ob mir das gefällt, aber du kannst mir alles unterwegs erklären."
Helwick ging entschlossen weiter und Hetta folgte ihm mit dem Licht. Sie war insgeheim froh, nicht allein gehen zu müssen. „Du hast doch Pelham aufgetragen, alle Türen zu verriegeln?"
„Natürlich habe ich das. Und das hat er auch gewissenhaft getan."
„Ich traue Miss Lenster einfach nicht. Nun, sie kann das Haus jedenfalls nicht verlassen, doch vermutlich schläft sie nicht, sondern sucht den Rosenquarz. Maria wird ein Auge auf Miss Lenster haben, sollte sie auf die Idee kommen, im Haus herumzugeistern. Ich habe das Amulett in dem Geheimfach von Samanthas Kästchen versteckt."
„Ich weiß." Helwick blieb stehen und blickte forschend in Hettas Gesicht.
„Mir ist nach dem Dinner aufgefallen, dass sich der Stein nicht mehr in dem Kästchen befindet."
„Was? Dann kennt sie das Versteck doch? Aber wie -?" Er fuhr beim Sprechen zum Haus herum, bereit der diebischen Miss Lenster das magische Schmuckstück notfalls gewaltsam zu entreißen.
Er war schon im Begriff, loszustürmen, als Hetta ihn mit sanftem Griff am Ärmel zurückhielt. „Nein, mein Lieber. Niemand außer uns, Richard und Samantha, kennt den Kniff, mit dem man das Geheimfach öffnet, oder weiß überhaupt von dessen Existenz. Und Miss Lenster hatte keine Gelegenheit irgendetwas zu tun, denn ich sorgte dafür, dass sie heute nie allein war. Ich bin mir sehr sicher, dass das Fehlen des Steins etwas ganz anderes bedeutet: Richard oder Samantha haben den Stein in der Zukunft gefunden und benutzt. Und deshalb gehe ich jetzt in den Wald zu den Feensteinen."
Helwick war im gedämpften Laternenlicht praktisch anzusehen, wie es in seinen Gedanken arbeitete. Nach einigen Sekunden holte er tief Luft, dann nickt er. „Das ergibt aus irgendeinem Grund Sinn", murmelte er schließlich. „Also gehen wir."
„Und dein schlimmes Bein?"
Helwick hatte keine Lust über sein verkrüppeltes Bein zu reden und schüttelte unwillig den Kopf. „Gib mir die Laterne."
Hetta gehorchte, denn sie trug noch eine Wolldecke unter den Arm geklemmt und darin eingewickelt eine Feldflasche Wasser. Sobald sie die Laterne an ihren Mann übergeben hatte, konnte sie die Sachen leichter tragen.
Der Weg zog sich in der Dunkelheit besonders dahin, wie Hetta fand. Der Ort, zu dem sie unterwegs waren, war ihr unheimlich.
Vor Jahren, nachdem Samantha gegangen war und Richard mit Lydia verheiratet, hatte sie mit Sorge mitangesehen, wie Richard Vollmond für Vollmond zu den eigentümlich angeordneten Steinen auf der versteckten Lichtung im Wald gegangen war. Manchmal war sie ihm voll Sorge, dass er eine Dummheit begehen könnte, gefolgt. Doch er hatte nie etwas anderes getan, als dazustehen und auf etwas zu lauschen, was sie nicht hatte hören können, bis ihn die Morgendämmerung zum Haus zurückgetrieben hatte. Die Magie war ihr immer verborgen geblieben.
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Die Schatten von Ferywood
Ficção Histórica~ Teil 2 der Ferywood-Saga ~ 1818 - Über 2 Jahre sind seit der schicksalhaften Schlacht von Waterloo vergangen. Richard und Samantha leben als Lord und Lady Velton in Paris. Sie glauben, die Vergangenheit und die Zukunft hinter sich gelassen zu habe...