Kapitel 28

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Baptiste gibt mir zwischendurch immer wieder Updates, regt sich ab einen Zeitpunkt auch aktiv wieder über die Deutsche Bahn auf, weil sein Regionalzug nach Osnabrück jetzt schon meint, dass sie zu spät abfahren werden, aber immerhin ist der Flug ruhig. Chris und ich saßen gemeinsam eine kurze Zeit in der Küche, habe den ersten Kaffee zusammen getrunken, eine Kleinigkeit zum Frühstück gegessen und haben uns dann fertig gemacht. Während ich mich zuletzt noch im Schlafzimmer richtig anziehe, legt Chris sich im Bad die Haare noch ordentlich zurecht und wollte sich den Bart abrasieren. Ich wollte das nicht, aber meinem Bruder gegenüber wollte er ordentlich wirken.

Innerhalb einer Dreiviertelstunde sind wir mit meinem Auto anschließend von Bünde nach Osnabrück gefahren. Chris hatte mich während der Fahrt darum gebeten, dass ich ihm am Abend wieder zur Halle bringen soll, wo sein Auto steht, damit Baptiste und ich etwas mehr Zeit für uns hätten. Immerhin weiß er, dass wir einander selten sehen, wenig Zeit miteinander verbringen können, aber ehrlich, er hätte bleiben können.
Chris: Weißt du, wo du parken kannst?"
Ich hasse es, dass in dieser Stadt von jeder Seite immer wieder Fahrradfahre um die Ecke kommen und dass vor und hinter einem gestresste Busfahrer hocken, die einem keine Zeit lassen, sich einmal zu orientieren.
Juliette: Ich fahre einfach wieder ins Parkhaus am Bahnhof. Kostet zwar ein bisschen was, aber anders geht das gar nicht."
Chris: Ich kann mich eben um das Busticket kümmern, damit wir in die Stadt kommen."
Juliette: Wie du meinst."
Ich konzentriere mich darauf, dass ich sicher in dieses Parkhaus komme und einen Platz finde, wo wir vermutlich nicht gleich dichtgeparkt werden. Das Ticken packe ich zu meinem Handy und wir beide steigen dann aus dem Auto aus, wobei Chris auf den Weg zu den Bushaltestellen noch etwas versunken auf sein Handy starrt, sodass ich aufpasse, dass er nirgends gegen- oder jemand anderen umläuft.

Ein Blick in die App hat gezeigt, dass wir bis zum Neumarkt fahren sollen, was zwei Stationen sind und dann ist da die Einkaufsstraße. Auch wenn Niedersachsen keine Ferien mehr hat, es ist etwas voller als erwartet, aber da wir sowieso nicht so lange hier sein werde, ist das am Ende auch egal. Durch die Straße ziehen sich verschiedene Geschäfte, in zwei kleinen Läden kann ich mir noch etwas für die Wohnung besorgen, immerhin beginnt bald wieder die Weihnachtszeit und ein paar Lichterketten haben ausgedient. Chris blieb während der Zeit ruhig an meiner Seite und hatte irgendwann vorgeschlagen, als die Altstadt mit ihren kleinen Gassen vor uns lag, dass wir uns in das eine Café setzen und uns ein wenig aufwärmen können. Der Herbst kam dieses Jahr auch wieder zu früh.

Chris hat vor sich einen Kaffee und irgendein Stück Kuchen stehen. Ich hingegen nur einen Kaffee, weil mir die Bedienung leicht beschämt sagen mussten, dass sie keinen veganen Kuchen haben. Ich glaube, dass ich es weniger schlimm gefunden habe als sie. Während er gerade etwas von seinem Kaffee trinkt, schaue ich einmal wieder auf mein Handy, weil sich meine Uhr gemeldet hatte.
Baptiste: Wir sind jetzt in Düsseldorf los. In zwei Stunden bin ich dann bei dir.
Juliette: Alles klar.
Juliette: Gib dann Bescheid und wir kommen dich holen.
Ich hatte meinem Bruder zwar gleich im Vorhinein gesagt, dass Chris mit hier ist und dass wir ihn gemeinsam abholen werden. Allerdings schiebe ich das jetzt auf das einfache Deutsch von ihm und dass er es vergessen haben wird.
Chris: Alles gut?"
Die kleine Kuchengabel legt Chris wieder auf dem Teller ab, hebt seinen Blick wieder und schaut mich an, während ich das Handy wieder auf den Tisch ablege. Sollte etwas sein und Baptiste schreibt mir, will ich das mitbekommen und schnell antworten können.
Juliette: Baptiste ist jetzt im Zug nach Osnabrück und ist in zwei Stunden hier."
Chris zwingt sich ein Lächeln auf und will sich gleich danach wieder hinter seinen Kaffee verstecken, aber bevor er das machen kann, lege ich meine Hand auf seinen Arm, versuche ihn ruhig anzusehen.
Juliette: Warum hast du so eine Angst vor meinem Bruder?"
Er zuckt unwissend mit den Schultern, bringt ein verzweifeltes Lachen hervor, bevor er seinen Blick auf den Tisch senkt.

Meine Hand würde ich gerade wieder zu mir zurückziehen wollen, aber Chris greift vorher nach dieser, damit er sie weiterhin festhalten kann. Normalerweise zeigt er in der Öffentlichkeit sowas gar nicht gerne, aber anderes ist bei ihm wohl gerade präsenter.
Chris: Ich wurde ewig niemanden mehr vorgestellt, ich habe keine Ahnung, wie dein Bruder drauf ist, geschweige denn kann ich einschätzen, ob er mich halbwegs leiden kann, oder ob er mich von Beginn an gleich abstempelt unter »sollte auf keinen Fall mit meiner kleinen Schwester ausgehen« und das macht mich nervös."
Ich will gar nicht lachen, versuche es mit einem Schmunzeln abzuhaken, aber am Ende kommt doch ein leises Lachen über meine Lippen, wonach ich die Hand von Chris etwas drücke, damit er seinen Kopf wieder hebt.
Juliette: Lass es doch einfach auf dich zukommen und denk nicht bereits jetzt alles kaputt. Du hast doch selbst gehört, was Baptiste gesagt hatte, als wir vor Wochen telefoniert hatten. Du standest da im Hintergrund und hast mitgehört!"
Verlegen lacht er, schaut nochmal wieder runter auf unsere Hände und nachdem es zwischen uns einen Augenblick still geblieben ist, nickt er ein wenig.
Chris: Ich weiß ja, dass du recht hast. Tut mir leid, July."
Juliette: Es ist okay. Ich weiß auch nicht, wie das sein wird, wenn ich deine Familie richtig kennenlernen werde. Aber eines weiß ich, Chrissy."
Sein Grinsen macht mich glücklich und seine Sorgen sind für einen Moment vergessen.
Juliette: Mein Bruder hat keinen Einfluss auf das, was ich für dich empfinde, verstanden?"

Vermutlich würde er gerade lieber etwas anderes machen, aber Zuneigung in einem Café zu zeigen überschreitet doch ein wenig die Komfortzone von Chris, sodass er mich sanft anlächelt und nochmal wieder meine Hand drückt, sich dadurch nonverbal bedankt und anschließend wieder seinen Kuchen weiter isst. Anschließend schweifen seine Gedanken ein bisschen nach Berlin ab, zur nächsten Show, wo er ein bisschen mit mir drüber reden will und auch wenn er versucht das Thema mit Levi so ein bisschen wieder anzuschneiden, da habe ich gerade keine Nerven für. In der Gruppe haben sie gefragt, ob wir uns am ersten Dezemberwochenende treffen wollen und da habe ich Angst vor. Ich hoffe, dass das mit Levi und mir gehen wird. Aber bevor wir über irgendwas weiter nachdenken können, leuchtet mein Handy wieder auf.
Baptiste: Wir fahren gleich in Münster ein. Bin in 30 Minuten da...

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