Kapitel 42: Belagerung von Schnellwasser

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Am nächsten Morgen standen bereits kurz nach Sonnenaufgang tausende von Soldaten, Berittene, Fußsoldaten und Bogenschützen, vor den Toren der Burg. 8000 Mann aus Lannishort und Casterlystein, die Menge, die Haus Lannister ohne Vasallen in unter einer Woche mobilisieren konnte. Jeder von ihnen war bestens ausgebildet, jedes ihrer Schwerter hatte eine frisch geschliffene Klinge, jeder Speer und jeder Pfeil hatte eine scharfe Spitze. Die Helme und Rüstungen waren frisch poliert, sodass das Rot in der Morgensonne regelrecht strahlte. Der einzige, der aus der Gruppe herausstach, war Bronn, der sich seit der Schlacht am Schwarzwasser als Ser Bronn vom Schwarzwasser vorstellen konnte. Der ehemalige Söldner stand nun im Dienste der Lannisters, wofür man ihn vorerst nur durch Versprechen entlohnte.

„Lyanna, Julen. Ich werde euch Ser Garret und die Hausgarde hierlassen, nur für den Fall. Wenn alles gut geht, werde ich in einigen Wochen wieder zurückkommen", verabschiedete sich Jaime von seiner Frau und seinem Sohn, bevor er sich auf sein Pferd schwang und durch das Löwentor zu den Soldaten ritt.

Dann begannen sie zu marschieren. Lyanna hatte noch nie erlebt, wie so viele Menschen sich auf einmal im Gleichschritt bewegten. Es war laut, denn man hörte nicht nur jeden Schritt, sondern auch das Rascheln der Rüstung, als sich die 8000 Mann immer weiter von der Burg entfernten, bis sie nicht mehr zu sehen waren.

Wie angekündigt blieb Ser Garret mit einer aus 250 Mann bestehenden Hausgarde zum Schutz von Lyanna und Julen und zur Verteidigung der Burg im Notfall zurück, wobei die Lage von Casterlystein und die Baukunst der Burg ausreichten, um Angriffen Stand zu halten.

Während Lyanna noch immer auf eine Nachricht aus dem Tal von Arryn wartete, hatte sie einen anderen Einfall, der Jaime mit Schnellwasser und dem Schwarzfisch helfen konnte. Dafür brauchte sie aber die Unterstützung von König Tommen, weshalb sie sofort einen Raben nach Königsmund schickte. Würde Tommen ihr Vorhaben unterstützen, könnte das auch für Sansa und Jon hilfreich sein.

Fünf Tage später bekam sie die erhoffte Antwort aus der Hauptstadt, weshalb sie einer der Zofen befahl, leichtes Reisegepäck für sie und Julen vorzubereiten. Am selben Tag erklärte Lyanna Maester Creylen noch zum Kastellan von Casterlystein, bevor sie mit Julen selbst nach Schnellwasser ritt. Ser Garret, dem die ganze Sache überhaupt nicht gefiel, begleitete sie nur unter Protest. Mit Tommens Nachricht im Gepäck und ohne Wägen, die sie verlangsamen würden, sollten sie etwa ein bis zwei Tage nach der großen Armee noch rechtzeitig Schnellwasser erreichen.

Und so war es auch. Nach langen Ritten und kurzen Pausen erreichten sie Schnellwasser, die Burg, auf der Lyanna vor 22 Jahren zur Welt kam. Sie war unzähligen Zelten umgeben, die meisten davon waren rot, einige wenige hingegen braun. Vor den Burgtoren baute man Belagerungsgeräte, wie Schleudern oder Triböcke, welche die meisten Mauern schnell zu Fall bringen konnten. In einem beachtlichen Umkreis um die Burg Schnellwasser waren Späher postiert, weshalb es nicht lange dauerte, bis Lyanna, Julen und Ser Garret entdeckt wurden.

„Wer seid ihr und was wollt ihr hier?", fragte einer der Kundschafter, der auf sie zugeritten kam.

-"Mein Name ist Ser Garret und das ist Lyanna Lannister, die Lady von Casterlystein", antwortete der Ritter.

-"Ihr braucht uns nicht anzukündigen, bewacht lieber das Lager", fügte Lyanna hinzu, woraufhin die zwei Soldaten zur Seite wichen.

Ser Garret führte Lyanna durch das schlammige Lager, bis sie zwei bekannte Gesichter sahen. Podrick und Bronn schienen zwischen den Zelten miteinander zu kämpfen. Als sie Lyanna bemerkten, hörten sie jedoch auf. Lyanna schwang sich vom Pferd, ließ Julen aber sitzen und drückte Ser Garret die Zügel in die Hände.

„Ist er da drinnen?", fragte sie auf eines der Zelte zeigend.

Als Podrick nickte, holte sie eine kleine lederne Tasche aus ihrem Reisegepäck und betrat das Zelt. Dort diskutierte gerade Brienne mit Jaime, als sie hineinkam.

„Lyanna? Was tust Du hier? Es ist hier viel zu gefährlich für Dich!", unterbrach Jaime verblüfft sein Gespräch.

-"Ich habe möglicherweise eine Lösung, die uns allen gefallen könnte", behauptete Lyanna, woraufhin sie die Tasche öffnete, die kleine Schriftrolle und deren besser lesbare Abschrift hervorzog.

„Der Schwarzfisch wird seine Heimstadt nicht einfach hergeben, schon gar nicht an die Freys. Deshalb habe ich Tommen einen Vorschlag gemacht, den ich mit seiner Erlaubnis auch dem Schwarzfisch unterbreiten werde."

Sowohl Brienne als auch Jaime wurden hellhörig. Brienne war hier, um in Sansas Auftrag ihren Großonkel um Unterstützung zu bitten. Dafür hätte er von Jaime sogar sicheres Geleit bis zur Eng erhalten, doch wie Jaime selbst feststellen musste, konnte der Schwarzfisch genauso stur sein, wie seine eigene Frau. Eine friedliche Lösung, wie sie Lyanna anbot, konnte also auch für ihn von Vorteil sein.

„Wenn der Schwarzfisch die Burg friedlich und ohne weiteren Widerstand an die Freys übergibt, so erhält Walder Frey Schnellwasser und alle dazugehörigen Titel und Ländereien als Lehen auf Lebenszeit. Danach verleiht die Krone Schnellwasser und alle dazugehörigen Titel und Ländereien an Julen aus dem Hause Lannister, Sohn des Jaime Lannister und der Lyanna Stark.", las sie vor.

-"Das wird den Freys nicht gefallen und ich glaube auch nicht, dass Du den Schwarzfisch davon überzeugen kannst", bemerkte Jaime, wobei ihm Brienne zustimmte.

„Es muss ihnen nicht gefallen. Wenn sie sich weigern, muss ich nur einen Barden mit einem Lied auf die Zwillinge schicken und er wird es annehmen, wenn ich ihn davon überzeugen kann und er und seine Männer danach sicheres Geleit bis zur Eng zugesichert bekommen", entgegnete Lyanna.

Jaime gefiel ihr Vorschlag, selbst mit dem Schwarzfisch zu verhandeln, überhaupt nicht, worauf eine Diskussion ausbrach. Währenddessen verließ Brienne das Zelt und gesellte sich zu Podrick, Bronn und Ser Garret, der mit Julen ein wenig überfordert war. Wenig später standen Jaime, Lyanna, Julen und Brienne vor der Zugbrücke und sahen zu, wie man sie hinunterließ. Jaime war der einzige, der zurückblieb, während die drei die Burg betraten. Man brachte sie auf einen der Türme, wo Bryndon Tully bereits auf sie wartete.

„Jetzt schickt der Königsmörder schon zwei Frauen und ein Balg zum Verhandeln...", amüsierte er sich.

-"Mylord, wir kennen uns bereits, auch wenn Ihr mich nicht erkennt. Mein Name ist Lyanna. Ich wurde hier in diesen Gemäuern geboren, genau wie Ihr hier zur Welt kamt", erklärte Lyanna.

„Lyanna Stark - Cats Älteste... Oder sollte ich Euch Lyanna Lannister nennen? Ich nehme an, dass ist demnach der eines der Kinder Eures Mannes? Und wer seid Ihr?", fragte er auf Brienne deutend.

Zuerst erklärte Brienne ihm ihren Auftrag und gab ihm einen Brief von Sansa, in dem sie ihn bat, Schnellwasser aufzugeben und ihr stattdessen bei der Eroberung von Winterfell zu helfen. Ein Angebot, dass er mit einem Schmunzeln ablehnte, denn er würde nicht seine Heimat aufgeben, um für die Heimat eines anderen zu kämpfen.

The Red Wolf of the NorthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt