-13- Von Seelenverbindungen und Befreiung I

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Sophie lag auf dem Boden und wurde von Hustenanfällen geschüttelt.

Ich rannte auf sie zu. „Was ist los?"

Das Holz unter mir war hart, als ich mich neben sie fallen ließ. Ich wollte ihr eine Hand auf die Schulter legen, oder ihr den Rücken klopfen, falls sie sich verschluckt hatte. Aber woran hätte sie sich verschlucken sollen?

„Nicht", Arokin war mit einem Satz bei mir und hielt meine Hand fest. Sein Blick wanderte in ihr Gesicht. Eine Ader in ihrem Auge war geplatzt, sodass es sich nun rot färbte. „Ich denke, sie wurde vergiftet. Wir wissen nicht, was sie verwendet haben. Das ist nicht gut."

Ich spürte den Schock, der mich durchlief. Es fühlte sich fast an wie damals, als ich gehört hatte, dass meine Schwester sich umgebracht hatte. Ich konnte alles fühlen, und doch fühlte ich nichts.

Die Wellen schlugen hörbar gegen das Schiff. Um uns herum war nichts als Wasser, der Grund zu tief, um ihn zu sehen. Und mittendrin standen wir. In diesem Moment wurde mir das bewusst. Ich fühlte mich verloren, alles schien sich unsagbar langsam abzuspielen.

Sophies Körper verkrampfte sich und dann fing sie an zu zittern. Auf einmal lag sie still da. Panik stieg in mir auf und meine Augen brannten.

„Keine Angst, sie atmet noch", stellte Arokin mit einem Blick fest. Tatsächlich sah ich ein flaches, unregelmäßiges Heben und Senken ihrer Brust. Auch wenn es kaum wahrnehmbar war.

„Können wir ihr irgendwie helfen?", brachte ich zitternd hervor.

Ich hörte Schritte, die langsam über das Deck liefen. „Nun, wir können hoffen, dass sie das Gift falsch dosiert haben." Als ich über meine Schulter sah, hatte Asir den Kopf auf die Seite gelegt und schien zu überlegen.

„Könnt ihr nicht irgendetwas zaubern? Ihr habt doch gerade erklärt, dass ihr die Macht manchmal nutzen könnt..." Auch wenn ich die Sache mit dem Pfeil nicht vergessen hatte, verdiente Sophie das hier nicht. Und in letzter Zeit waren wir doch gut miteinander ausgekommen.

„Leider nein", antwortete Arokin. Er klang abwesend. „Wir können nicht über Leben und Tod entscheiden."

In dem Moment hörte ich ein erneutes Husten und Sophie setzte sich langsam auf. „Was war das?" Sie blickte sich irritiert um, als sie unsere schockierten Gesichter bemerkte. Es schien fast, als wäre nichts passiert. Sophie stand auf. Sie war zwar noch wackelig auf den Beinen, aber man sah nichts mehr von dem Anfall. Allerdings war ihr rechter Augapfel noch immer rot. Die Iris bot ein blaugrün, das kaum gegen die stechende Farbe ankam. Ich fand es schwer, sie anzusehen.

„Irgendetwas stimmt nicht mit mir, richtig?", nun schwankte sie doch wieder und ihre Hand glitt an die Reling.

„Hat dir jemand etwas gegeben, als ihr gefangen wart?", wollte Arokin wissen.

„Ich kann mich nicht daran erinnern", ihre Stimme klang schwach und sie ließ sich gegen die Reling gelehnt neben mich auf den Boden sinken.

„Hätte jemand dich vergiften können?"

„Ich...weiß es nicht. Einmal wurde mir etwas in den Mund gesteckt, aber... Das bedeutet nichts Gutes, nicht wahr?" Ihre Stimme war immer leiser geworden.

Ich wollte gerade sagen „Alles wird gut", als Arokin mir mit seiner Antwort zuvorkam. „Wir können nichts versprechen." Er wandte sich ab und ging nach unten.

„Was machen wir jetzt?", fragte ich leise. Auch in Sophies Augen glänzten Tränen.

„Egal, was hier passiert, mach weiter. Als wir...bevor wir überfallen wurden, wollte ich dir gerade sagen, dass ich dich eigentlich immer bewundert habe. Ich wurde von meinen Eltern dazu gedrängt, mir die richtigen Freunde zu suchen. Und wer waren die richtigen? Die, die Geld hatten, die Kinder der Freunde meiner Eltern. Wer kein Geld hat, ist ihrer Ansicht nach nichts. Ich war eifersüchtig. Deine Freundin hat für dich eine Klasse wiederholt. Ich habe nie jemanden gehabt, der so etwas für mich getan hätte. Wenn ich nicht so blöd gewesen wäre, wären wir bestimmt Freunde geworden. Aber ich hasste dich, weil du etwas hattest, das ich nicht hatte... Es tut mir leid!" Ich konnte sie Anstrengung in ihrer Stimme hören. Ihre Worte versetzten mir einen Stich, der fast dem des Dolches an meinem Hals gleichkam.

Lihambra - Geheimnis der RabenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt