Kapitel 13:

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Geto-san nickte uns zu, als wir aus dem Tempel traten. Auf die Frage, ob etwas passiert sei, schüttelte er den Kopf und gähnte gelangweilt, ehe er vorlief.
Herr Yaga telefonierte, um ein Auto anzufordern und Satoru und ich standen direkt vor dem Ende des Walls, weil ich mich weigerte einen Schritt weiter zu machen.
»Immer noch Angst?« fragte er, klang dabei aber eher ungeduldig, als einfühlsam.
»Du hast gut reden!« fauchte ich zurück. »Woher weiß ich denn, dass sein Handgefuchtel was bewirkt haben soll?!«
Der Namenlose hatte tatsächlich etwas vollführt, was mich entfernt an eine Parodie aus einem bekannten Anime erinnert hatte und mir dann mit zwei Fingern gegen die Stirn gehauen.
»Er hat Fluchkraft in seine Hände gelegt.«
Satoru deutete auf seine Augen. »Ich habe es gesehen. Wird langsam Zeit, dass du es auch kannst.«

»Pff-« schnaubte ich bloß und blieb weiter, wo ich war, während Satoru den Wall verließ und wenige Schritte von mir entfernt wieder anhielt. Er drehte sich zu mir um und legte den Kopf schief.
»Weißt du, nur weil 24 Stunden nach viel Zeit klingen, solltest du wissen, dass sie immer kürzer wird, je länger du wartest. Wir müssen immerhin noch nach Kyoto und die Steintafel finden.«
Ich trat unbehaglich von einen Fuß auf den anderen.
»Das ist mir schon klar! Nur-«
»Nur willst du kein hässlicher Fluchgeist werden. Schon klar.«

Zu schnell, um mir die Chance zu geben, reagieren zu können, packte er mein Handgelenk und zog mich nach vorne aus dem Wall. Weil ich nicht damit gerechnet hatte, stolperte ich ungelenk und fiel ihm direkt in die Arme. Mittlerweile bekam ich das Gefühl, dass er das absichtlich machte, denn natürlich wurde ich sofort verlegen und löste mich wieder von ihm.
»Hör auf damit!« fuhr ich ihn an.
»Womit?«
Er machte einen unschuldigen Augenaufschlag.
»Tu ja nicht so! Du weißt genau, was ich meine!«
»Hm...« Sich noch immer dumm-stellend, zuckte er lediglich mit den Schultern. »Es hat doch geklappt, oder nicht? Kein schleimiges Körperteil zu sehen.«
Damit lag er natürlich richtig. Wer hätte gedacht, dass dieses Handgefuchtel doch etwas gebracht hatte? Ich atmete tief durch. Außerhalb des Schutzwalls fühlte sich alles weniger drückend an, denn innerhalb lag stetig eine Art wellenartiger Druck auf meinem Körper.
Anscheinend merkte man meinem Gesicht an, dass ich mich wohler fühlte, denn Satoru lachte laut auf.

»Bei so einem schönen Lächeln kommt man ja fast noch auf falsche Gedanken.«
»Huh? Wie meinst du das?«
»Oh, nichts nichts!« winkte er ab, noch immer mit einem schelmischen Grinsen.
»Flirtest du etwa mit mir?«
»Willst du das ich mit dir flirte?« gab er die Gegenfrage.
»Natürlich nicht!« fuhr ich ihn an und verdrehte die Augen.
»Wirkt wie das genaue Gegenteil auf mich.«
»Das hättest du wohl gerne, eh? So oft wie du erwähnst, dass ich dich mag, kann man fast glauben du magst mich.« entgegnete ich erfolgreich ohne rot zu werden und mit herausfordernder Miene.
Wenn man sich allerdings mit einem Playboy anlegt, der im Flirten und allgemein mehr Erfahrung hatte, muss man sich auch darauf einstellen zu verlieren. Das vergaß ich in dem Moment.

Wie schon vorhin, griff er mit der einen Hand nach meinem Handgelenk und trat einen kleinen Schritt nach vorne. Seine freie Hand legte er auf meine Wange und näherte sein Gesicht soweit, dass ich dachte er würde mich küssen, wie schon gestern Abend. Mein ganzer Körper versteifte sich.
Ich hatte verloren. Schon wieder. Immerhin schaffte ich es noch ihm böse in die Augen zu starren, doch selbst diese Geste machte er zunichte, als er die nächsten Worte sagte.
»Ich mag dich durchaus.« Mit der Hand an meiner Wange glitt er nun in meine Haare und drehte eine Strähne behutsam um seinen Zeigefinger. »Fragt sich nur noch wie sehr.«
Er lachte und sein Grinsen kehrte zurück, ehe er wieder von mir abließ und vorausging. Vollkommen perplex stand ich da.
Oh nein. Nein, nein, nein!
Nein. Ich wollte ihn wirklich nicht mögen, doch immer, wenn er in meiner Nähe war, dachte ich genau das Gegenteil. Vielleicht wurde ich gerade auch einfach nur verrückt. Wäre immerhin angesichts der Umstände kaum verwerflich.
Ich atmete tief durch.
»Alles in Ordnung?«
Erschrocken zuckte ich zusammen und wirbelte herum.

»Herr Yaga!«
Er verengte die Augen und seufzte. »Hey Hashiwara-san, bevor wir losfahren möchte ich dir noch etwas sagen.«
Neugierig nickte ich ihm aufmunternd zu, woraufhin er erneut seufzte.
»Es tut mir sehr leid, dass es soweit gekommen ist. Dein Vater war ein guter Mann und ich bin mir sicher er hatte gute Gründe dich von unserer Welt fernzuhalten. Allerdings fürchte ich die Ältesten werden ein Interesse daran haben dich für uns arbeiten zu lassen, sobald deine Rettung erfolgreich war. Wenn du das nicht willst werde ich versuchen mit ihnen zu reden. Kann aber nichts versprechen.«
Jetzt war ich an der Reihe zu seufzen.
»Ich danke Ihnen für Ihre Fürsorge Herr Yaga, aber ich möchte das Akademie-Problem vorerst auf nach die Mission verschieben.«
Er nickte.
»Schön, aber beschwer dich dann nicht, wenn sie dir die Mission als Gunst in Rechnung stellen.«
»Meinetwegen. Aber im Gegensatz zu meinem Vater haben sie sonst nichts, was mich dazu zwingen könnte für sie zu arbeiten und ich denke das wird auch so bleiben.«

»Ja, vielleicht.« Herr Yaga legte den Kopf in den Nacken, ehe er mich erneut musterte. »Ich habe übrigens gelogen.«
Überrascht blickte ich zurück.
»Huh? Wobei?«
»Als ich sagte, ich würde deinen Vater nur flüchtig kennen.«
Ich verengte meine Augen und schenkte ihm meine vollste Aufmerksamkeit.
»Wieso haben Sie gelogen?«
»Hm.« für einen Moment sah er aus, als wäre er sehr müde, dann lächelte er. »Sagen wir mal, es ist etwas, was nur dich etwas angeht. Dein Vater Tooru-san hat der Akademie nie seinen neuen Namen genannt, als er noch für uns arbeitete. Ehrlich gesagt hätte ich nie gedacht, dass er verheiratet war, geschweige denn Kinder hatte, doch er war schon der Typ für sowas, wenn seine Jobs nicht so gefährlich gewesen wären.« Ein tiefes Seufzen. »Das er höher rangige Jobs übernehmen musste birgt natürlich immer ein hohes Risiko. Die Meisten von uns dachten er würde schon in den ersten Jahren krepieren, aber er hatte wohl einen gewissen Ansporn, denn jedes Mal kam er lebend wieder zurück. Ich war etwa in seinem Alter und der Tag an dem ich ihn das erste Mal traf, war auch der Letzte.«

Erschrocken riss ich die Augen auf, als ich nun verstand auf was das hinauslaufen würde.
»Du warst dabei, als er gestorben ist...« hauchte ich und beobachtete gespannt, wie sein Körper sich kurz versteifte, ehe er leicht den Kopf senkte.
»Ganz genau. Man könnte sogar soweit gehen und sagen es war meine Schuld, dass er diese Mission nicht überlebte. Ich war beeindruckt, dass er trotz seines Rangs so erstaunliche Fähigkeiten besaß. Jedenfalls war ich unachtsam und hätte vielleicht selbst dran glauben müssen, wenn er sich nicht vor mich warf. Er rettete mir das Leben und bezahlte mit dem Eigenen.«

Vollkommen still nahm ich seine Worten auf, während das Blut durch meine Ohren rauschte. Mein Vater hat ihn beschützt! Er ist schuld, dass mein Vater tot ist! Mein Vater...
»Ich danke dir für deine Ehrlichkeit.« presste ich raus und ballte meine Hände zu Fäusten, um mich davon abzuhalten erneut in Tränen auszubrechen. Oder Schlimmeres.
»Es tut mir leid. Ich werde nie vergessen, was er für mich getan hat.« schloss Herr Yaga und senkte seinen Blick.
Ist wohl das mindeste...
Er trat einen Schritt auf mich zu und legte mir eine Hand auf die Schulter, wodurch ich zusammenzuckte.
Lass los! Fass mich nicht an!

»Als ich ihn verarzten wollte lag seine Hand auf seiner Brust mit einem Foto. Die Gesichter konnte ich nicht erkennen, aber ich bin mir sicher es war ein Familienfoto. Er hat euch sehr geliebt.«
Ich entzog mich seinem Griff und zog meinen Ärmel über die Augen, um meine Augen zu trocknen.
»Ich weiß! Und ich werde kein Teil eurer Akademie!«
Herr Yaga nickte, als wäre diese Antwort alles, was er hören wollte.
»Das war sein Wunsch.« sagte er noch, bis auch er mich stehen ließ. »Ich werde sehen, was ich tun kann.«

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Nur ein Mensch (Satoru GojoxOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt