Kapitel 14

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Oberon
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Gegen Abend war alles gepackt, die wenigen Sachen, die die Elfen besaßen, waren ordentlich verstaut worden und standen bereit neben der Tür, genauso wie Oberons. Auf der einen Seite war es traurig, zu wissen, dass die beiden Geschwister kaum Habseligkeiten hatten, die sie ihr Eigen nennen konnten – auf der anderen war es tatsächlich ein großer Vorteil. Ohne ein zweites Pferd oder einen Karren würden sie die Stadt nicht einmal ansatzweise so schnell hinter sich bringen, wie Oberon es sich gewünscht hatte.

Das alles war ein wenig zu voreilig und ungeplant gewesen. Leider konnte er daran nichts ändert, seine Entscheidung war längst gefallen. Wenn er die beiden mitnehmen wollte, dann musste es in dieser Nacht passieren – bevor jemand ihnen auf die Schliche kommen könnte. Dann würde alles schwieriger werden.

Und länger bleiben? Unmöglich. Je näher der Vollmond rückte, desto einfach war es, sie selbst in der Nacht zu verfolgen. Außerdem wollte er keinen einzigen Tag länger hier bleiben, selbst wenn das weiche Bett und die warmen Mahlzeiten ein Segen und eine Wohltat zugleich waren. Das Bad würde er ebenfalls vermissen. Jedoch hasste er den Gestank der Stadt so sehr, dass er nicht länger bleiben wollte als nötig. Es hatte schließlich nur eine Nacht mit einer hübschen Frau im Bett sein sollen – keine Flucht mit zwei Hurenkindern.

Verzaubert von der kleinen Ofelia, die seiner Frau so sehr ähnelte, konnte er nicht anders. Die beiden mochten äußerlich völlig verschieden sein, doch charakterlich erinnerte die Elfe Oberon immer wieder an seine Geliebte. Aurora hatte eine schöne, zarte Stimme gehabt, mit der sie ihre Kinder in den Schlaf gewiegt hatte. Vermutlich war der Fae der schönen Ofelia deshalb direkt verfallen. Sie hatte Gefühle und Erinnerungen in ihm geweckt, die er tief in sich begraben hatte. Eine durch und durch gefährliche Frau.

Und dann war da noch Serefin. Oberon nahm ihn nicht mit, weil er wusste, dass Ofelia ohne ihn nicht mitkommen würde. Auch er hatte den Fae um seine Finger gewickelt. Schon früher hatte Oberon eine seltsame Faszination für die Elfen gehegt. Sie irgendwie bewundert. Serefin erinnerte ihn an einen Elfen, der einst im Palast gedient hatte. Eine alterslose Gestalt, die Oberon in der Magie unterrichtet hatte, als er noch ein kleiner Junge war. Was mit ihm passiert war, wusste er jedoch nicht. Vielleicht hatte er damals fliehen können – oder er wurde als Serefin wiedergeboren.

Bei dem Gedanken breitete sich ein Grinsen auf seinen Lippen aus. Das wäre ein seltsamer Zufall. Und noch seltsamer wäre es, dass Oberon und Serefin miteinander geschlafen hatten.
»Wieso grinst du so?«, fragte der junge Elf, worauf Oberon den Gedanken ganz schnell verbannte. Nur, weil die beiden rote Haare hatten und Elfen waren, musste es keinerlei Verbindung geben. »So erfreut darüber, dass du bald von hier weg kannst, dass du mir nicht einmal mehr zugehört hast?« Belustigung schwang in der Stimme des Elfen mit, als er sich neben Oberon auf das Bett setzte.

»Ich war am überlegen, wie wir unbemerkt alles in den Stall bekommen, ohne unnötig Lärm zu machen. Es soll schließlich niemand wach werden und etwas mitbekommen«, erklärte Oberon, dann ließ er sich rücklings in die Matratze sinken. »Und dann sind meine Gedanken irgendwie abgedriftet, ohne, dass ich eine Lösung dafür gefunden habe.«

Serefin rutschte zu ihm, schwang kurzerhand sein Bein über Oberon und setzte sich einfach dreist auf seinen Schoß.
»Hättest du mir bloß zugehört«, neckte der Elf ihn, während er von oben herab zu ihm blickte und nun seinerseits grinste. »Aber du träumst stattdessen mit offenen Augen.«
Oberon packte Serefins Hände und zog ihn zu sich, dann raunte er ihm ins Ohr: »Nicht so frech, kleine Elf.«
»Sonst was?«, fragte er kichernd. »Du stehst drauf, gib es zu.«

Blut & SeideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt