14. Oscorp

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Nach einem Frühstück und O-Saft zogen wir uns an und Peter schwang mich zwei Blocks vor das Museum. Allerdings begleitete er mich noch bis davor, wo wir uns verabschiedeten.
„Dann bis später mein Wandkrabbler", lächelte ich.
„Wie hast du mich genannt?" schmunzelte er amüsiert und zog mich zu sich zurück.
„Du hast mich schon verstanden, Parker", erläuterte ich und zog meine Augen ein wenig zusammen. Peter lachte nur auf, ehe ich mich von ihm zurückzog und mich in die Arbeit stürzen wollte. Kaum, dass ich im Gebäude war und mich angemeldet hatte, kam auch schon Marc auf mich zu.
„Miss Burke, heute mal pünktlich", zog er mich auf.
„Ihnen auch einen guten Morgen, Mr. Wellington", grüßte ich ihn freundlich zurück.
„Kommen Sie in mein Büro", zitierte er mich zu sich. Oh, oh, dachte ich mir. Ich folgte ihm ohne Widerrede. Zu allem übel war auch noch Dan mit dabei. Musste ich etwa mit ihm die Spinnen von Oscorp holen?
„Burke wird Sie heute zu Oscorp begleiten, Caruso." Ich schloß meine Augen. Auch das noch. Meinen Seufzer unterdrückte ich gekonnt.
„Alles klar, Chef", antwortete Dan freudestrahlend. „Sie haben doch kein Problem damit oder Burke?" Abgesehen davon, dass Dan ein schmieriger Kerl ist, der sich alles schnappen will, was nicht bei drei auf den Bäumen ist und er ein gewisses Damen-Schema besitzt, doch habe ich!
„Nein, Mr. Wellington", lächelte ich gekünstelt.
„Gut. Nach Ihren Mittagspausen fahren sie los. Und jetzt raus aus meinem Büro!", schmiss er uns raus. Wortlos verließen wir sein Büro.
„Und freust du dich schon, Burke", fragte mich Dan.
„Halt einfach den Mund, okay?", fuhr ich ihn freundlich an und setzte ein Lächeln auf.
„Heute wieder kratzbürstig unterwegs, was?", kicherte er. Tief Luft holen, sagte ich zu mir selbst. Nicht darauf eingehen, wollte ich mich beruhigen und ließ ihn stehen. „Wir sehen uns später, Burke", rief er mir hinterher. Gedanklich zeigte ich ihm den Mittelfinger, in der Realität jedoch behielt ich meine Contenance.
„Morgen Lieblingskollegin", hörte ich Celine rufen, die mich mitten im Foyer in ihre Arme schloss.
„Dein Morgen ist sicherlich besser als meiner", gab ich trocken zurück.
„Ach ja stimmt. Du musst heute ja zu Oscorp. Mit wem musst du fahren?", wollte sie neugierig wissen.
„Drei mal darfst du raten", entgegnete ich voller Begeisterung.
„Oh nein, nicht mit Dan?", sagte sie wehleidig.
„Heute ist wohl mein Glückstag", jubelte ich ironisch.
„Du schaffst das. Bisher hast du ihm immer deutlich zu verstehen gegeben, dass du dich nie für ihn interessiert hast." Und das wird auch künftig nicht passieren, weil ich schon vergeben bin. An keinen geringeren als Spider-Man, dachte ich.
„Ja. Klar", antwortete ich und riss mich wieder los um mich an die Arbeit zu machen. Bitte lass die Zeit langsam bis zur Mittagspause vergehen, dachte ich mir. Natürlich wurde ich enttäuscht. Schneller als ich schauen konnte, war ich mit Celine im Aufenthaltsraum und quatschte.
„Was hast du mit deinem Gesicht angestellt? Das ist mir heute morgen schon aufgefallen", wollte sie wissen, neugierig wie sie war. Wenn du wüsstest, dachte ich mir.
„Ich bin ausgerutscht mit einem Glas in der Hand", log ich ihr ins Gesicht, da ich ihr die Wahrheit ja nicht sagen konnte.
„Wie hast du das geschafft?"
„Das Rohr von der Spüle ist geplatzt und bin von der Pfütze ausgerutscht. Glück im Unglück", lächelte ich gespielt und durchlebte die Szenen von gestern erneut. „Sind nur oberflächliche Schnitte. Also sollte bis Mittwoch abgeheilt sein", fügte ich halbherzig hinzu. Eigentlich wollte ich jeden Blick auf die Uhr meiden, scheiterte jedoch kläglich am Vorhaben.
„Wir sehen uns dann später wieder", ließ ich sie wissen und trottete zu Dan, der bereits wartete.
„Na Burke", grinste er.
„Bringen wir es hinter uns", meinte ich monoton. Auf dem Beifahrersitz ließ ich mich nieder und gurtete mich an.
„Mitbekommen was gestern los war? War echt übel", wollte er mich in eine Konversation verwickeln. Kannst du laut sagen, dachte ich mir.
„Joa war krass", antwortete ich desinteressiert. Mein Blick war entsprechend aus dem Fenster gerichtet und mein Herz schlug mit jedem Meter, wo wir Oscorp näher kamen schneller. Eine halbe Stunde dauerte unsere Fahrt und mit leichten Bauchschmerzen stieg ich aus. Rein, Spinnen holen, raus. Dir kann gar nichts passieren, versuchte ich mich zu beruhigen. Angespannt betrat ich den Tower und meldeten uns am Empfang.
„Hallo. Sie sind vom American Museum?", fragte die schwarzhaarige freundlich.
„Richtig erfasst", brachte sich Dan wieder in den Flirtmodus.
„Hier links finden Sie ihre Besucherausweise. Mr. Barnes wird sie gleich abholen", teilte sie uns noch mit. Ich schnappte mir schnell einen Ausweis und stellte mich etwas abseits, da mir Dans Flirtversuche mehr als peinlich waren. Lange mussten wir auf jeden Fall nicht warten, den ein Jungspund kam schon auf uns zu.
„Würden Sie bitte die Barriere öffnen, Rebecca?", fragte er höflich, woraufhin sie seiner Bitte nachkam.
„Danke", bedankte er sich und führte uns zu den gläsernen Aufzügen.
Meine Anspannung wuchs mit jedem Stockwerk, welches wir unter uns ließen. „Alles okay bei Ihnen?", erkundigte sich unser Begleiter.
„Alles Bestens", log ich und setzte ein Lächeln auf.
„Sie hat Angst vor Spinnen", zog mich Dan auf wofür ich ihn gerne eine verpasst hätte.
„Oh. Sie können gerne draußen warten", bot er mir an.
„Solange die hinter Gläsern sind. Werde ich es überleben", kommentierte ich trocken und biss auf meiner Lippe herum.
„Zier dich nicht, Burke. Die sind harmlos", ließ mich Dan weiter auflaufen. Erzähl das mal Peter oder all den anderen, die durch Oscorp unsere Stadt angreifen, zürnte ich innerlich und schürzte meine Lippen.
„Ich kann Ihnen versichern, nach den Vorkommnissen hat Oscorp seine Sicherheit verschärft", wollte Barnes mich beruhigen. Eher das Gegenteil war der Fall. Entweder war er seinem Arbeitgeber so loyal über, dass er alles tun würde oder er war so naiv, dass er alles nicht glauben wollte.
„Wie beruhigend", war mein einziger Kommentar. Im 63. Stock öffneten sich die Türen und wir schritten heraus.
„Mach dich nützlich, Burke."
„Ich hab einen Vornamen, Caruso!" fauchte ich ihn an und wollte ihm beweisen, dass ich das schaffen konnte. Auch wenn der Ekel mich weiterhin begleitete.
„Sind Sie sich sicher?", fragte Barnes mit Besorgnis in der Stimme.
„Ja!", bekräftigte ich und versuchte meine Angst zu überspielen. Du bist gestern in ein Hochhaus gekracht, du schaffst das!, redete ich mir Mut zu.
„Bitte seien Sie vorsichtig. Die Theridion nigroannulatum ist ziemlich sensibel, was hohe oder schrille Töne betreffen", warnte er mich vor.
„Warum? Was passiert dann?", fragte ich nur um mich abzulenken.
„Bei Ultraschalltönen, verfallen sie in eine Art Schockstarre. Sie sind wie gelähmt für einen gewissen Moment. Wir Menschen können diese glücklicherweise nicht wahrnehmen, aber für diese Spezies, ist es nochmal um ein Vielfaches verstärkt."
Das ist absolut nicht beruhigend, dachte ich und sah ihn einfach nur an. Während er den Code für die Tür über das Touchpad eingab schloß ich meine Augen. Dass Dan draußen blieb, schmeckte mir absolut nicht und ein unruhiges Gefühl machte sich in meinen Magen breit.
„Können Sie bitte draußen warten?", fragte ich als wäre ich lebensmüde geworden.
„Das darf ich leider nicht, Miss", verweigerte Barnes meine Bitte. Ich gab keine Antwort darauf sondern betrat langsam und vorsichtig den Raum. Er war mit Blaulicht ausgeleuchtet und an den Wänden waren Schienen angebracht worden, sodass die Spinnen ihre Netze spinnen konnten. Was zum Teufel tu ich hier eigentlich?!, fluchte ich innerlich. Dennoch zwang ich mich nicht in Panik zu verfallen. Wir betraten einen Nebenraum wo unsere Spinnen bereits in einem Terrarium isoliert waren. Vorsichtig nahm ich es in die Hand. Unser Begleiter nahm ein zweites, mit den gleichen Exemplaren. Es waren kleine Spinnen, leicht Eierschalen Farben. Und trotzdem eklig!
„Rein platonisch gesehen, was würde passieren, wenn mich so ein Viech beißen würde?" wollte ich auf Nummer sicher gehen.
„Grundsätzlich kann Ihnen nichts passieren. In seltensten Fällen, können gebissene Personen Nasenbluten bekommen, Kopfschmerzen oder zu schwitzen anfangen. Aber nichts, was zur Besorgnis erregen sollte.", teile er mir munter mit.
„Ahja", tat ich kund. Wir betraten wieder den Vorraum, wo die Spinnen in Seelenruhe ihr Netz sponnen. Erst jetzt bemerkte ich, dass sie sich auch an der Decke befanden.
Als der Kerl seine Karte an den Sensor hielt, leuchtete dieser rot auf. Kein gutes Zeichen!
Allein dieser Moment versetzte mich in Schnappatmung.
„Kein Grund zur Panik, das haben wir sofort behoben", sprach er mir Mut zu.
„Soll das ein Scherz sein?", rief ich panisch.
„Ich habe alles unter Kontrolle", sprach er. Das seh ich wie du alles unter Kontrolle hast!, schrie ich innerlich. Warum war die Türe nicht aus Glas! So könnte man sehen, was hier im inneren passierte. In aller Ruhe stellte er das Terrarium ab. Mit zittrigen Händen tat ich es ihm gleich.
„Bewahren Sie bitte Ruhe!", bat er mich und kontaktierte den Sicherheitsdienst.
„Leichter gesagt als getan!", rief ich und tigerte auf und ab. Das war 100 % auf Dans Mist gewachsen.
„Der Sicherheitsdienst ist unterwegs", wollte er mich beruhigen.
„Die sollen sich etwas beeilen!", zischte ich ihn an und stolperte gegen einer der Terrarien und streifte mit meinem Arm die Wand, wobei sich etwas Haut abschürfte, und den Alarm in Bewegung setzte. Das auch noch, dachte ich verzweifelt und landete auf dem Hintern und knallte mit dem Kopf gegen die Wand.
„Aua", stieß ich aus und versuchte mich erstmal zu orientieren.
„Ist Ihnen etwas passiert?", fragte mein Begleiter besorgt.
„Alles gut", spielte ich runter und rappelte mich langsam wieder auf, wobei ein paar Spinnen auf mir krabbelten. Somit war es aus und ich schubste die Achtbeiner panisch von mir. Ich wollte hier raus und zwar sofort! Wie lange dauert es denn noch, fragte ich mich verzweifelt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich endlich die Türe. Erleichtert torkelte ich aus dem Raum. Mein Begleiter schaute erstmal, dass ich mich setzen konnte und wies Dan an, zu helfen. Zusammen brachten sie die Terrarien runter, während ich mich akklimatisierte. Ich versuchte mich zu beruhigen und atmete einige Male tief durch.
„Soll ich jemanden für Sie anrufen?", fragte er besorgt, aber ich schüttelte den Kopf. Der Mitarbeiter ließ mir ein Glas Wasser bringen welches ich dankend annahm. Sobald ich wieder ruhiger war, stand ich langsam auf und fuhr mit dem Aufzug wieder nach unten. Ich lehnte mich an eine Glaswand. Meine Augen waren geschlossen und wollte nichts mehr, als das der Tag endlich vorbei war. Nie wieder, schwor ich mir und könnte mich ohrfeigen. Ich fuhr mir mit der Hand vom Nacken über den Hals, als mich plötzlich etwas stach.
„Au!", rief ich und blickte in meine Handfläche, die jedoch leer war. War das eben nur Einbildung? Gott der Tag gehörte absolut nicht zu meinem Lieblingstag. Erneut seufzte ich auf und hoffte er möge schnell vergehen. Die Rückfahrt verlief schweigend, was ich sehr willkommen hieß. Dan fuhr zum Hintereingang wo die Terrarien ausgeladen wurden. Ich verzog mich direkt in den Aufenthaltsraum und trank etwas. Ich nahm mir einige Minuten Zeit, bevor ich die zweite Halbzeit meiner Schicht einläutete. Ich schmiss mir noch einen Traubenzucker ein und versuchte die restlichen 2 Stunden hinter mich zu bringen. Jetzt wo ich wollte, dass die Zeit verfliegen sollte, zog sie sich wie Kaugummi. Ich spürte mein Handy vibrieren und fuhr erstmal zusammen. Ich nahm es aus meiner Kleidtasche und blickte auf den Bildschirm. Es war eine SMS von Peter.

Peter:
Nachher essen? Wir zusammen?

Ich konnte nicht anders als zu lächeln und tippte eine Antwort.

Steph:
Sehr gerne. Nach dem Tag brauch ich Abwechslung.

Und das meinte ich tatsächlich so. Mit der Hand fuhr ich mir durchs Haar.
„Hey Steph, alles okay bei dir?", fragte mich Marc, als unsere Wege sich während der Schicht kreuzten.
„Ja. Ja alles bestens. War nur ein nervenaufreibender Tag", lächelte ich schwach und lief an ihm vorbei.
„Okay", antwortete er wenig begeistert und musterte mich aufmerksam. „Wenn du dich nicht gut fühlst, dann geh nach Hause", riet er mir.
„Die restliche Zeit schaff ich auch noch. Aber danke für deine Fürsorge", lächelte ich ein wenig. Überraschenderweise brachte ich die zwei Stunden hinter mich und ich fühlte mich zum ersten Mal erledigt. Ich war es eigentlich schon bei unseren Besuch bei Oscorp. Als ich die Treppen hinabstieg, sah ich Peter unten stehen der auf mich wartete.
„Hey", lächelte er.
„Hi", lächelte ich träge und legte meine Arme um ihn.
„Anstrengender Tag?", fragte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
„Weißt du eigentlich die Bedeutung dieses Kusses?", fragte ich und fühlte mich etwas besser.
„Welche denn?", grinste er amüsiert.
„Ein Kuss auf die Stirn bedeutet, dass derjenige der diesen Kuss vergibt, immer für die Person da sein wird, der den Kuss erhält."
„Oh", stieß er verwundert hervor.
„Lebenslänglich", ärgerte ich ihn ein wenig.
„Ich denke... ich denke damit komme ich klar", nickte er überzeugend.
„Das glaube ich auch", lächelte ich und legte meinen Arm um ihn.

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