-32- Von Geschichten und Augen V

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„Du kennst doch den Xylath. Er sagt die Wahrheit. Frag ihn, wenn du uns nicht glaubst." Das war Birinjir, der sich nun an Arokin wandte. „Lass sie gehen. Sie wird schon von allein die Wahrheit herausfinden. Wir können nichts mehr tun." Er stand auf und ging. Ich ließ es zu, hielt ihn nicht auf. Ich versuchte, etwas zu sagen, doch ich war nicht in der Lage, Worte an ihn zu richten. Machtlos. Ich sah ihn davonlaufen. Mit ihm ging mein Plan. So hatte ich das nicht gedacht. Ich wollte ihm hinterherrufen, ihn aufhalten. Ich konnte nicht. Aber was hätte es genutzt? Nichts. Arokin war hier der, den ich brauchte. Birinjir war nicht wichtig.

In dem Wenigen, was mir selbst an Verstand geblieben war, stieg Verwirrung auf. Doch das meiste meines Kopfes war noch immer mit Beton ausgekleidet. Ich brauchte eine andere Spalte, eine größere, in der ich mich einhaken konnte. Heimlich, ohne, dass Arokin etwas davon mitbekam. Denn der Spalt von eben verschloss sich bereits wieder. Ich klopfte dagegen, doch es half nichts.

Also suchte ich weiter. Und fand einen weiteren kleinen Spalt.

Er ermöglichte es mir, eigene Worte zu formen. „Der Xylath hat mir nichts davon gezeigt! Nicht mal so etwas angedeutet hat er! Ihr seid hier die Lügner!“

„Asir kann nichts dafür. Er wird auch nur verführt, so, wie ich von der Macht verführt werde. Ich weiß zu gut, dass ich es werde. Ich weiß, dass sie mir nicht gut tut. Aber ich kann nichts dagegen tun.“ Traurigkeit stand in seinem Blick. Das war das Erste, was ich ihm sofort abkaufte. Ich kannte die Versuchung. Kannte sie zu gut. „Ich wollte in Lihambra alleine mit dir reden, ohne Asir in der Nähe, weil er dich beeinflusst, unterbewusst. So, wie er es mit mir gemacht hat. Ich hatte gehofft, dass du dich durch die Schuppe wieder an dich selbst erinnerst. Dass du dann die Wahrheit erkennst, so wie ich. Als du die Schuppe vorher hattest, hast du es zwar auch nicht, aber den Versuch wäre es wert gewesen. Wenn deine Macht und die Schuppe so nah beieinander gewesen wären, hätte es dir gelingen können, die Wahrheit zu sehen. Aber wenn nichtmal der Xylath dir die Wahrheit zeigen kann, kann es vermutlich niemand. Außer dir selbst, indem du die Verbindung zu ihm löst! Und zwar jetzt!“

Arokin sah mich lange an. Unter seinem Blick spürte ich, wie er in meinen Erinnerungen wühlte, sie zur Seite riss, sie auf den Kopf stellte. Zugleich wusste ich um die Anstrengung, die es ihn kostete. Ich spürte es, doch wieder gelang es mir nicht, etwas dagegen zu unternehmen. Er konnte sich ungehindert umsehen.

Es muss ihm viel bedeuten, wenn er so viel Energie darauf verschwendet ... Nichts als ein flüchtiger Gedanke, der auseinanderfiel, nachdem er sich geformt hatte.

Wieder fing er an zu sprechen. Seine Worte waren gleichzeitig in meinem Kopf und ich hörte sie, als würden sie gesprochen werden. Seltsam. Viel zu viel. Ich konnte nichts dagegen unternehmen.

„Er hat dir also den Kampf gezeigt. Wenn ich dir sage, dass es so nie passiert ist? Dass er dir etwas Falsches gezeigt hat? Das scheint er oft getan zu haben. Aber das weiß ich nicht genau, weil ich nicht dabei war. Es ist einfach, die Erinnerungen zu fälschen, die man anderen zeigt. Wenn sie nicht dabei waren, verlassen sie sich einfach darauf, was ihnen gezeigt wird. Dich trifft keine Schuld. Aber bei dem Kampf gegen die Rischkas war ich dabei. Und ja, ich habe auf dich geschossen. Ich wollte dich zurückschicken, Zeit gewinnen. Ist mit leider nicht gelungen." Er hielt inne. „Sieh doch richtig hin!"

Die Szene wurde mir aufgedrückt. Es gab keinen Winkel in meinem Verstand, in dem ich den Bildern, dem Geschehen, hätte entkommen können. Der Kampf gegen die Rischkas, kurz, bevor Arokin sich offen gegen uns gestellt hatte.

Doch es war anders als das, was Asir mir gezeigt hatte. Ich sah das, was passierte, durch Arokins Augen.

Am Rande des Blickfeldes lag ich, Sarah, wie tot. Das war jedoch das Einzige, was mit meinen Erinnerungen, oder eher Asirs Erinnerungen, übereinstimmte.

Lihambra - Geheimnis der RabenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt