Die Wahnung Des Waldes

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Arion spürte den Schattenwald lange bevor er ihn sah. Ein leises Flüstern lag in der Luft, die Blätter flüsterten uralte Geheimnisse und Warnungen. Als er die letzten Schritte aus seinem Dorf machte und den Pfad in den Wald betrat, wusste er, dass heute ein besonderer Tag war.

Seit seiner Kindheit war der Wald sein Zufluchtsort. Er hatte hier mehr Zeit verbracht als in den sicheren Mauern des Dorfes. Der Wald hatte ihn aufgezogen, ihm beigebracht, wie man die Sprache der Tiere versteht, wie man die Kräuter für Heiltränke sammelt und wie man sich lautlos durch das Unterholz bewegt. Doch heute fühlte sich alles anders an. Eine Unruhe lag in der Luft, eine Dunkelheit, die selbst die strahlende Morgensonne nicht vertreiben konnte.

Arion hielt inne, kniete sich nieder und legte eine Hand auf den weichen, moosbedeckten Boden. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Geräusche um ihn herum. Da war es wieder, das leise Flüstern, jetzt deutlicher. Es waren keine Worte, die er verstand, sondern eher ein Gefühl – eine Warnung. Etwas stimmte nicht im Schattenwald.

Plötzlich hörte er ein Geräusch, das ihn aus seiner Konzentration riss. Rascheln, gefolgt von einem tiefen, bedrohlichen Knurren. Arion sprang auf, sein Herz schlug schneller. Er griff nach seinem Bogen und spannte ihn, bereit, sich zu verteidigen.

Aus den Schatten trat eine Gestalt, groß und dunkel. Es war kein gewöhnliches Tier, sondern eine Kreatur, die aus den Tiefen der Dunkelheit zu kommen schien. Ihre Augen glühten rot, und ihre Klauen gruben sich tief in den Boden. Arion kannte diese Kreatur nicht, aber er wusste, dass sie nichts Gutes im Schilde führte.

„Bleib zurück!“ rief Arion, obwohl er wusste, dass Worte bei solch einer Kreatur wenig Wirkung haben würden. Er zielte und ließ den Pfeil los. Der Pfeil traf die Kreatur, doch anstatt zu fliehen oder zu fallen, schien sie nur wütender zu werden.

Ein weiterer Pfeil, diesmal mitten ins Auge, ließ die Kreatur schließlich zurückweichen. Doch bevor Arion einen dritten Pfeil spannen konnte, verschwand sie im Unterholz, so schnell wie sie gekommen war.

Arion atmete schwer und ließ den Bogen sinken. Was auch immer das gewesen war, es war ein Zeichen dafür, dass sich etwas Dunkles im Schattenwald regte. Er musste Eldric, den alten Druiden, aufsuchen. Wenn jemand wusste, was hier vor sich ging, dann er.

Arion machte sich auf den Weg tiefer in den Wald, zu Eldrics Hütte. Unterwegs hielt er Ausschau nach weiteren Anzeichen für die Dunkelheit, die er gespürt hatte. Überall sah er Spuren – Pflanzen, die verdorrt waren, Tiere, die unruhig und ängstlich wirkten, und das unheimliche Flüstern, das ihn ständig begleitete.

Eldrics Hütte war versteckt, umgeben von einer Barriere aus alten Bäumen und dichtem Gestrüpp. Nur diejenigen, die den Weg kannten, konnten sie finden. Arion trat ein und rief nach dem Druiden.

„Eldric! Ich muss mit dir sprechen! Etwas Schreckliches passiert im Wald!“

Der alte Druide trat aus dem Schatten, sein Gesicht ernst und besorgt. „Ich weiß, Arion. Ich habe es auch gespürt. Setz dich, wir haben viel zu besprechen.“

Arion setzte sich und lauschte den Worten des alten Mannes. Was er hörte, erfüllte ihn mit einer Mischung aus Angst und Entschlossenheit. Der Schattenwald war in Gefahr, und es lag an ihm, diese Bedrohung zu bekämpfen.

„Du hast eine besondere Verbindung zur Magie des Waldes, Arion“, sagte Eldric. „Du musst die anderen finden. Es wird eine schwere Reise, aber nur gemeinsam könnt ihr die Dunkelheit aufhalten.“

Mit einem entschlossenen Nicken machte sich Arion bereit. Die Warnungen des Waldes waren klar. Es war Zeit, sich auf den Weg zu machen und seine Gefährten zu finden. Das Abenteuer hatte begonnen.

Die Wächter des SchattenwaldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt