-33- Von zerstörten Welten und Medaillen III (zensiert)

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Ich kam mir vor wie einer dieser Menschen, der orientierungslos durch ein Labyrinth rannte. Ich wollte den Ausgang unbedingt erreichen, doch je mehr ich versuchte, den richtigen Weg zu finden, desto mehr verirrte ich mich in dem Wirrwarr aus Wegen. Aber nein, ich verirrte mich nicht. Etwas leitete mich auf einen ganz bestimmten Weg. Der nicht zum Ausgang führte, sondern immer tiefer hinein, bis ich in der Mitte des Irrgartens stand und meinen Weg hinaus finden musste.

Ich kannte, was ich sah, was der Xylath mir zeigte. Diesen Raum mit dem Treppenaufgang und den mit Holz vertäfelten Wänden. Ich würde ihn immer erkennen. Denn das, was hier passiert war, und auch, was darauf folgte, hatte sich in mein Gedächtnis gebrannt und würde mich für immer zeichnen. Die Erinnerung war ein Brandmal. Genauso erkannte ich die Gestalt, die im Türrahmen stand. Die Gestalt, die uns, Sophie und mich, damals gerettet, uns zurück auf die Havsropen gebracht hatte. Von der so eine starke Präsenz ausgegangen war. Ich erkannte die Wahrheit. Sie fiel über mich her wie ein hungriger Wolf. Es tat nicht weh und gleichzeitig tat es das doch. Diese Gestalt war kein Konstrukt der Macht gewesen, mit deren Hilfe die Brüder etwas erschaffen hatten, das wirkte wie ein Gott.

Das hier war ein Gott. Keiner der niederen, wie es die Drachen waren.

Einer von zweien. Der Gott, der meinen Gegensatz bildete. Der Gott des Bösen, wie ihn Arokin genannt hatte. Es gab ihn wirklich.

Obwohl er in diesem Moment Sophie und mich gerettet hatte, ganz so böse konnte er also nicht sein. Andererseits hatte er Khori, den vorherigen Anführer der Rischkas, umgebracht. Und wer wusste schon, was er sich davon erhofft hatte, uns zu retten?

Oder war böse einfach das falsche Wort?

Warum kam mir das nun in den Kopf? Ich wollte das nicht sehen. Nicht jetzt. Ich wollte zurück, zurück zu Asir.

Ich wusste, welcher Weg aus dem Labyrinth heraus zu ihm führte, doch er wucherte zu, bevor ich einen Fuß auf ihn setzen konnte. Ich war gezwungen, einen anderen Pfad zu nehmen. Der Xylath hatte eigene Pläne.

Die Szene verwischte vor meinen Augen, verschwamm im Nebel, bevor sie wechselte.

In eine längst vergangene Zeit, die so lange vor Sarahs Leben lag. Und doch war es wichtig.

Plötzlich wusste ich, dass ich bei der Erschaffung der Welten nicht allein gewesen war. Allein konnte ich nichts erschaffen. Es war noch jemand da. Jemand wie ich, der mich verstand. Mit dem ich auf ewig verbunden war.

Drachen, große und kleinere, bunte und weniger bunte, saßen um mich versammelt. Es herrschte Unruhe, doch deren Ursprung konnte ich nicht ausmachen. Ich versuchte, mich durch die Hecke zu wühlen, hinter der ich die Erklärung für diese Unruhe finden würde. Das Gestrüpp war zu dicht. Ohne eine Heckenschere, die ich nicht besaß, gab es hier für mich kein Durchkommen. Das war nichts, was der Xylath als bedeutend betrachtete.

Dieser verfluchte Stein! Es täte mir sicher nicht leid, wenn er kaputt ging.

Was er aber als wichtig erachtete, waren die Empfindungen, die ich bei diesen Worten empfand.

Sogar so wichtig, dass es für einen Moment nichts anderes mehr gab als Dunkelheit und diese innerlichen Gefühle, die in mir brodelten. Der Xylath ließ sie überkochen oder vielleicht war es für mich wirklich derart intensiv gewesen.

Sie zerrissen mich innerlich. Einerseits gab ich den Drachen recht mit dem, was sie sagten, andererseits lagen sie so falsch, wie es falscher nicht ging. Beides zu empfinden war, als würde ein Geigenbogen überspannt, sodass die Haare nach und nach rissen, bevor er einem Menschen um die Ohren flog.

Ich korrigierte ihren Irrtum nicht. Denn einerseits war es keiner. Also ließ ich sie für mich reden.

Es hätte keinen Sinn, sie dazu zu zwingen, es zu erkennen, obwohl sie es nicht wollten. Diese Erkenntnis war eine, die aus ihnen selbst heraus kommen musste, um wirkungsvoll und nachhaltig zu sein. Genauso wenig hatte ich Lust, meine Energie darauf zu verschwenden, sie umzustimmen. Also sagte ich nichts dazu, ließ sie reden und hörte einfach zu. Obwohl alle so falsch war, was sie sagten, schien es für sie Sinn zu geben. Für mich nicht. Nicht im Geringsten.

Lihambra - Geheimnis der RabenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt