Damit July nicht mit ihren Arbeitsklamotten bei mir sitzen muss, habe ich ihr mal wieder ein paar meiner Sachen aus den Schrank gegeben, sodass sie kurz duschen gehen und sich im Anschluss umziehen konnte. In der Zeit habe ich ihr mit dem, was ich zu Hause hatte und was für sie essbar ist, ihr irgendein Abendessen zusammengewürfelt, was ich mit ins Wohnzimmer genommen habe.
Als July aus dem Badezimmer kommt, trocknet sie sich mit einem Handtuch gerade noch ihre Haare, lässt ihren Blick zuerst noch in die Küche wandern, immerhin war ich da eben noch und das könnte sie gehört haben, aber dann schaut sie zu mir hin und lächelt etwas. Danach kommt sie zu mir, legt das Handtuch über die Lehne des Sofas, weil, wenn sie sich dagegen lehnt, wird das Sofa nicht nass.
Chris: Ich hatte für mich schon kaum was hier, daher musste ich improvisieren."
Juliette: Ich dachte heute morgen eigentlich auch noch, dass du am Abend wieder mit zu mir kommst und nicht, dass wir jetzt hier sitzen."
Ich habe bemerkt, dass sie es etwas belustigt rüberbringen wollte, aber dagegen spricht ihre Betrübte Art, die sie vor mir verstecken will. Dafür schaut sie mich nicht an, lenkt ihren Blick auf den Boden und nimmt sich ein Stück von dem, was auf den Teller vor ihr liegt.
Chris: Worüber hattet ihr geredet, bevor ich dazugekommen bin?"
Juliette: Eigentlich über nichts. Ich hatte sie gefragt, warum sie so ist, Levi meinte, dass ich mich nur anstelle, dass rein gar nichts los ist und das hat mich genervt."
July steigert sich oft recht schnell in sowas rein, daher wird sie gerade auch alles dafür tun, dass sie sich eben jetzt zurückhalten kann. Ich hingegen versuche ruhig zu sein, sie nicht weiter zu nerven und einfach für sie da zu sein.
Chris: Und wie soll ich dir helfen?"
Juliette: Ich brauche dich gerade einfach. Levi lügt mich an. Zwischen uns ist es nur so kompliziert, wenn du, dein Name und sonst irgendwas von dir im Raum ist. Sie ist eifersüchtig wegen dir und behandelt mich deswegen so."Bevor sie weiter reden würde, nimmt sie endlich den ersten Bissen und lässt sich danach gegen die Lehen und das Handtuch fallen, lässt ihren Kopf kurz in den Nacken fallen und seufzt genervt.
Juliette: Warum war sie so anders, als wir ein halbes Jahr so getan haben, als wären wir zusammen? Da war alles gut zwischen uns."
Chris: Da hast du mich aber auch in der ersten Woche vor der Crew zusammengefaltet wegen Kyra, hast wenig über mich geredet und generell haben wir erst zum Ende hin mehr Zeit verbracht. Und: Ich war ein feiger Wichser, der dich hat sitzenlassen."
Darüber kann sie immerhin jetzt ein wenig lachen, dreht ihren Kopf leicht in meine Richtung, sodass ich auch wieder das leichte Lächeln auf ihren Lippen sehen kann. Ich habe es auch lieber, wenn sie lächelt, als wenn sie sich den Kopf zerbricht wegen Levi oder sonst etwas, was nicht lösbar ist.
Juliette: Stimmt auch wieder. Vielleicht sah es da noch so aus, dass das mit uns sowieso nicht lange laufen würde und dann hätte sie ja wieder eine Chance gehabt. Auch wenn sie immer meint, sie könnte dich nicht leiden...naja, das konnte ich zu Beginn ja auch nicht."
Eigentlich wäre das der Zeitpunkt, wo ich etwas gegen sagen sollte, wo ich July verklickern sollte, dass ich denke, dass Levi eigentlich an etwas ganz anderes denkt. Das will sie sowieso nicht hören.
Juliette: Alles gut, Chrissy?"
Da ich mich aber verdächtig verhalten habe, setzt sie sich wieder auf und schaut mich fragend an. Ich hingegen lächle nur und schüttle leicht den Kopf, bringe sie auch wieder zum Grinsen und bin froh, es abgewendet zu haben.
Chris: Ach...nicht wichtig..."Ja, Levi ist immer dann genervt, wenn es um mich geht. Wenn July über mich redet. Wenn sie eine Nachricht von mir bekommt. Wenn sie bei mir war. Oder jetzt, wenn ich dazwischen gehe, wenn Levi ihr die Wahrheit sagen will. Aber entgegen dem, was July wahrnimmt, bemerke ich die tödlichen Blicke, die mir Levi immer wieder zuwirft, wenn ich bei ihr in der Nähe bin. Ich glaube, sie ist nicht genervt, dass sie über mich redet, sondern dass sie über mich redet. Levi ist eifersüchtig, aber ich denke nicht auf die Art und Weise, wie es July gerade wahrnimmt oder wahrnehmen will.
Für den Augenblick scheint July das Thema zur Seite schieben zu wollen, isst wieder etwas vom Mischmasch auf ihren Teller, bevor es kurzzeitig so wirkt, als wäre sie in Gedanken versunken, bis sie wieder zu mir sieht.
Juliette: Können wir noch kurz über etwas anderes reden?"
Chris: Natürlich. Was ist los, July?"
Das erste Mal merke ich die Nervosität, wenn die Freundin fragt »können wir miteinander reden«, wenn man selbst nicht weiß, worüber. Eigentlich dachte ich, dass auch unsere kurze Auseinandersetzung vergessen ist, aber vielleicht doch nicht?
Juliette: Du hattest vorhin einfach nur etwas gesagt...dass du dich noch dran gewöhnen müsstest, dass du mit einer französischen Latina zusammen bist und ich weiß, dass du das wegen meiner Art gesagt hast, die ich halt an mir habe, aber...es ist halt auch ein Stereotyp, der von vielen immer wieder auf viele Südländer projiziert wird."
Chris: Ich habe da gar nicht weiter drüber nachgedacht..."
Natürlich erinnere ich mich daran, immerhin habe ich es mir in der Halle auch gedacht. Diese ruhige Art von Levi gegen das Temperament meiner Freundin, keine gute Kombi. Ich dachte mir nichts dabei, aber wenn sie es jetzt anspricht, hat sie recht.
Chris: Du hast recht, es tut mir leid. Irgendwie...ich weiß ja, dass du so von deiner Art bist und irgendwie...war dumm von mir."
Juliette: Ich bin dir auch nicht böse, Chris."Ein Stück näher rückt sie an mich heran und greift dabei auch vorsichtig nach meiner Hand. Einen Augenblick schaut sie darauf hinab, bevor wir uns wieder ansehen, als sie ihren Kopf wieder anhebt.
Juliette: Ich weiß, dass du es nicht so meintest und irgendwie ist das so eine Grauzone, die ich persönlich auch nicht schlimm finde. Du hast ja auch recht, ich habe ein anstrengendes Temperament, aber...weil das in meiner Art liegt und nicht weil ich Latina bin."
Chris: Danke, dass du mir das sagst. In der Hinsicht kann ich auch noch eine Menge lernen."
Juliette: Ich glaube, dass jeder irgendwelche Vorurteile und Stereotypen im Kopf hat, von denen man sich nur schwer lösen kann. Auch ich habe die. Aber es ist immer gut, wenn man drüber reden und weiter lernen kann und will."
Ich lächle, bevor ich auch nicke. Über manche Dinge denkt man gar nicht so viel nach und erst später merkt man dann, dass es falsch aufgefasst werden kann, auch wenn man es gar nicht möchte.
Chris: Darf ich dich etwas dummes fragen, July?"
Juliette: Dumme Fragen gibt es nicht, man kann sie aber dumm stellen."
July drückt meine Hand etwas fester, bringt mich daher auch wieder dazu, dass ich zu ihr sehe und mitbekomme, dass sie sanft lächelt.
Juliette: Zu fragen, ob ich Familie außerhalb von Europa habe, ist berechtigt. Es aber so zu stellen, von wo ich eigentlich herkomme und dass ich keine Französin sein kann, das ist wiederum falsch und dumm."
Chris: Siehst du dich selbst als Latina?"Daraufhin ist sie erstmal still, aber ich habe nicht das Gefühl, dass sie es macht, weil ich eine Grenze überschritten habe, sondern weil sie nicht weiß, was sie da spontan drauf antworten kann und soll. Stattdessen hält sie meinen Blick kurz stand, senkt ihn danach auf unsere Hände und streicht mit ihren Fingerspitzen danach über meinen Arm, als sie meine Hand losgelassen hat.
Meine freie Hand, über deren Arm sie gerade nicht streicht, lege ich unter Julys Kopf, damit ich sie dazu bringen kann, wieder zu mir zu sehen. Dabei sehe ich, dass sie überlegt und ein wenig schmunzeln muss.
Juliette: Gute Frage Chrissy...ich habe da nie drüber nachgedacht."
Ich lache ein wenig und nehme meine Hand auch wieder zu mir, lasse sie in Ruhe und warte auch geduldig darauf, dass July ihre eigenen Gedanken erstmal ordnet und darüber nachdenken kann, bevor sie mir versuche kann es zu erklären.
Juliette: Innerlich weiß ich, dass ich zu Hälfte Französin und zur anderen Latina bin. Genetisch kann ich das nachvollziehen, aber...ich habe dazu keine Verbindung. Ich habe in meinem Leben noch nie Europa verlassen, ich kenne meine Familie aus Brasilien gar nicht, mein Vater hatte nie darüber geredet."
Kurz hält sie inne, seufzt danach einmal und greift nach einem Stück Apfel, was ich mit dazugelegt hatte, weil ich weiß, dass sie das immer gerne isst, und richtet ihren Blick danach wieder zu mir hin.
Juliette: Ich persönlich sehe mich als Französin, die in Deutschland lebt. Mittlerweile habe ich auch eine größere Bindung an dieses Land als an meine Heimat. Ich meine...hier ist mein Leben, meine Arbeit, meine Freunde...die Person, die ich liebe..."
Verlegen lächelt sie mich an, als ich einen Moment darüber lachen muss. Aber schnell merkt sie, dass ich das mache, um meine unangenehme Stille zu verstecken, die ansonsten wieder aufkommen würde.Auch wenn es zu Beginn nicht geplant gewesen ist, July blieb die folgenden Tage immer bei mir. Wir fuhren zwar zusammen zur Arbeit, aber sie blieb auch so lange, bis ich gehen konnte. Ihr Auto hatte sie auf den Hof stehenlassen, arbeitete die meiste Zeit in ihrem Büro, auch wenn Levi sich die Tage über dazu gemeldet hatte, dass sie von zu Hause aus die Pläne beenden würde. Ich habe mir keinen Kopf darüber gemacht und habe die Zeit genutzt, dass ich das Date mit July ordentlich planen konnte. Wir waren zusammen in Herford eislaufen und waren danach in einer kleinen Bar, bevor wir zu mir gegangen sind und die die letzte Nacht, bevor der Stress vor der Premiere wieder beginnt, zusammen genossen haben...
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Never Less Than a Lover
Fanfiction10: Du gibst mir wieder Mut 09: Du zeigst mir das Gefühl von Geborgenheit 08: Du bist der erste, der mich richtig verstehen kann... Alles, was Juliette und Christian miteinander verband, war ein endloser Deal und ein Geheimnis, was niemals ans Licht...