Lange und ausgiebig hatte ich mit Yoongi über das Treffen mit Miyoung gesprochen. Er hatte mir zugehört, ohne mich zu unterbrechen, hatte nur etwas gesagt, wenn ich ihn um seine Meinung gebeten hatte und am Ende, da hatten wir einfach nebeneinander gesessen.
"Brauchst du irgendetwas?", hatte er gefragt und sich mir zugewandt.
Ich hatte den Kopf geschüttelt. "Ich denke, ich komme klar. Danke. Dass du da bist und mir zugehört hast, hat es schon viel besser gemacht."
Anschließend hatten wir Essen bestellt, irgendeine Serie gestartet und solange geschaut, bis wir auf der Couch eingeschlafen waren.
Mitten in der Nacht wurden wir dann wachgeklingelt. Es war Yoongis Handy, das auf dem Tisch vibrierte und den voreingestellten Klingelton spielte. Stöhnend beugte ich mich zu dem Gerät vor und reichte es Yoongi, der sich gerade erst aufsetzte. Mit müder, kehliger Stimme ging er ran.
"Hallo?"
Kurz herschte Stille und ich war schon dabei wieder in der Wärme der Decke zu versinken, doch da meldete sich Yoongi wieder, plötzlich hellwach.
"Aber natürlich. Bring sie vorbei. Ich kann mir freinehmen."
Er schickte noch ein ruhiges "Bis gleich" hinterher und legte auf.
"Wer war das?", fragte ich noch immer halb schlafend und zwang mich dazu wach zu bleiben.
"Mein Bruder. Es gibt einen kleinen Notfall. Er bringt sofort seine Töchter vorbei."Abrupt setzte ich mich auf und blinzelte Yoongi im Dunkeln entgegen.
"Du hast einen Bruder?"
Er zögerte, dann seufzte er. "Ja, wir sehen uns aber nicht oft. Er wohnt nicht weit entfernt, aber irgendwie leben wir unsere eigenen Leben und sehen uns nur bei Familienfeiern."
Ich rutschte in eine sitzende Position direkt neben Yoongi. So konnte ich ihn schon viel besser ausmachen.
"Und was ist passiert? Ist es etwas schlimmes?"
Er zuckte mit den Schultern und ließ sich gegen die Rückenlehne fallen. Abermals seufzte er, beinahe erschöpft.
"Das ist noch nicht sicher. Er hat mir erzählt, dass seine Frau plötzlich ins Krankenhaus musste. Er will, dass seine Kinder so wenig wie möglich davon mitbekommen, deswegen bringt er sie sofort her."
Auch wenn Yoongi seinen Bruder nicht allzu oft zu sehen schien, schien es ihm doch nahe zu gehen, was gerade in seiner Familie passierte. Ich spürte zumindest die Besorgnis, die er ausstrahlte und machte mir sogleich ebenfalls Sorgen. Doch ich versuchte sie nicht zu spiegeln, sondern warf die Decke zur Seite und stand auf, um die Lampe auf dem kleinen Beistelltisch neben der Couch einzuschalten.
"Dann sollten wir wohl alles für die beiden vorbereiten, wenn sie heute Nacht hier übernachten."~*~
Wir entschieden, dass die Mädchen in meinem Zimmer schlafen sollten, da Yoongi und ich ohnehin meistens im selben Raum schliefen und wir die beiden damit gleichzeitig in unserer Nähe hatten, falls etwas sein sollte. Gerade, als wir das Bett frisch bezogen und noch ein paar Kissen hinzugefügt hatten, klingelte es an der Tür. Der Ton klang übermäßig laut um drei Uhr Nachts in diesem übergroßen Haus. Das schien auch Holly zu finden, denn er kam gähnend angetrottet, als wir die Treppe runterliefen. Yoongi nahm ihn auf den Arm und öffnete schließlich die Tür. Ich hielt mich ein wenig im Hintergrund. Immerhin kannte Yoongis Bruder mich noch gar nicht und seine Töchter erst recht nicht. Außerdem wusste ich gar nicht, was mich erwartete.
Herein kam ein Mann, etwas älter als Yoongi, aber unverkennbar sein Bruder. Sie teilten sich einige Gesichtszüge, die helle Haut. Yoongis Bruder war jedoch etwas größer als er und die Müdigkeit, die sich in seinem Gesicht zeigte, war wohl nicht dem Umstand zu schulden, dass er viel arbeitete, so wie es bei Yoongi häufig der Fall war. Er war müde, weil die jetzige Situation ihm in den Knochen steckte.
Mein Blick fiel auf die beiden Mädchen. Eines, das Jüngere, hatte die kleinen Ärmchen um den Hals seines Vaters geschlungen und schlief selenruhig. Sie konnte nicht Älter als drei Jahre sein. Das andere Mädchen hielt sich an der freien Hand des Mannes fest. In der anderen Hand hielt sie einen Plüschdinosaurier, den sie sich mit müde zu Boden gerichtetem Blick gegen die Brust drückte. Sie konnte nicht viel Älter sein, als ihre Schwester.
"Danke, dass es so spontan klappt", sagte Yoongis Bruder und trat mit den Mädchen ein. Yoongi schloss die Tür und ließ Holly wieder runter, um das jüngere Mädchen entgegen zu nehmen, damit sich sein Bruder den Rucksack ausziehen konnte.
Zuerst streckte er mir aber die Hand hin.
"Hallo, nett Sie kennenzulernen. Sorry für den Überfall."
"Ebenfalls. Und es gibt nichts, wofür Sie sich entschuldigen müssen." Ich lächelte ihn warm an und er nickte stumm.Dann erklärte er uns, dass Wechselsachen für ein paar Tage für die Mädchen im Rucksack sind. Ein paar Spielsachen sind noch im Wagen. Ich erklärte mich bereit, sie mit ihm reinzuholen, während Yoongi kurz bei den Mädchen blieb.
Yoongis Bruder beförderte ein paar Spiele, bunte Spielzeuge und noch ein paar Plüschtiere aus dem Wagen. Außerdem eine Tasche voller Malbücher und Stifte.
"Das trifft sich gut", sagte ich lächelnd und nahm die Tasche entgegen.
"Ich habe schon von meiner Mutter gehört, dass Sie sehr talentiert sein sollen. Sie wollte mir andrehen, ein Familienportrait malen zu lassen, aber Micha und Nari könnten keine zwei Minuten still sitzen."
Bei dem Alter verständlich, da wollte man die Welt entdecken und nicht stillsitzen.
"Ein Foto würde mir reichen. Sie und Ihre Familie müssten nicht stundenlang Modellstehen, wie Ihre Mutter es gemacht hat. Ich glaube, sie hat es vor allem für die Erfahrung machen wollen, aber das ist nicht zwingend notwendig."
Wir schlenderten zurück, vollbepackt mit vollen Taschen und riesigen Kuscheltieren.
"Ich bin zugegebenermaßen etwas überrascht von Ihnen. Meine Mutter hat Sie etwas anders beschrieben. Sie hat ein wenig übertrieben, was Ihr Aussehen betrifft und ihre Ausschweifung zu Ihrem Talent hat mich glauben lassen, Sie seien etwas abgehobener."
Okay, da hatte jemand keinen wirklich guten Eindruck von mir gehabt. Aber vielleicht war das verständlich, wenn der eigene Bruder bisher eher unzufrieden mit den Beziehungen gewesen war, die er geführt hatte. Und nachdem ich eine von Yoongis Exfreundinnen mit ihm hatte reden hören, konnte ich es erst recht nachvollziehen.
"Die Aussage mit dem Aussehen ignoriere ich mal gekonnt. Aber ja, Mrs. Min legt gerne eine Schippe drauf. Sie meint es einfach nur gut."Wir legten alles an der Eingangstür ab und Yoongi und ich versicherten seinem Bruder, dass wir uns um alles weitere kümmern würden. Sollte etwas sein, würden wir ihn anrufen.
"Papa, ich will nicht, dass du gehst", jammerte das ältere Mädchen verschlafen.
Ihr Vater ging in die Hocke und nahm sie in die Arme.
"Es ist erstmal nur für heute Nacht, Micha. Morgen Mittag sehe ich nach euch und vielleicht können wir dann auch schon wieder nach Hause. Und ich rufe morgen früh an."
"Versprochen?", fragte sie.
"Ehrenwort." Er streckte seinen kleinen Finger aus und das Mädchen hakte ihren bei ihm ein.
"Onkel Yoongi?", wandte die Kleine sich dann an Yoongi. "Darf ich dann vor dem Schlafengehen mit der Matratze die Treppe runterfahren?"
Yoongis Blick wanderte zu seinem Bruder. Der sah ihn mit hochgezogenen Brauen an und flüsterte, "darüber reden wir später", ehe er sich verabschiedete. Micha fragte weiter nach. Dass ihr Vater gehen musste, war wohl fürs erste vergessen. Er gab den beiden noch einen Kuss zum Abschied und dann schlossen wir die Tür hinter ihm.
"Bitteeeee", quängelte Micha, plötzlich hellwach.
Nun sah Yoongi zu mir und ich zuckte die Schultern.
"Warum eigentlich nicht? Sowas habe ich selbst noch nie gemacht."
Micha sah zum ersten Mal zu mir. Zuerst war ihr Blick rätselnd, aber dann breitete sich ein kleines, fieses Grinsen auf ihrem Gesicht aus und sie hängte sich an meine Hand.
"Also rutscht du mit mir um die Wette?"
Fragend sah ich zu Yoongi. Immerhin war das hier sein Haus und ihm war die Führsorge für die Mädchen übergeben worden. Zuerst sah es auch so aus, als würde daraus nichts werden, aber dann seufzte Yoongi und winkte uns hinter sich her.
"Wir bringen erst Nari ins Bett und dann bereiten wir alles vor."
Micha und ich sahen uns an und ich hielt ihr eine Hand hin, damit sie mit ihrer viel kleineren heimlich einschlagen konnte.
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Sugar Coated || min yoongi
FanfictionKunststudentin Lim Kiran ist pleite, hoch verschuldet und braucht dringend einen neuen Job. Ihre vorherigen Nebenjobs endeten entweder im Desaster oder bezahlten nicht genug, um ihre anfallenden Studiengebühren und die Mietkosten ihrer Ein-Zimmer-Wo...