50 - Wieder vereint

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 „Mama!", rief Arthur erfreut, während sein Vater, dessen Hand er hielt, abrupt stehen blieb, als sei der Blitz in ihn gefahren.

„Großer Gott!" Irrationale Angst flutete Richards Körper, wie ein Gift, das sich durch seine Adern fraß, als er Samantha dort neben den Steinen, reglos, blass, wie tot, liegen sah. Sie lag halb auf der Seite, nur einen Schritt neben den Feensteinen, die sie zurückgebracht hatten. Ihr dunkles Haar hing ihr wirr ins Gesicht und bedeckte es halb. Ihre Lider waren geschlossen, die Lippen farblos. Was, wenn diesmal etwas ganz schrecklich schief gelaufen war war? Er ließ die Hand seines Sohnes los.

„Warte hier", raunte er ihm zu, dann konnte er nicht länger an sich halten und rannte los. Ihr Anblick schockierte ihn und er konnte es vor seinem Sohn nicht verbergen.

Dabei sollte er es besser wissen, nach allem, was er erlebt hatte. Doch dieses das Wissen half ihm nichts. Sein Verstand wurde von seinem rasenden Herzen übertönt, als er neben ihr auf die Knie sank und ihr das Haar aus dem Gesicht strich. Ihre Haus war kühl. Sie rührte sich nicht. Er schnappte nach Luft. 

„Mama geht es gut, Papa", sagte Arthur, der ihm seelenruhig gefolgt war, und jetzt neben ihm stand. „Und meinem Geschwisterchen auch."

Richard, der versuchte, seinen Atem ruhig zu halten und das Gift der irrationalen Angst zu verdrängen, während er Samanthas schlaffe Hände rieb, blickte sich zu Arthur um. „W- was sagst du? Woher...?"

„Sie sagen es. Hörst du sie nicht?"

Richard konnte die Stimmen hören, wie damals, als er Samantha schon einmal in dem selben Zustand, hier gefunden hatte, und von vielen Gelegenheiten davor und danach. Doch wie damals war es nur ein unverständliches Gemurmel und Flüstern, das zwischen den Baumkronen zu hängen schien. Sie lockten und riefen ihn, aber dieses Wissen entstammte eher einem Gefühl, als Verständnis für das, was sie sagten.

Er strich ihr zärtlich mit den Fingerspitzen über das Gesicht und spürte ihren Atem auf seinem Handrücken. Er wurde ruhiger. Es war wie immer und alles war gut gegangen. Sein eigenmächtiges Handeln hatte keine unwiderruflichen Folgen gehabt, wie er sich einen schrecklichen Moment lang eingebildet hatte. Die giftige Angst wich warmer Freude, dass Samantha, seine Frau, seine Seelenverwandte, sein Gewissen und in jeder Hinsicht bessere Hälfte, zurück war. Er lächelte seinen Sohn an.

„Ich verstehe sie nicht so gut wie du, Arthur. Die meisten Menschen können sie gar nicht hören, geschweige denn, verstehen."

„Wie dumm für diese Menschen. Sie haben so viel zu sagen."

Richards Lächeln vertiefte sich zu einem Grinsen. Dann bemerkte er, dass Samanthas Augenlider zuckten und er wandte sich ihr voll zu. Flüsternd redete er auf sie ein, bat sie, zu sich zu kommen und ruhig zu atmen, sagte ihr, dass er sie liebte und dass Arthur bei ihm sei. Während er sprach streifte er seinen grauen Wollmantel ab und wickelte sie darin ein. Sie war kalt, auch wenn sie noch nicht lange hier gelegen haben konnte. Denn er war fast unmittelbar nach Vivs Verschwinden und nachdem er Carlotta in Parkins Obhut übergeben hatte, hierher zurückgekehrt. Nachdem er Parkin seine Anweisungen gegeben hatte, hatte Arthur ihn unbedingt zu den Steinen begleiten wollen, und da er ihn lieber bei sich hatte als in Carlottas Nähe, hatte er ihn mitgenommen. Er hob Samantha sanft hoch und pustete einen losen Grashalm von ihrer Wange.

„Komm, Arthur. Wir bringen Mama heim."

Arthur nickte mit der vollen Ernsthaftigkeit seines jungen Alters und lief ein Stück voraus. Am Rande der Lichtung drehte er sich um und winkte irgendjemandem, oder irgendetwas zu, was Richard nicht sehen konnte. Er fragte sich, was Arthur noch alles wahrnahm, von dem er keine Ahnung hatte. Aber im Moment galt seine Sorge Samantha, die vor Schmerzen aufstöhnte, und sich mit fahrigen Bewegungen versuchte, an ihm festzuhalten.

Die Schatten von FerywoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt