Genüsslich leckte Jonas sich ein wenig Ketchup vom Finger, wischte anschließend seine Hände an einer dieser billigen Papierservietten ab und warf sie in die weiße Plastiktüte, in der Markus vorhin ihr Essen transportiert hatte. Die Tüte stand samt leeren Styroporboxen darin zwischen Jonas und Markus auf dem Bett, wo sie ihre Pommes gegessen hatten. Allerdings fühlte Jonas sich nun ziemlich voll, schob die Tüte ein Stück beiseite und legte sich mit einem herzzerreißenden Seufzen auf das Bett.
Er lag auf dem Rücken, die Arme über den Kopf gestreckt, sodass seine Unterarme gegen das Kopfteil des Bettes lehnten und starrte an die Decke. Komischerweise hatte Markus noch nicht wirklich viel gesagt, seit sie hier im Hotel waren, beinahe so, als spürte er, dass Jonas vollkommen überfordert war.
Er hatte Matthias verlassen. Um mit Markus zusammen zu sein. Allein bei dem Gedanken an Matthias enttäuschtes – nein, entsetztes, vollkommen fassungsloses – Gesicht, fühlte er sich, als würde das Blut in seinen Adern auf einmal Schwierigkeiten haben, hindurchzufließen. Es rauschte und pochte in seinen Ohren und ihm war klar, dass er die Tragweite seiner Entscheidung noch nicht wirklich begriffen hatte.
Ein Rascheln irritierte ihn auf einmal und er wandte den Kopf zur Seite. Markus hatte die Tüte in den kleinen Mülleimer geworfen und nun streckte er sich ausgiebig, bis seine Knochen knackten. Anschließend legte er sich zu ihm ins Bett, allerdings seitlich, sodass er ihn ansehen konnte. Augenblicklich bildete sich ein dicker Kloß in seiner Kehle, denn er würde wohl oder übel nicht mehr darum herum kommen, Markus alles zu erzählen.
„Also... du weißt, dass ich deine Aktion heute Morgen auf dem Parkplatz ziemlich daneben fand. Ich meine...", setzte Markus an, eindeutig in Vorbereitung auf einen Streit. Oder zumindest eine Schimpftirade. Jonas fiel ihm ins Wort.
„Er hat mich eben in der Wohnung überrascht und ich habe mit ihm Schluss gemacht", sagte er vollkommen monoton, als bedeuteten diese Worte nicht, dass er sein Leben von links nach rechts gedreht hätte. Markus Reaktion kommt prompt. Vollkommen ungläubig starrte er ihn mit aufgerissenen Augen an, sein Mund öffnete sich langsam. Beinahe hätte Jonas gegrinst, denn das Markus wortlos war, kam wirklich selten vor. Allerdings hielt es auch nicht lange an.
„Du hast dich von ihm getrennt? Für mich?", stammelte er. Jonas nickte langsam, aber natürlich drängte sich sofort Matthias in seine Gedanken. Er hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass er es tatsächlich tun würde, das wusste er. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, dass nach ein paar Tagen, ein wenig Diskutieren und anschließendem Versöhnungssex wieder alles gut war. Aber all das könnte niemals sein schlechtes Gewissen heilen, seine Schuld reinwaschen oder seinen Fehler wieder gutmachen.
Markus entfuhr ein Keuchen, dann verzogen sich seine Lippen zu einem rührseligen Lächeln. Er breitete die Arme aus, eindeutig eine Aufforderung, zu ihm zu kommen. Eilig gehorchte Jonas, legte seinen Kopf auf seinen Arm und seine Hand an seine Brust.
„Schatz, du weißt nicht, wie sehr ich mir diesen Moment herbeigesehnt habe. Ich liebe dich, mehr als alles andere und ich verspreche dir hier und jetzt, dass ich dich glücklich machen werde. Ich werde meine zweite Chance nicht versauen", erklärte er und Jonas bemerkte, dass es wie ein Schwur klang.
Jonas zweifelte nicht eine Sekunde lang, dass Markus all das vollkommen ernst meinte. Er wusste nicht so recht, was er darauf antworten sollte, denn eigentlich wollte er in diesem Moment einfach nur die Gedanken ausschalten. Sie wirbelten viel zu aufgeregt und unsortiert in seinem Kopf herum und machten sein Gehirn ganz wund.
Ein Seufzen entfuhr ihm, was Markus zum Anlass nahm, ihn enger an sich zu ziehen. Sanft fuhr er mit der Hand über Jonas Arm.
„Wie geht es dir damit? Auch wenn es mir gefällt, war es sicher nicht leicht, ihn zu verlassen, hab ich recht?", fragte Markus schließlich. Verwundert hob Jonas den Blick und als er in seine grauen Augen sah, bemerkte er tatsächlich so etwas wie wahres Mitgefühl. Konnte es womöglich sein, dass Markus nun, da er endgültig die Sicherheit hatte, dass Jonas ihm gehörte, so etwas wie ein guter Freund wurde? Dass er aufmerksam und einfühlsam anstatt kontrollsüchtig und manipulativ war? Jonas spürte, dass das irgendetwas mit seinem Herzen anstellte. Was genau es war, konnte er noch nicht einschätzen. Er räusperte sich, bevor er sprach.
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Slice of Life - L'Affaire
De TodoJonas ist vollkommen gestresst von der Arbeit, worunter nicht nur er leidet, sondern auch sein langjähriger Freund Matthias und dessen Tochter Aaliyah. Bei all dem Stress kommt das bevorstehende Wochenende in Frankreich ganz recht. Ein alter Schulfr...