Kapitel 29

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Arranoas spitzer Schrei echote zwischen den Bergwänden und ließ Khione leicht zusammenzucken. Voller Vorfreude sah sie auf das Tal, das sie mittlerweile ihr Zuhause nannte. Endlich waren sie von ihrem Kontrollritt zurück. Sie war erleichtert, dass es keinerlei Probleme noch Anzeichen von Sheikahs gab. Inständig hoffte sie, dass es den Winter über ruhig blieb.

Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen betrachtete sie Pah Koha, das sich in den drei Wochen farblich verändert hatte. Die Felder rund um die Burg waren braun und der Wald war kahler. Dafür schmückten bunte Blätter den Boden. Das fahle Licht der Sonne brachte den leichten Nebelschleier über den Wiesen zum Leuchten. Khione fand den Augenblick bezaubernd.

Ein Husten hinter sich ließ sie einen Blick über die Schulter werfen. Schon seit Tagen kämpfte Sabah mit einer anbahnenden Erkältung, die rasch an Intensität zugenommen hatte. Laut Pahra war sie zwar auf dem Weg der Besserung, doch Khione würde sie bitten, sich nach ihrer Rückkehr wirklich auszuruhen. Wenn es nötig wäre, würde sie sogar auf Sabah aufpassen, damit diese im Bett blieb.

Khione legte ihre Unterschenkel an Sakaris Bauch und trieb sie neben Makhah, der wie ein Denkmal auf Denali saß und in das Tal hinabsah. „Freust du dich, wieder zuhause zu sein?", fragte sie leise. Er war in den letzten Tagen mürrischer als sonst und das beunruhigte sie. Sie war sich sicher, dass ihn etwas bedrückte.

„Ja", sagte er knapp und atmete tief ein. Dennoch schien er mit den Gedanken weit weg zu sein.

„Stimmt etwas nicht?", fragte Khione vorsichtig.

„Alles ist in Ordnung", brummte Makhah und sobald Arranoas Schrei erneut die Luft erfüllte, trieb er seinen Hengst an.

Ganz überzeugt von seinen Worten war Khione nicht. Nachdenklich sah sie ihm hinterher und seufzte leise. Was war nur in ihn gefahren?

„Dir es gehen gut?", fragte Sabah plötzlich neben ihr. Seit dem Morgen glitzerten ihre Augen fiebrig und Khione sah, wie Makhahs Schwester zitterte.

„Mir schon, aber dir nicht", meinte sie nüchtern. „Sobald wir in der Burg sind, ziehst du dich zurück und ruhst dich aus", befahl sie sanft auf arakisch und verhinderte mit erhobener Hand einen Protest. „Sabah, ich schätze deine Gesellschaft und deinen Eifer, doch mit Fieber ist nicht zu spaßen. Ich möchte, dass du erst wieder der Arbeit nachgehst, wenn du völlig genesen bist. Mir liegt dein Wohlergehen am Herzen", sagte sie ernst. Und Makhahs ... aber das sprach sie nicht aus.

Zuerst sah es aus, als würde Sabah sich weigern, doch dann ließ sie ihre Schultern hängen und nickte. „Ja, Shihara. Du dennoch sagen, wenn etwas brauchen?", fragte sie hoffnungsvoll.

„Sobald du gesund bist. Keine Sorge, ich komme zurecht", versprach Khione lächelnd. Daraufhin setzte Sabah einen Hundeblick auf, der sie fast erweichen ließ, doch sie blieb standhaft. Es tat ihr leid, Makhahs Schwester so abzuwimmeln, aber ihre Gesundheit hatte Vorrang. „Je früher du wieder auf den Beinen bist, desto eher kannst du der Arbeit nachgehen."

Die Aussicht schien Sabah aufzuheitern. Ihr trauriger Blick verebbte und als einige an ihr vorbeiritten, trieb Khione ihre Stute an. „Komm, wir sollten uns beeilen."

Mit einem Nicken reihte sich Sabah hinter ihr ein und die kleine Kolonie begann den engen Bergpfad hinunterzureiten. Durch den Regen in der vergangenen Nacht war er rutschig und Khione achtete akribisch darauf, Sakari dicht an der Bergwand zu halten. Auf dem halben Weg bemerkte sie jedoch, wie das Tier von selbst dortblieb und sie entspannte sich. Warum machte sie sich überhaupt Gedanken? Sakari kannte die Strecke und besaß wie alle Pferde der Arakis ein feines Gespür. Das schob Khione auf ihre gute Ausbildung.

Gelassen saß sie auf der Stute und als sie den kleinen Wald durchquerten, sog sie gierig die würzige, erdige Luft ein. Das brachte einige Erinnerungen in ihr hoch, doch anstatt ihre Laune davon trüben zu lassen, strahlte Khione mit der Sonne um die Wette. Eine kribbelnde Gänsehaut zog sich über ihren gesamten Körper, sobald sie an ein paar Stellen Pilze und Kräuter entdeckte. Schon jetzt freute sie sich, mit Pahra und Sabah sammeln zu gehen. Natürlich erst, wenn Sabah gesund war.

Araki - Krieger des NordensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt