Kapitel 169

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Ich wollte schon auf Leon warten, aber ich war so müde und erschöpft. Und ich wusste ohnehin wann er kam. Also ging ich nach oben und legte mich wieder in seine Hälfte des Bettes. Woher mein Körper noch die Flüssigkeit für Tränen hatte, weiß ich nicht, aber ich weinte mich wieder in den Schlaf. Gefühlt hatte ich die Augen gerade erst geschlossen, da wurde ich zart geschüttelt. „Emma?" „Leon..." Er saß einfach neben mir auf der Bettkante. Sofort war ich wach und fiel ihm um den Hals. Etwas zögerlich umarmte auch er mich. „Emma, wo ist Flora?" „Bei Flo...ich bin so...für die eine Nacht ist es besser, dachte ich. Weil du ja auch nicht..." Ich wollte es nicht sagen. „Achso...ich verstehe. Ist sie morgen früh da?" „Ja, aber du ja nicht, oder?!" Er starrte vor sich auf den Boden. „Wie war das Spiel?", fragte ich ihn und er schaute mich wieder an, nachdem er meinem Blick die ganze Zeit ausgewichen war.

„Spiel war gut, unentschieden, wurde nur für ein paar Minuten eingewechselt aber besser als gar nicht." Ich lächelte ihn an, er hatte hart dafür gearbeitet und hatte die letzten Woche wirklich gut gemeistert, obwohl sie wirklich schwer waren. „Ich bin stolz auf dich", sagte ich leise. „Kannst du nicht einfach sauer auf mich sein?" „Wieso?", fragte ich ihn. „Weil ich...du weißt warum." Ich nickte. „Also hat sich nichts geändert? Du willst das immer noch, Leon?" Er sagte nichts.

„Leon?" „Emma, ich will das nicht. Aber es ist besser für dich. Ich hab dir immer mein Leben aufgedrängt und dich dann auch noch so behandelt. Du hast was besseres verdient." „Es gibt nichts besseres, Leon. Nicht für mich! Wenn du es nur um meinetwillen willst und ich es nicht will...wieso machen wir das dann?" „Emma..." „Leon, bitte! Ich kann nicht ohne dich sein...ich kann nicht!" „Wir lernen das..." Ich legte meine Hand an seine Wange. „Ich will das nicht lernen." Leon sah mich an, seine braunen Augen waren die schönsten die ich jemals gesehen hatte. Ihm lief eine Träne über die Wange und sah mich an. „Emma..." Er klang traurig, verzweifelt.

„Wieso können wir das nicht hinkriegen? Wieso willst du gehen? Leon...das kann es nicht gewesen sein." Sein Blick war eine Mischung aus Mitleid, Schmerz und Trauer. Mit seiner Hand strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht, sein Blick wanderte über mein Gesicht und dann küsste er mich. Zuerst nur ganz kurz, als wäre er sich nicht sicher. Aber dann zog er mich näher zu sich. Ich erwiderte den Kuss, weil ich hoffte, darin irgendeine Art von Chance für uns zu finden. Schnell führte der Kuss zu mehr, wir dachten gar nicht nach. Es war so einfach. Jede seiner Berührungen war perfekt und tat gut. Leon zog mich aus, ich ihn...er sah wirklich wahnsinnig gut aus, sein Geruch brachte mich vollkommen um den Verstand. In diesem Moment, war der ganze Schmerz verschwunden. Er verursachte ihn und trotzdem war er die einzige Person auf der ganzen Welt, die ihn lindern konnte. Leon drängte mich zurück und lag über mir. Er küsste mich und stöhnte in diesen Kuss, als er in mich eindrang. Wir hatten Sex und es fühlte sich so gut an. Ich dachte nicht mal eine Sekunde daran, dass das ein Fehler sein könnte. Wie hätte etwas das so gut war falsch sein können? Danach sprach keiner was. Ich lag an ihn angeschmiegt in seinem Arm und er streichelte über meinen Rücken.

POV Leon

Das hätte ich niemals machen dürfen. Aber ich konnte irgendwie auch nicht anders. Emma hatte schon immer diese Anziehungskraft auf mich. Von Beginn an. Ich weiß noch genau, wie sie damals in das Café kam und ich einfach wusste, dass ich sie haben muss. Wenn ich gewusst hätte, wie sehr ich ihr weh tun würde, hätte ich es gelassen und wäre niemals zu ihr hingegangen. Ich weiß, dass ich ihr jetzt auch weh tat. Aber das hier gegen ein Leben lang immer wieder diesen Mist...ich war mir einfach sicher, es war besser für sie. Emma hatte sich verändert, sie war nicht mehr die Emma die ich kennengelernt hatte. Sie war unsicherer, verletzlicher, weniger sicher in dem was sie wollte. Und das war meine Schuld. Weil ich einfach ein Idiot war. Und sie hatte das Recht wieder diese Frau zu werden. Und wenn das bedeutete, dass sie deshalb nicht mehr meine Frau sein könnte, dann musste ich das akzeptieren.

Nach einer Weile schlief Emma ein und ich beobachtete sie. Irgendwann drehte sie sich im Schlaf zur Seite und lag nicht mehr in meinem Arm. Ich drehte mich zu ihr und stütze meinen Kopf auf meinem Arm ab. Mit der anderen Hand fuhr ich mit meinen Fingerspitzen ihre Gesichtszüge entlang, ihren Hals, ihr Schlüsselbein...über ihren Oberkörper, über ihre Narbe. Bei der Narbe musste ich daran denken, wie es damals im Krankenhaus war, sie beinahe zu verlieren. Es tat so weh. Ich erinner mich daran, als wäre es gerade eben erst passiert. Und ich tat ihr das jetzt auch an. Was wenn ich mich irrte? Wenn es nicht besser war, wenn ich ging? Aber wenn es die richtige Entscheidung war und ich trotzdem blieb? Dann wäre von ihr irgendwann nichts mehr übrig... Sie hatte das Recht darauf, ein normales Leben zu leben. Mit jemandem der sie liebt und wirklich alles für sie machte. Immer für sie da war und nicht das halbe Jahr unterwegs zum arbeiten. Emma, meine Emma, verdiente nichts weniger, als das beste auf der Welt. Und ich war das scheinbar nicht...

Mir fielen die Augen zu, aber wenn ich jetzt einschlafen würde und sie neben mir aufwachen würde, wäre das für sie das Zeichen, dass es weiterging. Aber das würde nicht passieren. Sie verstand es nicht und konnte es nicht nachvollziehen, aber das alles tat ich wirklich nur, weil ich sie so sehr liebte. Ich beobachtete sie noch einen Moment und gab ihr einen Kuss, den sie mit einem sanften Seufzen im Schlaf kommentierte. So leise ich konnte stand ich auf, zog mich an und packte ein paar Sachen ein. Dann schaute ich noch einmal zu ihr, zog die Schlafzimmertür zu und ging.

Bei Serge angekommen öffnete der mir die Tür. „Hast du dich verfahren oder was?" „Wenn's nur so wäre.." Wir gingen ins Wohnzimmer wo Serge vorm Fernseher saß. Er schaltete den Ton aus und sah mich an. „Was ist passiert, Leon?" „Nichts." Ich starrte auf den Fernseher als würde ich wirklich hinsehen und hoffte er würde es einfach gut sein lassen. „Wieso hast du so lange gebraucht? Habt ihr geredet?" Ich schüttelte den Kopf. „Was dann?" Ich schluckte schwer. „Ich hab mit ihr geschlafen..."

Serge schüttelte verwundert den Kopf. „Vielleicht nicht optimal, aber besser als Trennung... warum bist du hier, wenn ihr doch..." Dann stoppte er mitten im Satz. Jetzt sah er mich wütend an. „Du bist gegangen, hab ich Recht?" Ich nickte und bleib stumm. „Alter, Leon...du bist ein richtiges Arschloch." „Danke, das weiß ich!" „Ja, aber ich glaube es muss dir in den Kopf geprügelt werden." „Ja...kann schon sein." „Heißt das, du bist hingefahren um mit ihr zu reden, was ihr nicht gemacht habt, hast mit ihr geschlafen, deiner Frau, von der du Abstand willst und die darüber mehr als verzweifelt ist, und bist dann einfach gegangen. Was hat Emma gesagt?" „Nichts." „Wie nichts?", fragte Serge verwirrt. „Emma...Emma weiß nicht, das ich weg bin." „Sie schläft...boah, das ist so...Leon!" „Ich weiß...du musst wirklich nicht...Ich weiß es!" „Leon, was ist los mit dir? In den Staaten hattest du Panikattacken, weil du Angst um sie hattest und jetzt machst du das... Sie ist doch nicht einfach irgendjemand, sie ist deine Frau!" „DAS WEISS ICH, DANKE!", antwortete ich lautstark. Ich stand auf und ging raus. „Ich geh schlafen..." brüllte ich und ging ins Gästezimmer. Ich lies mich aufs Bett fallen und starrte an die Decke, bis ich einschlief.

Am nächsten Morgen stand ich früh auf und zog meine Laufsachen an. Meine Gedanken kreisten um Emma. War sie schon wach? Wie hatte sie sich gefühlt als ich einfach weg war? Ich konnte gar nicht klar denken und ohne darüber nachzudenken lief ich nachhause. Ich musste nur circa eine halbe Stunde laufen von Serge aus. Aber am Haus angekommen, hatte ich Zweifel...sollte ich wirklich hochgehen? Machte ich es dann nicht schlimmer? Aber wenn sie noch nicht wach war, würde sie vielleicht nicht merken, dass ich überhaupt gegangen war. Und dann blieb das Problem, weshalb ich überhaupt gegangen war. Ratlos stand ich vor meiner Haustür und wusste nicht wohin mit mir...

New Chapter - Teil 1 - Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt