„Was sagst du?", fragte Finja. Sie tranken Espresso und beobachteten, wie Cress Cye sich vor dem Wintergarten in den Schatten eines Olivenbaums schleppte und sich dort zusammenrollte. Nico schüttelte den Kopf, den Blick auf den Rücken seines neuen Projekts geheftet.
„Felix hat sehr bald schlapp gemacht, da dachte ich kurz, sie wird misstrauisch."
Finja setzte sich auf ihre Eckbank und schlug die Beine übereinander. Sie hatte Dokumente über den Tisch verteilt und gearbeitet, während er den Hausgeist ausgeflogen hatte.
„Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen."
„Ich lobe ungerne Menschen, die ich nicht mag."
„So gleich?", fragte Finja. „Hat sie dein Boot gefunden?"
„Nein, aber sie ist viel besser, als ich dachte. Ich denke sogar, sie würde den Abstieg alleine schaffen, wenn sie's drauf anlegt. Ist danach noch ein Drittel der Strecke zurückgeschwommen. Das ist keine Kleinigkeit. Für keinen von uns und sie kommt aus den Narben."
Die Richterin nickte.
„Sie ist einigermaßen in Form, weil sie in ihrer Position als Schatten Zugang zu genug Essen, Wasser und medizinischer Versorgung hatte, war Juans These. Es war das, was sie gerettet hat. Sich an das obere Ende der Nahrungskette vorzukämpfen."
Der alte Juan war der Leibarzt der Arete Familie. Er hatte die Farblose nach ihrer Ankunft zusammengeflickt. Es war ein Risiko gewesen, aber eines, das sie eingehen mussten, wenn sie nicht den Tod der Diebin auf dem Gewissen haben wollten.
„Gut ist relativ, es könnte besser sein. Aber sie ist trotz allem ein Biest. Wenn er mir einen Monat geben würde, dann könnte ich sie wirklich gut in Form bringen."
„Wir haben keinen Monat. Du denkst, man kann ihn mit ihr absteigen lassen?"
„Ich weiß nicht wie gut Julians Kondition in den Kolonien geworden ist. Aber wenn ich daran denke, wie er mit achtzehn war – dann sind sie sich beinahe ebenbürtig. Und damit meine ich, beide sind angsteinflößend."
Finja hatte vergessen, ihren Espressolöffel wieder aus dem Mund zu nehmen, weil sie nachdachte. Zum Sprechen tat sie es letztendlich:
„Du glaubst nicht, dass sie irgendetwas vermutet?"
Cress Cye hatte sich auf die Seite gewälzt und war auf dem Gras eingeschlafen. Nicholas fragte sich ganz kurz, ob er zu hart zu ihr gewesen war, verwarf den Gedanken aber sofort wieder.
„Ich glaube, sie hat keine Ahnung, wie viel sie kann."
„Vielleicht hat sie es verdrängt, um sich zu schützen. Oder ist nie bis an die Grenzen gegangen. So weit können Eigen- und Fremdwahrnehmung nicht auseinanderklaffen."
„An die Grenzen gebracht hast du sie auf jeden Fall", kommentierte Arete. „Falls sie mir in den Garten kotzt, bist du Schuld."
„Das hat sie schon erledigt."
„Ich lasse Juan noch einmal nach ihr sehen. Nicht, dass du deinen Kopf verlierst, weil du sie kaputt gemacht hast."
„Glaub mir", murmelte Nico. „So schnell geht sie nicht kaputt."
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Skythief - Gefallene Sterne [2024 Version]
Научная фантастикаIn den Narben, tiefen Schluchten am Rande der Hauptstadt eines Imperiums in der Zukunft, ist Cress Cye als rechte Hand eines Verbrecherfürsten gefürchtet. Die alten Monster, die dort in den Tiefen leben, kennt sie gut. Doch als eines davon so viel S...