𝑜𝑢𝑡 𝑜𝑓 𝑙𝑜𝑣𝑒 𝑎𝑛𝑑 𝑑𝑒𝑠𝑝𝑎𝑖𝑟 | ²⁰⁰⁴

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𝐌𝐀𝐍𝐇𝐀𝐓𝐓𝐀𝐍, 𝟐𝟎𝟎𝟒

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𝐌𝐀𝐍𝐇𝐀𝐓𝐓𝐀𝐍, 𝟐𝟎𝟎𝟒

In jener Nacht, als die Wahrheit zu schwer wurde, als die Realität zu grausam schien, fand ich mich alleine auf der Polizeiwache wieder.

"Ich möchte eine Vermisstenanzeige aufgeben", erklärte ich dem Polizeibeamten hinter dem Schalter. Er war ein Mann mittleren Alters mit müden Augen, die von zu vielen Nächten wie dieser zeugten.

"Und wer ist vermisst?", fragte er, während er einen Stapel von Formularen durchblätterte.

"Mein Vater", erwiderte ich, zeigte ihm ein Bild von Dad auf meinem Handy.

Das kalte Neonlicht der Lampe über mir surrte leise, eine monotone Melodie der Bürokratie. "Hast du schon versucht, ihn auf seinem Handy anzurufen?"

"Natürlich habe ich das!", erwiderte ich, frustriert darüber, dass er nicht verstand. "Ich habe ihm Nachrichten geschickt, habe jede Stunde angerufen. Er antwortet einfach nicht."

Der Polizist sah zwischen dem Foto auf dem Display, und mir, hin und her. Sein Blick wurde skeptisch. "Wie alt bist du, junge Dame?", wollte er wissen, als wäre mein Alter ein Faktor für meine Glaubwürdigkeit.

"Fünfzehn"

Er musterte mich über den Rand seiner Brille, als wolle er in meine Gedanken sehen. "Und deine Mutter? Weiß sie, dass du hier bist?"

"Nein", gab ich zu, „aber das spielt keine Rolle. Wir müssen meinen Vater finden."

"Also, du möchtest eine Vermisstenanzeige aufgeben, weil dein Vater nicht ans Telefon geht?"

"Ja"

Plötzlich fühlte ich mich fehl am Platz, wie ein Störenfried in einer Welt, in der echte Tragödien passierten. Aber ich konnte nicht anders. Ich musste es tun. Es war die einzige Möglichkeit, die ich noch sah.

"Wie heisst er und wie lange wird er schon vermisst?"

"Derek Shepherd.", antwortete ich, und in meinem Kopf hallte der Name nach, als hätte ich gerade ein magisches Ritual vollzogen, das ihn zurückbringen würde.

"Er ist seit ein paar Wochen verschwunden."

Der Polizist nickte langsam, als ob er meine Verzweiflung verstand, aber nichts dazu sagen wollte.

"Wir werden eine Vermisstenanzeige aufnehmen. Aber ich muss dir leider sagen, dass wir nicht viel tun könne, wenn er sich freiwillig entschieden hat zu gehen.

Ich erwiderte nichts auf seine Worte.

Sie passten nicht in die Geschichte, die ich mir selbst erzählt hatte - die Geschichte, in der mein Vater der Held war, der niemals sein Kind im Stich lassen würde.

Der Polizist kam um den Tresen herum und winkte mich zu sich. Etwas eingeschüchtert folgte ich ihm in einen kleinen, kargen Raum, wo er einen Stuhl für mich heran rückte und sich danach selbst an den Schreibtisch setzte, mir gegenüber.

"Okay, erzähl mir alles, was du weißt. Wann hast du ihn zuletzt gesehen? Was hatte er an?"

Ich erzählte ihm von den letzten Tagen, von den unzähligen Anrufen, den vergeblichen Versuchen, Dad zu erreichen. Jedes Detail, jede Erinnerung fühlte sich an wie ein Stich ins Herz.

"Hat es Streitigkeiten in der Familie gegeben?"

Ich nickte, obwohl jeder Teil von mir gegen diese grausame Realität ankämpfte. "Ja, es...es gab einen Streit", gestand ich leise, mein Blick gesenkt. Die Wahrheit kam mir schwer über die Lippen, als würde ich sie aus dem tiefsten, dunkelsten Loch meines Gewissens hervorholen.

"Mein Vater hat meine Mutter mit seinem besten Freund erwischt... im Bett."

Der Beamte runzelte die Stirn, seine Finger trommelten leise auf den Tisch.

"Das klingt nach einer ziemlich heftigen Situation. Hat dein Vater danach etwas gesagt, bevor er verschwand?"

"Er hat mich angebrüllt, dass ich ihm in den Rücken gefallen bin, weil ich es ihm nicht erzählt habe. Ich wusste es, aber ich... ich konnte es einfach nicht. Er hat einfach nur geschrien und ist dann rausgestürmt. Dort ist er in sein Auto gestiegen und weggefahren."

Meine Stimme brach, und ich kämpfte gegen die Tränen.

"Verstehe...", murmelte er, schrieb etwas in seine Unterlagen und sah mich dann mit einem Ausdruck an, der irgendwo zwischen Mitgefühl und professioneller Distanz lag.

"Und deine Mutter? Was sagt sie dazu?"

"Sie sagt, er ist weg, weil er... weil er uns nicht mehr sehen will." Die Worte fühlten sich bitter und kalt in meinem Mund an. "Aber das kann nicht wahr sein. Das würde er niemals tun."

Während ich sprach, tauchte ein Bild von meinem Vater in meinem Kopf auf – wie er lachte, wie er mich in den Armen hielt, wie er versprach, immer für mich da zu sein. Aber all das schien jetzt so weit entfernt.

"Wir werden unser Bestes tun", sagte der Beamte, als wir fertig waren. "Aber ich möchte, dass du darauf vorbereitet bist, dass er vielleicht nicht gefunden werden will."

Diese Worte trafen mich wie ein Schlag.

Nicht gefunden werden wollen. Als ob er sich entschieden hätte, sein ganzes Leben hinter sich zu lassen.

Als ich die Wache verließ, fühlte ich mich nicht erleichtert, sondern noch verlorener. Die Nachtluft prallte kalt gegen meine Haut, und die Straßenlaternen warfen lange Schatten auf den Gehweg.

Ich wollte glauben, dass er irgendwo da draußen war, verletzt oder in Schwierigkeiten, alles andere als die Wahrheit, dass er mich einfach verlassen hatte.


Ich wollte glauben, dass er irgendwo da draußen war, verletzt oder in Schwierigkeiten, alles andere als die Wahrheit, dass er mich einfach verlassen hatte

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𝐒𝐭𝐚𝐫𝐠𝐢𝐫𝐥  |  ᵍʳᵉʸˢ ᵃⁿᵃᵗᵒᵐʸWo Geschichten leben. Entdecke jetzt