Kapitel 22

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Wincent
Die Wellen rauschen. Der Wind weht uns ins Gesicht. 16°C. Wir sehen aufs Meer. „Es ist fast wie zuhause. Nur schwappen hier die Wellen nicht über Felsen, sondern fließen friedlich über den Sand. Irgendwie wirkt hier alles friedlicher, wenn ich es mir so ansehe..findest du nicht auch?" fragt sie leise.
„Du hast recht. In Norwegen, hatte man das Gefühl, das Meer wolle uns etwas erzählen, es hat immer wieder gewütet. Hier ist es ganz friedlich. Fast zu friedlich. Ich vermisse Norwegen schon ein wenig."
3 Monate sind vergangen, seitdem wir Norwegen verlassen haben und den tiefen Winter hinter uns gelassen haben. Lübeck. 2500 km weg von Tromsø. ‚Wenn wir die Worte fehlen' soll in zwei Tagen, an die Öffentlichkeit kommen. Ein paar Fans haben sich auf Instagram schon angesammelt. Nachdem ‚Weihnachten zu zweit' im Radio lief, haben sich meine Follower auf den sozialen Medien, verdreifacht. Darauf geachtet habe ich nicht. In Norwegen kommt man auf andere Gedanken, als ein paar mehr Fotos zu posten. „Ich glaube unser Song könnte etwas großes werden. Und weißt du noch unser Plan?.." Frage ich. „Wenn er es in die Welt nach oben schafft, schreiben wir unsere Reime auf.." haucht Smilla in die kalte Ostseeluft hinein.
Genau. Wir schreiben ihre Reime, die sie mit Leif verfasst hat, in Songs. Vielleicht auch eine Art Poetry Slam, das man als eine Art Intro für ein Konzert nehmen könnte. An jedem einen anderen. An jedem etwas einzigartiges hinterlassen.
Bald ist auch schon das erste. Ich darf als Vorband auftreten. Ein paar Jungs haben sich auch schon gefunden, die mich musikalisch begleiten werden.
Am Himmel bilden sich immer größer werdende Wolken und wir treten langsam den Rückweg an. Weg vom Wasser, hinein in unsere beheizte Wohnung. Es ist immernoch kalt in diesem März. Feuerholz liegt noch immer fein säuberlich, zusammen gestapelt, neben unserem Kamin.
Smilla sitzt mit Artos zusammen, vor dem Feuer und ich lausche den Klängen, die sie mit der Gitarre erzeugt. „Ich weiß gar nicht, ob man ‚Weihnachten zu zweit' jetzt überhaupt spielen kann..wir haben März." erzähle ich die Worte die gerade zu in meinem Kopf zu explodieren scheinen, während sie die erste Strophe zu meinem Weihnachtshit, anspielt. „Na klar Wincent. Spiel jeden Song den du finden kannst. Greif nach den Sternen. Greif nach allem was du kriegen kannst. Du meintest doch damals, das du dich nicht magst, wenn du alleine bist..was ich daraus geworden? Hast du daran festgehalten und ein paar Zeilen weiter geschrieben?.." fragt sie.
Damals auf unserem Roadtrip. Als wir uns die Wale angesehen hatten, als wir Elchen beim fressen zugesehen haben und als wir in ihrem alten Bus, ein paar Melodien und Texte ausprobiert haben. Ich habe nicht daran festgehalten, weil ich dachte, das das eigene Konzert, noch so weit weg zu sein scheint. Doch das kommt schneller, als das ich in dieser kurzen Zeit, noch einen Song auf die Beine stellen kann.
„Ich hab nicht daran festgehalten..was ist mit Covern? Oder kommt das für angehende Musiker nicht gut, wenn man fremde Songs, als Voract spielt?.." Frage ich. Ich zerbreche mir den Kopf darüber, grüble vor mich hin. Ich pokere quasi mit einer nicht vorhandenen Karriere, um Erfolg und Misserfolg. Kann ich mich dafür entschieden und riskiere gleichzeitig, möglicherweise, für immer auf Coversongs, reduziert zu werden, oder spiele ich eigene Songs und werde damit bekannt.
Den ganzen Abend, überlegen Smilla, Aros und ich, welchen Weg ich einschlage. Welche Strategie am besten scheint. Das kann Smilla gut. Strategien vergleichen. Alles einmal auf eine Waage zu legen, um zu schauen was schwerer wiegt..das ist ihre Stärke..und meine? Was ist meine ?..

Wenn die Wellen toben / wincent weiss ff Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt