Seine kleine Rebellion bleibt nicht unbemerkt, doch unbesprochen. Entgegen seinen Befürchtungen erwartet Augusta ihn nicht mit Vorhaltungen. Als er heimkommt, sitzt sie alleine im Wintergarten und spielt Zauberschnippschnapp gegen sich selber.
»Die werte Maybell hat es sich nicht nehmen lassen, mich auszulachen«, seufzt sie, als sei damit alles gesagt. »Schön, dass du wenigstens früher als prophezeit zurückgekommen bist.«
Ein Blick auf die Uhr verrät ihm, dass es nicht mal ganz neun ist. Jeder andere fände das wahrscheinlich früh, was sich auch daran gezeigt hat, dass der Tropfende Kessel sich in der letzten halben Stunde vor seinem Aufbruch rasant gefüllt hat. Er mag gar nicht lügen: Wäre es so gemütlich wie am Nachmittag geblieben, würde er vielleicht immer noch in der Nische sitzen und Hannah an der Arbeit hindern. Ihre Geschichten über die Welt der Muggelmusik haben jedenfalls deutlich mehr Reiz als dem Ticken der Standuhr zu lauschen.Augusta seufzt noch einmal und legt ihr Kartenblatt vor sich ab. »Gib mir Zeit, um mich an den Lavendelgeruch zu gewöhnen, ja? Es ändert sich gerade schon genug.«
Ihm fällt keine Antwort ein. Womöglich hat er alle Worte für heute bei Hannah ausgegeben. Seine soziale Energie ist jedenfalls auf einem kritischen Niveau angekommen. Es reicht gerade noch für eine kurze, aber ebenso energische Umarmung seiner Großmutter, ehe er sich direkt ins Bett begibt.Die nächsten zwei Tage ringt er mit sich, ob der Schritt aus seiner Komfortzone einmalig bleiben soll oder ob er nicht viel lieber Hannah wiedersehen will. Sie hat ihm immerhin angeboten, dass er im Tropfenden Kessel jederzeit willkommen ist. Er ist nur nicht sicher, ob das reine Nettigkeit ist. Dean ist manchmal so jemand, der schlecht »Nein« zu anderen sagen kann und er will nie wieder dieses Gefühl bekommen, sich irgendwem aufgedrängt zu haben, der eigentlich alleine mit seinem besten (vielleicht eher festem) Freund um den Schwarzen See spazieren wollte.
Maybells Porträt seufzt jedes Mal lauter, wenn er auf der Treppe an ihr vorbeischleicht, und das sollte im Grunde Antwort genug sein. Trotzdem hört er erst auf sie, als sie ihm ein gemaltes Knäuel Wolle hinterherwirft, das in einem Landschaftsgemälde im Erdgeschoss eine Herde grasender Einhörner aufschreckt.»Neville Longbottom, worauf wartest du eigentlich?« Maybells Schrei ist so laut, dass man es wahrscheinlich auch noch am See im Garten hört.
Schuldbewusst zieht er seine Schultern hoch.
»Was immer du neulich unternommen hast, es war gut für dich. Du sahst richtig zufrieden aus. Und jetzt willst du dich wieder selber hier einsperren?«
»Nein.« Er bohrt seinen Daumen in die zusehends dünner werdenden Fasern seines Ärmelsaumes. »Ich will nur nicht – ich will Hannah nicht überfordern. Sie hat immerhin Arbeit und nicht den ganzen Tag Zeit, mich zu bespaßen.«
»Oh Schätzchen ...« Maybell seufzt. Zum ersten Mal seit Jahren verlässt sie ihren Rahmen und traut sich auf die Wiese mit den Einhörnern. Anstatt ihr Wollknäuel vor deren Begutachtung zu retten, kommt sie näher auf ihn zu. »Du bist wirklich zu sanft für diese Welt.« Sie sieht aus, als würde sie ihm am liebsten durchs Haar streichen. »Warum fragst du deine – wie hieß sie noch? Hannah? – nicht einfach ob sie dir sagen mag, wenn es wirklich zu viel wird? Mit Vermutungen wirst du nicht weit kommen. Ich merke, Augusta hat dir das nie beigebracht, aber Kommunikation, mein Schatz, Kommunikation ist der beste Weg.«
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Das Oneshot-Denkarium
FanfictionWie sagte schon Albus Dumbledore? Neugier ist keine Sünde. Drum taucht in das Denkarium ein und werdet Zeugen verschiedenster Geschichten aus Hogwarts und Drumherum! Erlebt den Anbeginn des ersten Zaubererkriegs, begleitet Todesser und Ordenshelden...