Kapitel 28:

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»Misaki Hashiwara. Meine Enkelin! Willkommen in deiner Familie.« rief mein Großvater aus und trat auf mich zu.
Er grinste auf diese Art, als wäre ich ein Stück Gold. Ein Ding, wertvoll, aber ohne persönlichen Wert.
Instinktiv krallte ich mich noch fester an Hikaru, der den Kopf gesenkt hielt, um meinem Großvater Respekt zu erweisen.
Nicht das er diesen verdiente.
Tatsächlich hatten alle Männer, um uns herum ihre Köpfe gesenkt. Die vorderen zwei Paare hinter uns, waren sogar auf ein Knie gefallen, als wollten sie ihm einen Heiratsantrag machen.
Die Vorstellung belustigte mich ein wenig.

Mein Großvater deutete meinen Anflug eines Lächelns allerdings völlig falsch und deutete zu meiner Hand auf Hikarus Arm.
»Wie ich sehe, wurdest du sicher hierher geleitet. Und? War Yukana-kuns Gesellschaft so angenehm wie Satoru Gojos?«
Ich verengte meine Augen zu zwei schmalen Schlitzen, während mein Herz bei dem Klang seines Namens diesen furchtbaren Sprung machte, der mich immer wieder daran erinnerte, wie sehr ich ihn wiedersehen wollte.
Er liebt dich nicht.

Über die letzten zwei Wochen hatte ich mir diese Worte stets als Mantra wiederholt, doch immer wenn ich auch nur an seinen Namen dachte, kam all das wieder hoch.
Ich wollte ihn sehen. Ihn anfassen. Ihn küssen, bis ich keine Luft mehr bekam. Ich wollte, dass er meine Gefühle erwiderte und jedes Mal wachte ich aus diesem Tagtraum auf und war gebrochener, als jede meiner blöden Rippen.
Aber keine Bemerkung dieses Monsters würde mich dazu bringen auf der Stelle zusammenzubrechen, wie ein nasser Sack. Niemals.
»Ich denke leider nicht, dass du Satoru extra dafür herbitten würdest, nur um mich die wenigen Meter vor deine Haustür zu bringen.« erwiderte ich schneidend.
Auch wenn es die schönsten vier Meter meines Lebens wären...

»Hm, wohl kaum.« stimmte mein Großvater mir zu und sein Grinsen wurde einen Hauch schmaler.
Mir war aufgefallen, wie bekannt der Name „Satoru Gojo" unter den Jujuzisten war. Und die meisten in dieser Familie erfüllte dieser Name nicht unbedingt mit Freude. Sogar Hikaru zuckte bei seiner Nennung leicht zusammen und schielte zu mir hoch.
»Wie Schade.« murmelte ich nur und drehte den Kopf zu meiner Großmutter. Jedenfalls ging ich ihrem Aussehen nach davon aus. Wir besaßen die gleichen Augen und außerdem hatte ich die seltene Gewissheit, dass mein Großvater nicht jeden so nah an seiner Seite stehen ließ.

»Und wer sind Sie?« fragte ich dennoch, denn tatsächlich wusste ich weder ihren, noch den Vornamen meines Großvaters.
»Ich denk' das weißt du schon, Hashiwara Kind.« entgegnete sie scharf mit einer kehligen Stimme, wie jemand, der viel rauchte und fixierte mich so, dass ich in der Sekunde ihren Respekt verlor (nicht das ich ihn je gehabt hätte), sollte ich auch nur mit den Augen zucken. Ihr Auftreten war beinahe furchterregender, als das meines Großvaters.
»Meine Großmutter.« sagte ich ohne sie aus den Augen zu lassen.
»Richtig, aber du willst wohl eher Namen, nehm' ich an. Tsutoki-« Sie deutete auf meinen Großvater, dann auf sich. »-und Yoko Tooru, aber bleib ja formell, Kind. So nah stehen wir uns nicht.«
»Ich habe nichts dagegen „Großvater" genannt zu werden.« meinte dieser allerdings und schaute lächelnd zu mir, als wäre ich fast freiwillig hier.
»Das macht dich alt.« schnaubte Yoko Tooru und ich war ein wenig überrascht, wie sie mit ihm redete... und wie er sich das gefallen ließ. Hatte er doch ein Herz? Für ein zweites Monster? »Außerdem kenn' ich sie gar nicht. Sie sieht nicht mal aus wie Akito, also was auch immer du von ihr willst, mit mir hat sie nichts zu tun.«
Irgendwas sagte mir, dass wir hervorragend miteinander auskommen würden.

»Nun du hast sie gehört, Enkelin.« Selbst er gab sich nicht mal die Mühe mit dieser Frau zu streiten. »Da wir die Vorstellung nun hinter uns haben, lass doch bitte Yukana-kun los und komm in mein Arbeitszimmer.«
Da ich darauf schon wartete, seit wir auf dieses Grundstück gefahren waren und ich sicherlich in keiner Position war abzulehnen, folgte ich seiner einladenden Geste ohne den geringsten Protest.
Er selbst schritt voran und sein blöder Gehstock klopfte in einem stetig, schaurigen Rhythmus auf der Holzterasse auf, je näher wir kamen.
Yoko Tooru-sama ging mit einigem Abstand hinter uns her, bis wir das Haus betraten, ebenso wie Hikaru und ein weiterer Mann mit schwarzem Vollbart.
Von innen sah es genauso traditionell und teuer aus, wie schon von außen. Über die Fenster waren schwere Vorhänge gehangen, einige geöffnet andere geschlossen, und erzeugten so ein eher dämmerliches Licht, was vorteilhaft auf die dunklen Möbelstücke fiel. Selbst bei dieser Größe könnte ich mich in etwas besserer Gesellschaft sicherlich wohlfühlen, aber bis dahin lag noch ein langer Weg.
Ein schier endloser um genau zu sein.

Nur ein Mensch (Satoru GojoxOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt