KAPITEL 1:

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Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. Aber jetzt erstmal von vorne!

Amy Keller:
„Neues Schuljahr, neues Glück", sagen die meisten - mal schauen. Dieses Jahr werde ich einfach versuchen, mein Abitur zu bestehen.

Seufzend stand ich auf und ging ins Bad, um mich für den ersten Schultag der 13. Klasse fertig zu machen. Laut Stundenplan hatte ich in der ersten Stunde die meistgehasste Lehrerin auf meiner Schule. Mein Kurs war neu, weil ich einen anderen Kurs gewählt hatte. Ich war sehr gespannt, wie dieser neue Kurs sein würde.

Aus meinem alten Kurs kamen zum Glück zwei Klassenkameradinnen mit mir in den neuen Kurs und ich war somit nicht ganz alleine. Schnell machte ich mich fertig, um die S-Bahn zu erwischen und nicht zu spät zukommen. Ich besaß kein Auto und auch noch keinen Führerschein. Meine Eltern wollten mich ständig überreden, einen zu machen, aber ich wollte einfach nicht. Ich konnte ebenso die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen oder mein Fahrrad. Das war sowieso viel umweltfreundlicher.

An der Schule angekommen, warteten schon die neuen Klassenkameraden und wir gingen ins Schulhaus. Wir sprachen über unsere Sommerferien und was wir gemacht hatten.

Ich hatte leider nur die ganzen Ferien über zu Hause gesessen und mich gelangweilt. Die anderen aber waren in Italien, Island oder Kroatien gewesen. In der ersten Stunde versuchte ich nicht aufzufallen und das gelang mir auch. Unsere Lehrerin hatte einen Schüler in der ersten Reihe ausgesucht, um ihn die ganze Stunde lang aufzurufen und zu schimpfen. So wie immer. Ich war sprachlos. Wie konnte so jemand noch an der Schule sein?

Zweite Stunde hatten wir Englisch. In Englisch war ich schon immer gut gewesen und konzentrierte mich nicht wirklich auf den Unterricht. Wahrscheinlich lag es auch an dem Kurs, denn ich musste den Kurs wechseln und war dann in einem Nebenkurs - dem Chaotenkurs. Dort hatte ich aber bereits Freunde und setzte mich neben diese.

Sport hatten wir in der dritten und vierten Stunde. Es machte mir nie Spaß und dennoch machte ich gut mit. Mir war jetzt schon langweilig und ich wollte nur nach Hause.

In der fünften Stunde versuchte ich krampfhaft aufzupassen, weil Latein mein schlechtestes Fach war. Mein Abi war eigentlich nur wegen Latein gefährdet. Ich hätte schon viel früher anfangen müssen, wieder den Stoff aufzuholen und nicht einfach alles halbherzig zu erledigen.

Als es zur letzten Stunde läutete, war ich erleichtert und ging in unser Mathe-Klassenzimmer. Ich war gespannt, welche Lehrerin oder welchen Lehrer wir in Mathe haben würden, weil auf dem Plan, auf dem zu sehen war, welche Lehrer und Lehrerinnen wir in welchem Fach hatten, kein Name stand. Was sehr komisch war. Haben sie es einfach nur vergessen oder waren sie sich einfach noch nicht ganz sicher?

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als sie den Raum betrat. Vom ersten Moment an war ich gefesselt von ihr und sah sie neugierig an. Sie trug ein weißes T-Shirt, eine schwarze Hose, braune Stiefeletten und einen hellblauen Blazer.

Modegeschmack hatte sie. Das besaßen nicht viele. Vor allem nicht Lehrkräfte! Ich wurde erneut aus meinen Gedanken gerissen, diesmal aber von meiner Sitznachbarin Paulina, die mir in die Seite stupste und mir zuflüsterte: "Hör auf zu starren, sie schaut schon!".

Als ich mich wieder unserer Lehrerin zuwandte, sah ich, wie sie leicht schmunzelte. Während sie das tat, sah ich ihre süßen Grübchen. Dann sah ich in ihre kastanienbraunen Augen und fühlte mich, als würde ich ertrinken. Sie musterte mich und ich lief rot an. Schnell senkte ich meinen Blick und unterhielt mich mit Paulina.

„Guten Mittag, Klasse! Ich bin Audrey Smith, bin Lehrerin für Mathe und Chemie und unterrichte euch in Mathe. Ich wohne eigentlich in Regensburg, fahre aber unter der Woche hierher nach München. Und jetzt zu euch. Bitte sagt eure Namen, was ihr gerne macht und eine beliebige weitere Sache.", der Reihe nach sagten alle das von ihr geforderte, ich war die letzte. „Ich heiße Amy Keller, liebe es zu backen und bin 19" , „Sehr schön! Weil ihr dieses Jahr Abitur schreibt, werden wir dieses Jahr dafür lernen." Ihre Stimme war hell und sehr beruhigend. Ich versuchte mich zu konzentrieren und das gelang auch besser als die letzten Male.

Mathe macht mir Spaß. In der 7. Klasse war unglaublich schlecht in Mathe und ging daraufhin 2 Jahre lang in Mathe Nachhilfe. Seitdem bin ich gut in Mathe und will auch Lehrerin für Mathe werden. Was Nachhilfe ausmacht!

Die Stunde ging viel zu schnell vorbei und jetzt wollte ich nicht mehr nach hause, sondern lieber gerne noch eine Stunde Mathe. War das normal? Ich redete mir ein, dass es am Fach lag und ich Mathe liebe. Das tat ich auch, aber im Innersten wusste ich, dass es noch einen anderen Grund hatte.

Audrey Smith:
Neues Schuljahr steht bevor und ich muss die Oberstufe unterrichten. Es war nichts neues. Normalerweise unterrichtete ich die Oberstufe immer in Chemie, diesmal aber in Mathe. Ich liebe Chemie. Ich hatte Lehrerin sein nur gewählt, um Chemie zu unterrichten. Man könnte sagen, das ist meine Leidenschaft, aber das wäre übertrieben.
Was mich an diesem Schuljahren aufregte, war der Fakt, dass ich meinen Mann, Ben in Regensburg hinterlassen muss. Er war Architekt und ein ziemlich guter! Wir haben ein Haus in Regensburg, das wir momentan renovieren. Da war es praktisch, einen Architekten als Mann zu haben.

Ben war ein charmanter 29-Jähriger, der mich mit seinem undefinierbaren Haarton faszinierte – eine einzigartige Mischung aus vorwiegend Blond, durchzogen von rötlichen und brünetten Schattierungen. Seine stets gepflegten Haare und der gestutzte Bart unterstrichen sein Gesicht. Mit seinen 29 Jahren war er zwei Jahre älter als ich.

Wir lernten uns in einem Gym kennen. Ich ging jeden Woche ins Fitnessstudio und als ich dann einen Gym Crush bekam, ging ich immer mehr. Er hatte anscheinend auch ein Auge auf mich geworfen und er traute sich tatsächlich, mich anzusprechen. Ich hätte mich nicht getraut, aber er hatte es. Wir verbrachten jede Woche zusammen im Fitnessstudio. Irgendwann gingen wir auf Dates und waren dann zusammen.

Ich war damals 23 und er 25. Als ich dann 25 war, machte er mir dann einen Antrag und ich nahm ihn an. Im darauffolgenden August heirateten wir. Es war eine sehr große Hochzeit. Alle kamen. Seine Freunde, seine Familie, meine Freunde, meine Familie und Freunde von Familien. Es war wirklich eine riesige Hochzeit. Jetzt bin ich ein Jahr verheiratet und wir müssen eine Fernbeziehung führen.

Ich wurde dieses Jahr versetzt. Von Regensburg nach München. Jetzt müssen wir eine Fernbeziehung führen und ich kam jedes Wochenende zu ihm. Er konnte nicht weg, weil seine Arbeit in Regensburg ist und er dort viel Geld verdiente und wir dort auch ein Haus haben.

Ich musste jetzt wirklich los, ansonsten kam ich für meinen ersten Tag zu spät. Jetzt musste ich mich auch daran gewöhnen, mit dem Auto zu fahren, weil ich sonst nie mit dem Auto gefahren bin, aber jetzt musste ich fahren. Es waren nur gute 15 Minuten, also war das nicht so schlimm. Außer dem Fahren am Wochenende musste ich also nicht viel fahren.

Als ich reinkam, blieb mein Blick sofort an einem Mädchen mit langen braunen Haaren hängen. Sie war absolut nicht groß und man könnte denken, sie wäre eine 10. Klässlerin.

Sie hatte sich Locken gemacht und trug eine kurze blaue Hose mit einem Basic weißen T-Shirt. Sie war hübsch, keine Frage, aber die meisten sind hübsch.

Ich stellte mein Zeug ab und scannte den Raum. Wenn man neu ist, hat man noch nie die Gesichter gesehen und war natürlich neugierig. Ich stellte mich erstmal vor. Dann kamen die Schüler und Schülerinnen dran.

Eine hieß Annalena. Sie saß ganz hinten, war riesig und hatte lange braune Haare. Dann waren da Paulina und Amy. Beide saßen vor dem Pult. Paulina war genauso klein wie ich und hatte auch lange braune Haare. Amy war die, die mir sofort ins Auge sprang, als ich den Raum betrat.

Als ich in den Raum rein kam, hatte ich schon das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich blickte mich um und hatte Amy gesehen, die mich musterte. Für alle waren neue Leute spannend, aber sie schaute anders. Ihre Freundin oder zumindest eine Freundin bemerkte, dass Amy aufhören sollte zu starren. Ich hatte geschmunzelt und ich musste ein Lachen unterdrücken. Sie wurde rot und schaute schnell weg.

Die Stunde verlief schnell und ich musste auch nur organisatorisches machen. Das neue Schuljahr wäre perfekt, wäre da nicht die Sache mit Ben.

„Hör auf zu starren, sie schaut schon!"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt