Kapitel 14:

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Die Autofahrt nach Kyoto verlief weitestgehend ereignislos. Geto schlief neben mir, Herr Yaga saß neben dem Fahrer und wirkte in Gedanken und Satoru, der mich von der anderen Seite einquetschte, tippte wie wild auf sein Handy ein. Vielleicht schrieb er ja mit einer hübschen Frau.
Mir war es egal. Super egal.
Ich blickte aus dem Fahrerfenster, auf das ich dank meiner Position in der Mitte der Rückbank vollen Blick hatte und versuchte mein Leben in den Griff zu bekommen.
Wir waren sicherlich schon zwei Stunden unterwegs mit weiteren vier zu fahren. Laut dem Namenlosen befand sich die Steintafel im westlichen Stadtteil von Kyoto Arashiyama, der eher naturbelassene Altstadt war.

Ich war bis jetzt nur einmal in Kyoto und das war für die Location von Kokos Hochzeit, wo ich das erste Mal von einem Fluch angegriffen wurde. Die Erinnerung daran weckte nicht gerade Freude, aber ich hoffte inständig Kyoto selbst mehr abgewinnen zu können. Hierhin wollte Koko nämlich bald ziehen.
Ich freute mich, dass sie nun abseits von unserem behüteten Aufwachsen ihr Glück dort finden konnte, denn abgesehen von Fukuoka und Tokio für mich, waren uns grundsätzlich sämtliche Großstädte Japans weitestgehend fremd.

Meine Mutter arbeitete in einem Bürokomplex und verdiente genug, um uns alle am Leben zu erhalten. Mein Vater konnte zeit seines Lebens kaum was dazu steuern, was mich innerlich brodeln ließ.
Wenn die Akademie ihn für ihre Zwecke missbraucht und schließlich auch umgebracht hatte, konnte man doch zumindest meinen sie hätten den Anstand uns zu entlohnen. Ich hatte Geto zu Beginn der Fahrt noch gefragt, ob sie Nebenjobs hätten, doch sowohl er, als auch Satoru sahen eher amüsiert aus und meinten das wäre nicht nötig. Also musste ich das Gehalt meines Vaters wohl auf das Krankenhaus-Ereignis schieben.
Ich wüsste gerne, was dort geschehen war, denn ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, dass er so etwas Gefährliches aus Versehen tun konnte...

Jedenfalls besaßen wir schlussendlich nie genug um große Urlaube zu machen. Wir waren mal am Fuji und haben Wanderungen gemacht, je weiter weg von einer Großstadt desto besser.
Mittlerweile ergab für mich alles erschreckend viel Sinn. Das was mich früher gelangweilt hatte, diente allein unserem Schutz.
Immer und überall.

»Misaki? Miiisaki? Misaki-chan.«
Unsanft wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
»Nenn mich nicht so.« fuhr ich Satoru an und schüttelte kurz meinen Kopf, um wieder im Hier und Jetzt zu sein.
»Warum nicht? Zu alt für ne Verniedlichung?« stichelte er.
»Zum Einen das und zum Anderen nennt mich Tomoki so.« Ich verzog das Gesicht bei dem Gedanken.
»Ein Lover?«
Ich schnaubte.
»Nie im Leben.« schloss ich und verdrehte die Augen. »Neugierig?«
Ich drehte mich ein Stück, um in direkt anzusehen.
»Nur ein wenig.« gab er zurück und schmunzelte leicht, dass mir fast warm ums Herz wurde.

»Du wolltest mich etwas fragen.« erinnerte ich ihn, bevor dieses Gespräch in eine andere Richtung gehen würde.
»Nichts Bestimmtes. Du sahst aus, als würde dich etwas bedrücken.«
»Ah und du meinst jetzt ist ein guter Moment, Therapeut zu spielen?«
»Ich würde gerne über deine Sorgen erfahren. Oder deine Gefühle insgesamt...«
Vor uns räusperte Herr Yaga sich und ich gab mir größte Mühe mir meine Verlegenheit nicht anmerken zu lassen.
Warum war er nur so?

»Ich denke du wärst einer der letzten Menschen, die von meinen Gefühlen erfahren wird. Und da du die letzten Tage quasi mit mir zusammen durchlebt hast, denke ich um meine Sorgen dürftest du recht gut Bescheid wissen.«
»Du meckerst ziemlich viel, dafür dass bis bis jetzt alles glatt gegangen ist.« entgegnete er und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ja, bis jetzt.« keifte ich zurück.
Satoru seufzte kurz, dann war der Schalk aus seinen Augen verschwunden und er musterte mich stattdessen.
»Vertrau mir. Mach dir gerne so viele Sorgen wie du willst, aber allzu bald wirst du nicht krepieren.«
Vertrau mir... schon wieder...
Ich konnte einfach nicht damit umgehen, wenn er plötzlich ernst wurde.
»S-Schon gut! Ich würde jetzt trotzdem ein wenig ausruhen, also mach weiter... was immer du vorher gemacht hast.«
Damit drehte ich mich von ihm weg und schloss meine Augen, während Satoru leise lachte. So spät war es noch nicht mal, aber die Erschöpfung der letzten Tage nagte ziemlich an meinem Körper und so dauerte es nicht lange da schlief ich ein.

Nur ein Mensch (Satoru GojoxOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt