Sanft rauschte das Meer, Wellen schlugen gegen Felsen. Der salzige Geruch des Meeres stieg ihr in die Nase. Warmer Sand klebte an ihrer gebräunten Haut und die Sonne wurde vom glitzernden Wasser reflektiert. Der Wind fuhr durch ihre ungebändigten, dunklen Haare und ließ sie zu Berge stehen.
Kim legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Es kribbelte auf ihrer Haut. Die Geräusche um sie herum rückten in den Hintergrund und die Zeit schien für einen Moment stehen zu bleiben.Wasser spritzte auf, als sie sich zu Boden sinken ließ und die Balance verlor. Ihr Körper verformte sich und in Windeseile hatte sie ihre Zweitgestalt angenommen. Die pechschwarz und weiß gemusterte Gestalt verschwand zwischen den Wellen, als sie abtauchte.
Kim fühlte sich frei und unberührt, abseits der Menschen und des Lärms. Hier konnte ihr niemand was.
Mit rhythmischen Bewegungen trieb sie durch das seichte Wasser. Ihr Bauch berührte schon fast den Boden und ihre Rückenflosse ragte noch immer aus dem Wasser.Kim! Da bist du ja endlich!
In der Ferne erspähte sie eine weitere schattenhafte Gestalt. Ihre Mutter näherte sich schnell, und mit ihr Kims Bruder.
Ihre schwertartigen Flossen schnitten die Wasseroberfläche und das Schlagen ihrer Schwanzflossen wirbelte den sandigen Untergrund auf.Ich war noch beschäftigt, gab sie rasch zurück. Es war keine Lüge. Zwar hatte sie versprochen, unmittelbar nach der Schule zu ihrer Familie zurückzukehren, doch sie hatte sich noch mit einer Freundin unterhalten und das Gespräch hatte sich in die Länge gezogen.
Das wollte sie jedoch nicht erzählen. Ihre Mutter mochte die Menschen nicht sonderlich, nicht seit Kims Vater gestorben war.
Zwar versuchte sie nicht, ihre Tochter davon abzuhalten, mit den Menschen zu interagieren und erlaubte ihr, weiterhin die Schule zu besuchen, aber Kim konnte dennoch spüren, dass ihre Mutter es nicht mochte, wenn sie von den Menschen oder der Schule erzählte.Louisa und Jonah hatten sie nun erreicht und trieben neben ihr. Das Meer war still, es ging nur eine leichte Strömung. Es waren keine Boote unterwegs, obwohl sie mittlerweile schon weiter rausgeschwommen waren.
Die Orca-Wandlerin genoss die Ruhe.Die Schule ist doch schon länger vorbei, merkte Louisa an. Kim unterdrückte ein genervtes Stöhnen. Ihre Mutter konnte sie so leicht eben nicht täuschen.
Sie spürte die Emotionen ihrer Mutter und fühlte förmlich, wie ihr Unmut und ihre Unzufriedenheit zu ihr rüberschwappte. Mom, mahnte sie. Mein Lehrer hat halt überzogen.
Vermutlich konnte Louisa ihre Lüge ohnehin durchschauen, aber sie fragte nicht noch einmal nach.
Kim mochte die Menschen und sie mochte die Schule, doch nicht zu selten war sie zwischen ihnen und ihrer Familie hin- und hergerissen. Sie liebte es, als Orca durch das Meer zu schwimmen, aber sie liebte nun mal auch das Leben als Mensch.Schon gut, schon gut, gab ihre Mutter nach. Sie schwamm voraus und Kim unterdrückte ein Seufzen. Es war kein guter Tag für ihre Mutter. Immer wenn sie so kurz angebunden und angespannt war, hatte es etwas mit den Menschen und mit dem Tod von Mason Deep Water zu tun.
Kim konnte sich nur allzu gut vorstellen, was dieses Mal los war: In zehn Tagen war der Todestag ihres Vaters und je näher dieser Tag rückte, desto gereizter war ihre Mutter.Die junge Orca-Wandlerin selbst konnte nicht leugnen, dass sie nicht auch angespannt war. Sie vermisste ihren Vater und würde alles dafür geben, um noch einmal mit ihm in ihrer Zweitgestalt abzutauchen und den Ozean zu erforschen. Er war so plötzlich aus ihrem Leben gerissen worden, dass sie es damals kaum verstanden hatte. Es hatte Tage gedauert, bis der Schock abgeklungen war und die Realisation eingesetzt hatte.
Auch heute noch, fast ein Jahr später, verging kein Tag an dem sie nicht an ihn dachte und sich fragte, wie es wäre, wenn er noch da wäre.
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Ghost Of You (Alisha White / Seawalkers FF)
FanfictionEin Jahr nach dem Tod ihres Vaters trifft sich Alisha White, damals noch Kim Deep Water, mit ihrer Mutter und ihrem Bruder und schwimmt mit ihnen zu der Bucht, die einer der Lieblingsorte ihres Vaters war. Dort verbringen sie den Abend, indem sie si...