Kapitel 1: Der Aufbruch

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Die Sonne schob sich mühsam über den Horizont, als die ersten Strahlen des Tages das kleine Dorf Las Fincas in ein sanftes, goldenes Licht tauchten. Es war ein Anblick, der einst Frieden und Hoffnung gebracht hatte, doch heute lag eine unheilvolle Stille über den Straßen. Der Wind wehte leise durch die verlassenen Häuser, in denen vor Monaten noch das geschäftige Treiben des täglichen Lebens zu spüren gewesen war. Nun waren die Fensterläden geschlossen, und die Türen verriegelt, als ob die Bewohner versuchten, sich vor der drohenden Gefahr zu verstecken.

In der Mitte des Dorfes stand eine alte, steinerne Kirche, deren Glocke lange nicht mehr geläutet hatte. Auf den Stufen saß ein Mann in schlichten, aber robusten Kleidern. Er trug einen abgewetzten Rucksack auf dem Rücken und eine Pilgerstab aus Holz in der Hand. Sein Gesicht war von der Sonne gegerbt und seine Augen zeugten von einer Reise voller Entbehrungen und Gefahren. Sein Name war Jakob, und er war ein Pilger, der eine weit größere Mission hatte als eine bloße spirituelle Reise.

Vor Monaten war der Virus ausgebrochen, der die Menschen in willenlose Kreaturen verwandelte, die nur von einem unstillbaren Hunger getrieben wurden. Die ersten Berichte waren aus entfernten Städten gekommen, doch bald hatte sich die Krankheit überallhin ausgebreitet. Dörfer und Städte fielen wie Dominosteine, und das Chaos breitete sich schneller aus, als man es hätte eindämmen können. Doch es gab Gerüchte, flüchtige Geschichten von einem Heilmittel, versteckt in den Überresten einer alten, längst vergessenen Zivilisation.

Jakob war kein Wissenschaftler, kein Krieger, sondern ein einfacher Mann des Glaubens und der Überzeugung. Doch er war auch ein Mann mit einem unerschütterlichen Willen und einem klaren Ziel: das Heilmittel zu finden und die Menschheit zu retten. Seine Reise hatte ihn durch verwüstete Städte und verlassene Landschaften geführt, stets auf der Suche nach Hinweisen und Überlebenden, die ihm helfen konnten.

An diesem Morgen war er wieder bereit, seinen Weg fortzusetzen. Er stand auf, richtete seinen Rucksack und blickte ein letztes Mal auf das Dorf zurück. „Möge Gott über euch wachen," murmelte er leise und wandte sich dann entschlossen gen Osten, dorthin, wo die Gerüchte das Heilmittel verorteten.

Jakobs erster Anlaufpunkt war die Stadt San Pedro, eine einst blühende Metropole, die nun in Trümmern lag. Auf seinem Weg durch die dichten Wälder und über steinige Pfade fand er Spuren anderer Überlebender: ein ausgebranntes Lagerfeuer, vergessene Habseligkeiten, und manchmal sogar Warnzeichen, die vor den Untoten warnten. Er wusste, dass die Reise gefährlich war, doch es gab kein Zurück.

Während er einen besonders dichten Wald durchquerte, hörte er plötzlich ein Geräusch. Ein Rascheln, gefolgt von einem tiefen, kehligem Knurren. Jakob erstarrte, griff fest um seinen Pilgerstab und spähte in die Schatten. Aus dem Unterholz brach eine Gestalt hervor, ein Zombie, dessen Augen ins Leere starrten und dessen Mund blutverschmiert war. Ohne zu zögern, holte Jakob aus und schlug mit aller Kraft zu. Der Untote taumelte und fiel, doch Jakob wusste, dass dies nur der Anfang war.

Mit einem leisen Gebet auf den Lippen setzte er seinen Weg fort, wachsam und entschlossen. Er wusste, dass jede Minute zählte und dass irgendwo dort draußen das Heilmittel auf ihn wartete. Er war bereit, alles zu riskieren, um es zu finden und die Menschheit vor dem Untergang zu bewahren.

Jakob war mehr als nur ein Pilger; er war die letzte Hoffnung in einer Welt, die an den Rand der Verzweiflung getrieben war. Und so begann seine Reise, ein Weg voller Gefahren und Herausforderungen, aber auch voller Hoffnung und Glauben an das Gute.

SchattenpilgerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt