6 - Palast, Schwimmhalle

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Nicolas van Garde beobachtete, wie die Dame im Pool ihre Bahnen zog. Er lächelte schmal, als er sich vom Türrahmen abstieß und in die Wärme der Schwimmhalle trat.

„Du bist ein wahrer Sonnenschein", frotzelte er, als sie zur Begrüßung eine unschickliche Geste mit der Hand machte. Er ließ sich auf eine der Holzliegen fallen, die das Becken säumten, trank einen Schluck von ihrem Cocktail und begann zu husten.

„Was ist das denn?"

René de Chirouelle-Avalinis kam an den Rand des Pools geschwommen und drückte sich aus dem Wasser hoch. Muskeln spielten unter perfekter Haut.

„Wer?", fragte Nico und hielt ihr den viel zu starken Cocktail hin.

René nahm ihm das schlanke Glas ab und trank.

„Meine Mutter", verzog sie mit vom Alkohol rauer Stimme das Gesicht, als dieser ihre Geschmacksnerven in Brand setzte, „hat Wind von dem Generälchen bekommen."

Nico runzelte die hohe Stirn und lehnte sich auf der Liege zurück, als wäre sie die purpurrote Chaiselongue in seiner Suite.

„Das ist ewig her", überlegte er.

„Das musst du mir nicht sagen. Ich weiß noch auswendig, mit wem ich schlafe."

Sie streckte einen Arm aus und er verdrehte die Augen, reichte ihr aber ein Handtuch.

„Also ist der Lady d'Avalinis jetzt aufgegangen, dass ihre Tochter nicht mehr zwölf ist? Was für eine Erkenntnis."

„Sterne, sie hasst mich."

Er versuchte die Sache positiv zu sehen: „Immerhin wird sie dann erst einmal damit beschäftigt sein Cassian zu bespitzeln."

„Sie hätte mehr als genug Spitzel, um dir gleichzeitig das Leben zur Hölle zu machen."

„Ich bin gespannt, ob sie mich überraschen kann."

Sie strich sich eine feuchte Strähne aus den Augen und steckte sie in den Dutt zurück.

Er stellte ungefähr zum fünfzigsten Mal diese Woche fest, wie schön sie war.

„Was willst du wirklich?"

Er verzog als Antwort auf ihre Frage gespielt leidend das Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ronberg? Wirklich?"

René seufzte, hob abwehrend eine manikürte Hand, stand auf und machte einen eleganten Kopfsprung in den Pool. Er fluchte, als die Wassertropfen seine teueren Schuhe trafen und wartete, bis sie wiederauftauchte.

„Komm schon, dachtest du, ich finde es nicht heraus?"

„Ich hatte gehofft, dass ich betrunkener wäre, wenn du damit ankommst."

Er warf einen prüfenden Blick zur Minibar hinüber. Deren Zustand sprach für sich.

„Du hast Ronberg flachgelegt?", hakte er unbeirrt nach, während er mit hinter dem Rücken verschränkten Händen am Pool entlang spazierte, „Den Gärtner?"

Sie war auf der gegenüberliegenden Seite an den Rand geschwommen und streckte ihm die Zunge heraus.

„Ich hab schon eine Mutter, danke der Anfrage", wehrte sie ab und hob den Zeigefinger, als er etwas entgegnen wollte, „Und ich hoffe du bist nicht wirklich der Illusion anheimgefallen, dass ich aufhöre mich umzusehen, wenn wir verheiratet sind."

„Falls dein verschollener Verlobter nicht zurückkehrt, bevor die Freier deine Mutter langweilen."

„Versteht sich."

Skythief - Gefallene Sterne [2024 Version]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt