POV Juliette
Am nächsten Morgen hat Chris mich noch im Bett gelassen, während er im Bad war und danach gleich in der Küche verschwand. Ich brauchte einen Moment, bis ich mich dazu überreden konnte aufzustehen, ebenfalls zuerst ins Bad zu gehen, damit ich anschließend zu Chris gehen konnte. In der Küche stand ich vorerst eine Zeit in der Tür und habe auf den Frühstückstisch gestarrt. Joghurt, Brot, Marmelade, eine Alternative zu Nutella und verschiedener Aufschnitt hatte er in Vegan besorgt...wegen mir. Normal war ich es immer gewohnt, dass andere es als total nervig empfanden und sich keine Sekunde damit auseinandersetzen wollten, was ich essen mag und was eben nicht. Und Chrissy hat es einfach so für mich getan.
Nachdem wir gemeinsame den Morgen begonnen haben, sind wir auch zusammen zur Halle gefahren. Ich hatte kaum eine andere Wahl, da ich kein Auto in Herford habe und zudem hatten wir beide auch genug noch zu tun, bevor wir abends beide wieder zu Chris' Wohnung fahren würden. Nach einem kurzen Abstecher in mein Büro, bin ich gleich zu den Anderen, vor allem Kyra und Levi, gegangen und habe mich selbst den Tag über dazu gebracht, seinen Namen nicht in den Mund zu nehmen. Und erstaunlicherweise war in der Zeit zwischen uns auch wieder alles ganz entspannt. Als wäre nie etwas gewesen. Wir haben zusammen geredet, gearbeitet und wieder die typischen Späße gebracht. Diese Stimmung musste erst dann kippen, als Chris mir zur Mittagszeit eine Nachricht geschrieben hatte, ob ich wieder einen Kaffee mit ihm in seinen Büro trinken will. Levi brachte von der Seite einen Kommentar von wegen »braucht der Chef seine Arbeiterin wieder, um auf andere Gedanken zu kommen« und würdigt mir dabei keines Blickes. Und die, die sie mir zeigte, hätten mich vermutlich umbringen sollen. Das war noch ein Grund mehr, dass ich mich von dort verzog und zu ihm ging. Dieses Mal blieb auch Andreas bei uns, aber da ich mich daran sowieso gewöhnen müsste, immerhin ist das der Bruder meines Freundes, habe ich die Kaffeepause dafür genutzt, eben auch den zweiten Chef und Anhängsel von Chris besser und von einer anderen Seite kennenzulernen. Nach der Pause ließ Levi mich mit Kyra allein und verschwand bis zum Abend, wo ich mit Chris wieder nach Herford fuhr, wodurch sie mich auch links liegen ließ. Und dieses Spiel wiederholte sich jeden Tag, wo ich am Morgen mit Chris hier ankam und abends wieder mit ihm wegfuhr. Das wird alles schon wieder werden. Ich muss ihr einfach nur beweisen, dass sie mir noch immer wichtig ist.
Die Pizza, die wir uns heute, eine Woche nach unserem ersten richtigen Date, selbst zubereitet haben, ist im Ofen und braucht noch an die 20 Minuten. In der Zeit will Chris schnell duschen und seinen Bart etwas kürzen, sodass er ins Bad gegangen ist und mich im Wohnzimmer allein zurücklässt. Wie an den vorherigen Tagen habe ich wieder seine Sachen zum Tragen bekommen und habe mich nach Tagen, wo ich mich immer wieder davor gedrückt habe, meinen Bruder auf WhatsApp im Videocall angerufen und stelle mein Handy gerade auf den Tisch gegen eine Kerze.
Baptiste: Kann sich meine kleine Schwester auch mal melden?"
Juliette: Entschuldige Baptiste. Irgendwie ist immer wieder etwas dazwischengekommen und ich wollte dich auch nicht so nebenbei abspeisen."
Er lässt sich im Wohnzimmer gerade in den Sessel fallen und muss darüber lachen, dass ich angeblich mal auf ihn Rücksicht genommen hätte. In Wahrheit fällt es mir einfach nur schwer ihn jetzt sofort die Wahrheit zu sagen.
Baptiste: Ich glaube dir, dass die Arbeit wieder viel Zeit in Anspruch nimmt. Die Tage über hatte ich auch viel mit Louis zu tun, der ist krank geworden."
Juliette: Oh, mon Dieu, geht es ihm gut?"
Baptiste: Auf den Weg der Besserung. Meine Frau ist Arbeiten gegangen, ich bin zu Hause geblieben und wir hoffen, dass er in den nächsten Tagen wieder zur Schule kann."
Juliette: Das hoffe ich auch."
Baptiste betrachtet mich sehr misstrauisch, schafft in mir nur noch mehr Unsicherheiten und bringt mich dazu, dass ich einen Moment von ihm wegschauen muss.
Baptiste: Aber du rufst ja nicht an, um über Louis zu reden."Ertappt schaue ich auf die Lehne des Sofas. Ich bin weder in meiner eigenen Wohnung, noch trage ich meine eigenen Klamotten und zudem weiß er ja, was in den letzten Wochen zwischen mir und meinem damals Fake-Freund abging. Er wollte ja unbedingt, dass ich mich wieder melde, wenn wir uns das erste Mal wieder gegenüberstehen mussten. Aber scheinbar hat er noch nicht verstanden, was Sache ist. Männer...
Juliette: Ne, natürlich nicht."
Nervös spiele ich mit meinen Händen rum, schaue mal zu Baptiste auf, dann wieder auf den Boden, erneut zu meinen Bruder, nur um danach auf meiner Lippe zu kauen und raus auf den Balkon zu blicken, wo rein gar nichts los ist. Ich will gerade wieder zu einem Satz ansetzen, als ich zur Seite schauen muss.
Chris: Findest du, dass das so geht, July?"
Noch nie hat es ihn interessiert, was ich über sein Aussehen denke! Aber natürlich muss er gerade heute diese Frage haben! Jetzt habe ich neben mir einen Chris stehen, der mich aber gar nicht beachtet. Nein, er starrt über den Bildschirm meinen Bruder an und mein Bruder starrt Chris an. In diesem Zimmer in Herford und in dem Zimmer in Lyon ist es totenstill, selbst das Atmen scheint zu laut. Die Sekunden, die verstreichen, fühlten sich noch nie so stundenlang an wie gerade jetzt. Keiner traut sich etwas zu sagen, sich zu bewegen oder seinen Blick vom anderen zu zerren. Ich will zu Chris was sagen, aber traue mich nicht und den Blick zu Baptiste zu richten, dafür fehlt mir erst recht der Mut.
Chris: Weißt du...ich mach einfach..."Als würde er sich selbst gerade einreden wollen, dass das der unangenehmste Moment in seinen Leben gewesen ist, geht er erst ein paar Schritte rückwärts, bevor er den Kopf schüttelt, leise etwas flucht und sich anschließend wieder im Badezimmer einschließt. Ja, das war für uns alle gerade mehr als unangenehm...
Mein Blick ist die ganze Zeit noch auf die geschlossene Tür gerichtet, hinter der sich Chris befindet und wird erst wieder zu meinem Bruder gerichtet, als dieser frech anfangen muss zu lachen. Ich selbst merke, dass ich vor Peinlichkeit rot werde und würde am liebsten das Telefonat wortlos beenden, aber Weglaufen ist hier nicht drin.
Baptiste: Deswegen warst du so verlegen und hast dich nicht gemeldet."
Was soll ich denn sagen? Spätestens jetzt sollte auch mein Bruder die Puzzleteile zusammensetzen können, um zu verstehen, was wirklich abgeht.
Baptiste: Habt ihr euch ausgesprochen? Hat sich alles geklärt?"
Juliette: Gleich am ersten Abend, nachdem wir uns wiedergesehen haben. Einiges muss die Zeit erst ergeben, aber das wichtigste ist erstmal geklärt."
Baptiste: Êtes-vous un couple?"
Juliette: Oui, j'aime Chris."
Baptiste: Ich weiß, dass du ihn liebst, aber empfindet er das gleiche?"
Mit einer unsicheren Körperhaltung steht eben er in der Tür zum Badezimmer, was er eben verlassen hat, um die letzten Gesprächsfetzen von mir und Baptiste zu verfolgen und bringt mich mit seinem verträumten Lächeln, was er mir zeigt, während er mich anschaut, ebenfalls zu einem glücklichen Grinsen.
Juliette: Ja, er zeigt es mir jeden Tag, immer wieder. Ich bin froh, dass ich Chris als Freund habe...
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Never Less Than a Lover
Fanfiction10: Du gibst mir wieder Mut 09: Du zeigst mir das Gefühl von Geborgenheit 08: Du bist der erste, der mich richtig verstehen kann... Alles, was Juliette und Christian miteinander verband, war ein endloser Deal und ein Geheimnis, was niemals ans Licht...