Kapitel 11

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Am Nachmittag holt mich Noah von Zuhause ab und wir fahren zusammen zum Diner. Dort setzten wir uns an unseren Stammplatz und bestellen das beste Menü der Stadt. Ich habe unglaublichen Hunger und habe es vermisst, zusammen mit meinem besten Freund hier zu sitzen. Bevor Clara in sein Leben getreten ist, waren wir so gut wie jeden Abend hier. Zwar will ich die Tatsache, dass es nun nicht mehr so oft dazu kommt, nicht Clara zuschreiben, doch ich schätze, ich kann gar nicht anders.

"Wie läuft es bei deiner Schwester mit den Hochzeitsvorbereitungen?", fragt Noah und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

"Frag nicht", stöhne ich nur, denn die letzte Zeit ist es echt unerträglich gewesen. Ich verstehe, dass Melissa sehr nervös ist und will, dass alles perfekt wird, aber sie steckt jeden mit dieser unglaublichen Aufregung an. Das ist der Grund, weswegen ich die letzten Tage vollkommen gestresst eingeschlafen bin.

Noah sieht mich bemitleidend an. "So schlimm?"

"Schlimmer. Du kennst Melissa's Perfektionismus. Ich glaube, du kannst dir vorstellen, weswegen ich all die neuen grauen Haare bekommen habe."

Noah lacht leise. "Mein Beileid. Ich habe diese Zeit glücklicherweise hinter mir."

"Naja, ganz vergleichen kann man es nicht. Du bist schließlich ein Junge und warst ein kleines Kind, als deine Schwester geheiratet hat", entgegne ich und bin überrascht, als mir bewusst wird, wie lange das bereits her ist.

Und doch kann ich mich daran erinnern, als wäre es gestern gewesen.

"Also ich verstehe nicht wirklich, warum man sich so einen Stress deshalb macht", murmelt Noah, ehe er einen Biss von seinem Burger nimmt.

"Naja, Frauen sind halt so. Falls Clara und du irgendwann mal heiraten werdet, wird es genauso schlimm", erkläre ich und ergattere einen überforderten Blick von Noah, der mich zum schmunzeln bringt. "Was? Willst du etwa nicht heiraten?"

"Also um ehrlich zu sein, will ich noch gar nicht über sowas nachdenken. Und übrigens: Clara und ich sind erst seit kurzem zusammen, ich denke da ganz sicher nicht ans heiraten", erklärt Noah.

Ich denke an unsere Kindheit zurück und es schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen. "Weißt du noch, wie wir früher als Kinder immer gesagt haben, dass wir einfach heiraten werden, wenn wir später niemanden finden."

Noah erwidert mein Lächeln. "Stimmt. Ich war damals immer so eifersüchtig, bei dem Gedanken, dass du mal jemanden heiraten würdest, weil ich immer Angst hatte, dass du dann in ihm deinen neuen besten Freund finden würdest." Er hält kurz inne, ehe er hinzufügt: "Heute weiß ich, dass Liebe und Freundschaft zwei verschiedene Sachen sind."

Ich stutze. "Findest du?" Ich sehe Noah kurz an, und als er nickt, zucke ich mit den Schultern. "Also ich finde, dass man die Person heiraten soll, die man liebt. Aber es ist ein unheimliches Glück, wenn man in dieser Person auch einen sehr guten Freund findet. Ich glaube, Freundschaft ist die beste Basis der Liebe."

Noah sieht einwenig überrascht aus, so, als hätte er es nie von diesem Blickwinkel aus betrachtet. Als er nichts sagt, beschließe ich, meinen Gedanken freien Lauf zu lassen.

Ich räuspere mich. "Ich werde mich bei meinem Zukünftigen später fragen, ob er auch jemand ist, mit dem ich gut befreundet wäre, wenn er nicht mein fester Freund wäre", erkläre ich weiter und bin überrascht, als ich merke, wie aufmerksam Noah mir zuhört. "Ich meine, meine Eltern waren damals auch gute Freunde, bevor sie sich ineinander verliebt haben. Vielleicht ist das ja das Erfolgsrezept ihrer langen und glücklichen Ehe." Als ich an meine Eltern denke, formen sich meine Mundwinkel zu einem sanften Lächeln. Wärme erfüllt mein Herz und ich muss schmunzeln. Es ist bis heute einfach nur schön zu sehen, dass sie sich noch immer so sehr lieben und schätzen.

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