Die schleichende Dunkelheit

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Die Tage vergingen in einem unaufhörlichen Rhythmus aus Sorgen und Pflichten für Yuka. Während sich Aoi immer mehr in die Schlossgemeinschaft einfügte und die Schwestern des Prinzen ihre Beziehung zu ihr vertieften, war Yuka damit beschäftigt, sich den Verdächtigungen und Gefahren zu stellen, die ihn umgaben.

Sein Alltag war zu einem mühsamen Kampf geworden, in dem er seine Zeit damit verbrachte, Berichte zu studieren und Verdächtiges zu überprüfen. Er schloss sich oft in seinem Arbeitszimmer ein, um die Berichte der Wachen und Informanten zu durchforsten, die ihm täglich überreicht wurden. Mit jeder neuen Information wuchs sein Gefühl der Bedrohung und die Last auf seinen Schultern. Der Durst nach Blut, der ihn ohnehin quälte, wurde durch seine Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse nur noch schlimmer.

Es war spät in der Nacht, und Yuka saß an seinem Schreibtisch, umgeben von einem Berg an Papieren. Die Kerzen waren fast vollständig heruntergebrannt, und die Schatten in seinem Zimmer schienen lebendig zu werden. Sein Gesicht war blass und angespannt, seine roten Augen glühten matt vor Erschöpfung.

„Noch ein Bericht..." murmelte er, während er sich eine weitere Akte vornahm. Seine Hand zitterte leicht, als er die Papiere durchging, und es war offensichtlich, dass er sich schwer konzentrieren konnte. Er konnte kaum glauben, wie viele Berichte in den letzten Tagen eingegangen waren, jeder von ihnen schien einen weiteren Schatten auf die bereits düstere Situation zu werfen.

Plötzlich klopfte es an der Tür, und ohne auf eine Antwort zu warten, öffnete sich die Tür. Seine Mutter, die Königin, trat ein. Ihr Gesicht war von Sorge und Zorn gleichermaßen gezeichnet.

„Yuka," begann sie mit einer Stimme, die sowohl liebevoll als auch streng klang, „ich habe dich seit Stunden nicht mehr gesehen. Was machst du hier?"

Yuka sah von seinen Papieren auf und versuchte ein müdes Lächeln. „Ich arbeite, Mutter. Es gibt so viele Berichte, die ich überprüfen muss. Es scheint, als ob überall Bedrohungen lauern."

Die Königin trat näher und legte eine Hand auf seine Schulter. „Du musst dich um dich selbst kümmern, mein Sohn. Du kannst nicht ewig arbeiten, ohne dich um deine eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Hast du überhaupt etwas gegessen oder geschlafen?"

Yuka schüttelte den Kopf und sah verlegen auf den Tisch. „Ich... ich habe es vergessen. Es gibt einfach zu viel zu tun. Ich kann nicht aufhören, bis ich herausgefunden habe, was hier vor sich geht."

Die Königin seufzte und nahm ihm die Papiere aus der Hand. „Du musst deine Kräfte bewahren. Du kannst uns nicht helfen, wenn du dich selbst zerstörst. Komm mit mir, wir gehen essen und du wirst dich auch ein wenig ausruhen."

Yuka wollte protestieren, doch seine Mutter ließ ihm keine Gelegenheit dazu. „Ich kann es mir nicht leisten, dass du dich aufreibst. Aoi und die anderen brauchen dich, und du musst stark bleiben."

Widerstrebend stand Yuka auf und folgte seiner Mutter in die große Küche des Schlosses. Es war ein prunkvoller Raum, der von warmem Licht erhellt wurde. Der Duft von frisch zubereitetem Essen lag in der Luft, und obwohl Yuka sich kaum danach fühlte, machte der Anblick des Essens ihn hungrig. Die Königin setzte sich ihm gegenüber und sah ihn aufmerksam an.

„Iss, Yuka," befahl sie sanft, während sie ihm einen Teller mit verschiedenen Delikatessen vorsetzte. „Es ist wichtig, dass du deinen Körper stärkst, auch wenn dein Geist von Sorgen und Arbeit gequält wird."

Yuka nahm eine Gabel und begann mechanisch zu essen, während seine Gedanken noch bei den Berichten lagen. „Danke, Mutter. Ich... ich werde mein Bestes tun."

Die Königin nickte zufrieden und nahm ebenfalls einen Bissen. „Es ist auch wichtig, dass du dir Zeit nimmst, um dich zu entspannen. Du wirst nicht helfen können, wenn du dich selbst aufzehrst."

Als er schließlich fertig gegessen hatte, führte die Königin ihn in sein Schlafzimmer, wo sie ihm befahl, sich hinzulegen. „Du wirst jetzt schlafen. Ich werde sicherstellen, dass du nicht gestört wirst."

Yuka wollte erneut protestieren, doch seine Mutter war unnachgiebig. Er legte sich schließlich müde ins Bett, und bevor er es realisierte, war er bereits in einen tiefen Schlaf gefallen.

In der folgenden Woche setzte sich das Muster fort. Yuka war bemüht, seine Arbeit mit dem gleichen Eifer fortzusetzen, doch seine Mutter sorgte immer wieder dafür, dass er regelmäßige Pausen machte und sich um seine eigenen Bedürfnisse kümmerte. Die Berichte wurden nach wie vor untersucht, aber Yuka musste sich immer wieder zurückziehen, um sich zu erholen.

Eines Nachmittags, als er gerade aufwachte, kam Aoi in sein Zimmer. Sie sah ihn mit besorgten Augen an und setzte sich auf die Bettkante.

„Yuka, du siehst erschöpft aus," sagte sie sanft. „Ich habe gehört, dass du wieder bis spät in die Nacht arbeitest. Es tut mir leid, dass du dich so belastet fühlst. Vielleicht kann ich dir helfen?"

Yuka setzte sich auf und versuchte ein Lächeln. „Das ist nett von dir, Aoi, aber es gibt so viele Dinge, um die ich mich kümmern muss. Es gibt viele Berichte über mögliche Bedrohungen, und ich habe das Gefühl, dass ich nichts übersehen darf."

Aoi nahm seine Hand und sah ihm tief in die Augen. „Ich verstehe, dass du dich um uns alle sorgst, aber du musst dich auch um dich selbst kümmern. Wir brauchen dich stark und gesund. Wenn du Hilfe brauchst, sei es durch das Durchsehen der Berichte oder etwas anderes, lass es mich wissen."

Yuka nickte dankbar, obwohl er sich innerlich schuldig fühlte. „Ich werde es in Betracht ziehen. Aber zuerst muss ich sicherstellen, dass wir auf alles vorbereitet sind. Ich kann es mir nicht leisten, einen Fehler zu machen."

Aoi schüttelte den Kopf. „Du machst dir zu viele Sorgen. Wir alle wissen, dass du alles tust, um uns zu schützen. Aber du kannst nicht alles allein bewältigen. Lass uns zusammenarbeiten."

In den folgenden Tagen begann Aoi, ihm bei der Durchsicht der Berichte zu helfen. Sie war beeindruckt von seinem Engagement und seiner Intelligenz, konnte aber auch sehen, wie sehr ihn die Situation belastete. Zusammen gingen sie die Berichte durch, und Aoi brachte eine neue Perspektive ein, die oft half, die Situation klarer zu sehen.

Als Yuka eines Abends wieder einmal spät arbeitete, klopfte es an der Tür, und seine Mutter trat ein. Sie sah ihn mit einer Mischung aus Zorn und Besorgnis an.

„Yuka, du hast schon wieder die ganze Nacht durchgearbeitet," sagte sie mit scharfer Stimme. „Ich habe dir gesagt, dass du Pausen machen musst."

„Ich weiß, Mutter," erwiderte Yuka müde. „Aber ich kann nicht einfach aufhören. Es gibt so viele Gefahren, und ich kann es mir nicht leisten, einen Fehler zu machen."

Die Königin setzte sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Du bist kein Maschinenwesen. Du brauchst Ruhe und Nahrung, um klar denken zu können. Es gibt immer noch Zeit, um alles zu überprüfen. Du musst dir selbst auch etwas Zeit lassen."

Yuka seufzte und schloss die Augen. „Vielleicht hast du recht. Aber es ist so schwer, die Kontrolle zu behalten, wenn alles so chaotisch ist."

„Du musst lernen, das Chaos zu akzeptieren und nicht von ihm überwältigt zu werden," sagte seine Mutter sanft. „Du bist stark, aber auch du hast Grenzen. Denke daran, dass wir alle hinter dir stehen und dir helfen wollen."

Während Yuka sich immer wieder bemühte, die Fäden in die Hand zu bekommen, wurde ihm klar, dass er nicht alles allein bewältigen konnte. Er musste lernen, Hilfe anzunehmen und die Unterstützung seiner Familie zu akzeptieren, um sowohl sich selbst als auch die Menschen, die er liebte, zu schützen.

In den stillen Momenten, wenn er allein war, dachte er oft an Aoi und die freundliche, entschlossene Art, wie sie ihm half. Es war eine Erinnerung daran, dass, obwohl die Dunkelheit ihn umgab und der Durst ihn quälte, er nicht allein war. Es gab Hoffnung und Unterstützung, die ihm halfen, den Weg durch die schleichende Dunkelheit zu finden.

Der Vampirprinz, der EntführerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt