Vielleicht ist es diese Analogie zu seinen geliebten Pflanzen, die ihn wenige Tage später davon überzeugt, Maybells Bitte zu folgen. Womöglich sind es aber auch die vorwurfsvollen Worte seiner Großmutter, die den Beigeruch seiner neuen Wäschezauber nicht leiden kann.
»Lavendel, ausgerechnet«, seufzt sie. Dabei riecht alles, was sie anfasst, wie Mottenkugeln. Anstatt das zu sagen, beißt er sich auf die Zunge. Egal wie gerne er erklären würde, dass Professor Flitwick ihn vor der ganzen Klasse für diesen Zauber gelobt hat. »Dein Vater hasst diesen Geruch«, fährt Augusta trotzdem fort. »Ich frage mich wirklich, woher du diese komischen Vorlieben nur immer nimmst.«Er schaut auf seine Zehenspitzen, obgleich er die nicht mehr sieht, denn seine Augen brennen fürchterlich. Wie schnell Oma ihren Stolz aus den letzten Sommerferien vergessen hat. Wohin all die Aussagen darüber, dass er also doch seines Vaters Sohn ist? Mutig, ein Held?
»Oh Merlin, du wirst doch nicht etwa heulen deswegen? Es ist nur Wäsche!«
Selbst das Kopfschütteln fällt ihm schwer.
»Ach Neville, Kind, nimm dir das doch nicht so zu Herzen!« Augusta tappt ihm kräftig auf die Schulter und er wünscht, der weiche Teppich würde ihn verschlingen. »Versuch dich das nächste Mal einfach an einem anderen Geruch. Das wirst du doch hinbekommen, wenn du so gut bist, wie Filius behauptet?«
»Ich mag es aber so ... ich hab lange dafür geübt ...«
»Ach ja?«
Er hört den Unglauben. Er weiß, wie seine Großmutter gerade die perfekt gezupften Augenbrauen hochzieht und den Mund spitzt. Er wünscht, er wüsste es nicht. Trotzdem haucht er ein leises »Ja«.
»Nun, ich mag es nicht. Du wirst deiner alten Omi zuliebe doch wohl einen Kompromiss eingehen können? Wie wäre es statt Lavendel mit Zedernholz? Das mag dein Vater schließlich so gerne.«Die Worte bringen seinen Bauch zum Brodeln. Er fühlt sich direkt in Professor Snapes Kellerräume versetzt. Auch dann brodelt es selten in seinem Kessel, aber immer in seiner Magengegend. Und jetzt passiert das, was er sonst das ganze Jahr vermeidet: Er kocht über. »Tut mir leid, dass ich so eine Enttäuschung bin«, stößt er gepresst hervor. »Aber weißt du was? Vielleicht will ich gar nicht wie mein Vater sein. Ich kenne ihn ja nicht einmal!«
Bevor Augusta reagieren kann, dreht er sich um und stürmt die Treppe hoch – in das Zimmer, das nicht mal wirklich sein Zimmer ist, schließlich hat dieser Fremde namens Frank Longbottom es vor ihm bewohnt. Vielleicht hat er es nie ganz verlassen. Die dunklen Eichenmöbel sind jedenfalls seine, genauso wie die blau gestreifte Bettwäsche und die alten Bücher voller Heldengeschichten.
Der Mottenkugelmuff ist allgegenwärtig. Nicht mal die Ausdünstungen von Nevilles Mimbulus Mimbletonia – der gerade in der Teenagerphase ist – können ihn übertünchen. Da soll noch einer sagen, Lavendel sei schwer erträglich.
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Das Oneshot-Denkarium
Hayran KurguWie sagte schon Albus Dumbledore? Neugier ist keine Sünde. Drum taucht in das Denkarium ein und werdet Zeugen verschiedenster Geschichten aus Hogwarts und Drumherum! Erlebt den Anbeginn des ersten Zaubererkriegs, begleitet Todesser und Ordenshelden...