Kapitel 11

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Plötzlich durchzuckte ein Blitz den Himmel und ein lauter Donnerschlag erschütterte das Anwesen. Gleichzeitig erloschen sämtliche Lichter im Raum, und das Büro versank in völliger Dunkelheit. 

Isabella nutzte die plötzliche Verwirrung des Milliadärs, um sich leise aus dem Büro zu schleichen, ihre Sinne geschärft durch den Adrenalinstoß der Situation. Sie tastete sich an der Wand entlang bis zur Tür, während sich Viktor fluchend zu seinem Tisch fühlte.

Ihre Hände tasteten sich vorsichtig durch die Dunkelheit, während sie versuchte, sich zu orientieren. Als sie die kalte Türklinke in ihren Händen spürte, durchfuhr sie ein innerlicher Seufzer der Erleichterung. Leise drückte sie sie hinunter und huschte auf den Gang hinaus, welcher in sekundentakt von Blitzen erhellt wurde. Der Sturm tobte draußen, sein Heulen durchdrang das alte Gemäuer, während der Regen gegen die Fenster prasselte.

In dem Moment hörte sie ein Klicken und plötzlich stand Viktor mit einer Taschenlampe hinter ihr. Sie erstarrte und hielt den Atem an, während sie sich langsam umdrehte, um Viktor Valenzo im grellen Licht zu sehen.

Sein Gesicht war von Schatten umspielt und seine markanten Gesichtszüge wurde für einige Millisekunden von einem weiteren Blitz aufgehellt, während er sie mit einem durchdringenden Blick ansah. "Wo glauben Sie hinzugehen, Miss Monterro?", fragte er ruhig, doch seine Stimme klang bedrohlich in der Dunkelheit.

Isabella schluckte schwer und zwang sich, ruhig zu bleiben, obwohl ihr Herz wild gegen ihre Brust hämmerte. "Ich... Ich dachte...", erklärte sie zögernd, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.

Viktors Lippen kräuselten sich zu einem dünnen Lächeln, das Isabella das Blut in den Adern gefrieren ließ. "Aber warum so eilig, meine Liebe?", sagte er leise, während er langsam auf sie zukam. "Das Fest hat doch gerade erst begonnen."

Isabella spürte, wie sich eine eisige Kälte in ihrem Inneren ausbreitete, als Viktor Valenzo näher kam. Sie wich instinktiv zurück, doch ihr Rücken prallte gegen die kalte Wand des Korridors. Der Sturm draußen tobte weiter, und das unheilvolle Knistern der Taschenlampe verstärkte nur die Spannung in der Luft.

"Mr. Valenzo, bitte", flehte Isabella mit zitternder Stimme. "Lassen Sie mich gehen."

Viktors Lächeln wurde breiter, doch es erreichte nicht seine Augen, die dunkel und undurchdringlich blieben. "Aber Miss Monterro, wir haben noch nicht einmal angefangen", sagte er leise und kam noch näher. Seine Gestalt war bedrohlich in der Dunkelheit, und Isabella konnte den Ausdruck auf seinem Gesicht kaum erkennen.

"Was wollen Sie von mir?", fragte Isabella mit zitternder Stimme, während sie gegen die Wand gedrückt blieb, unfähig, sich zu bewegen.

Viktors Lächeln wurde breiter, doch es war ein kaltes, unheilvolles Lächeln, das ihr eine Gänsehaut über den Rücken jagte. "Ich glaube, Sie wissen es genau, Miss Monterro", antwortete er leise, sein Blick glühend vor Verlangen.

Isabella kämpfte darum, einen klaren Gedanken zu fassen, während ihr Verstand in Panik verfiel. Sie suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, Viktor abzulenken und sich aus seiner Umklammerung zu befreien. Ihr Blick fiel auf die Taschenlampe, die er in der Hand hielt, und ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf.

"Hören Sie das?", fragte sie plötzlich und deutete auf das Knistern der Taschenlampe. "Es scheint, als würde sie jeden Moment den Geist aufgeben."

Viktors Blick wanderte kurz zu der Taschenlampe, bevor er sie mit einem amüsierten Funkeln in den Augen wieder ansah. "Das ist nur ein kleiner Ausfall, Miss Monterro. Das Licht wird bald zurückkehren. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich werde immer noch hier sein", sagte er mit einem unheilvollen Unterton.

Isabella spürte die Zeit gegen sie arbeiten und fasste einen verzweifelten Entschluss. Mit einem plötzlichen Anflug von Mut trat sie einen Schritt auf Viktor zu und hob ihre Hand, als ob sie ihn beruhigen wollte.

"Mr. Valenzo, ich... ich habe etwas für Sie", sagte sie mit zitternder Stimme. "Etwas, das Sie interessieren könnte."

Viktors Augen verengten sich vor Neugier, und er trat noch näher, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt. "Was meinen Sie?", fragte er leise, seine Stimme voller Erwartung.

Isabella schluckte schwer, bevor ihre Hand in ihre Tasche glitt und das Bild hervorzog, das sie zuvor aus einem der Zimmer entwendet hatte. Sie hielt es hoch, sodass Viktor es im fahlen Licht der Taschenlampe sehen konnte, und spürte eine Mischung aus Angst und Erleichterung, als sein Blick darauf fiel.

Viktor betrachtete das Bild einen Moment lang schweigend, seine Augen verengt, während er die Details auf dem Papier studierte. Isabella konnte sehen, wie seine Stirn sich in leichte Falten legte, und ein Ausdruck der Überraschung huschte über sein Gesicht.

"Das... das bin ich", murmelte er schließlich, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.

Isabella schüttelte den Kopf, ihre Finger um das Bild gekrampft, als ob es ihre letzte Rettung wäre. "Ja, das scheint so, aber ich glaube, dass dies ihr Vater oder Großvater ist. Ich habe es in einem der Zimmer gefunden."

Ein Ausdruck der Verwirrung und Unruhe breitete sich auf Viktors Gesicht aus, während er das Bild weiterhin betrachtete. "Aber warum... warum sollte es hier sein?", fragte er mehr zu sich selbst als zu Isabella, die Tatsache ignorierend, dass Isabella gerade zugegeben hatte, dass sie in den alten Zimmern geschnüffelt hatte.

"Das weiß ich nicht, Mr. Valenzo", antwortete sie ehrlich. "Aber ich dachte, Sie sollten es wissen."

Viktor schwieg einen Moment lang, und Isabella konnte das Rattern seines Verstands förmlich hören, während er versuchte, die Bedeutung des Bildes zu erfassen. Schließlich hob er den Blick und sah ihr direkt in die Augen.

"Danke, Miss Monterro", sagte er ruhig, aber ernst. "Ich werde mich darum kümmern. Aber jetzt sollten wir uns in Sicherheit bringen. Der Sturm scheint schlimmer zu werden."

Isabella nickte zustimmend, innerlich doch voller Angst, dass der Milliadär dort weiter machen würde, wo er aufgehört hatte, doch Viktor führte sie aus dem dunklen Korridor, seine Taschenlampe den Weg erhelltend. Als sie auf dem Weg zum Hauptsaal waren, erhellte ein Blitz die Dunkelheit, und Isabella sah, wie Viktor einen besorgten Blick zum Fenster warf.

"Kommen Sie, wir müssen zurück zum Fest", sagte er und führte sie weiter. "Es wäre nicht sicher, jetzt nach draußen zu gehen."

Als sie in den Saal kamen sah Isabella, wie die Kerzen als einzige Lichtquelle den Raum in einen leichten Schimmer tauchten. Während sie sich durch die Menschenmenge im Hauptsaal drängten, bemerkte Isabella, wie Viktor Valenzo unauffällig die Anwesenden beobachtete. Sein Blick wirkte entschlossen, fast besorgt, und Isabella fragte sich, was in seinem Kopf vorging. War es wegen des Sturms oder wegen des Bildes?

Plötzlich wurde die Stimmung im Saal unruhig. Ein lauter Knall durchdrang die Musik, gefolgt von einem weiteren Blitz, der das Anwesen erhellte. Einige Damen kreischten vor Schreck und die Gäste begannen zu tuscheln und zu murmeln, während sich einige ängstlich nach draußen zum Fenster wandten.

Plötzlich wurde die Tür des Saals aufgestoßen, und ein Bediensteter eilte hinein, sein Gesicht bleich vor Aufregung. "Herr Valenzo, es tut mir leid, aber der Sturm hat das Anwesen von der Außenwelt abgeschnitten, wir können niemanden telefonisch erreichen und wir können niemanden rein oder rauslassen. Und... und es scheint, als ob die Stromversorgung völlig ausgefallen ist", sagte er vor Aufregung ein wenig lauter, als beabsichtigt.

Ein Raunen ging durch den Saal, und Isabella spürte, wie die Panik sich wie ein Lauffeuer verbreitete. Die Musik verstummte, und die wenigen Kerzen erloschen von einem Luftzug aus einer Ritze des Gemäuers, während die Dunkelheit das Anwesen umhüllte.

Inmitten des Chaos stand Viktor Valenzo, sein Gesicht von Blitzen erhellt, während er die Menge beruhigte. Doch Isabella konnte sehen, dass selbst er nicht sicher war, was als nächstes passieren würde.

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