Kapitel 48: Lord von Winterfell

3 0 0
                                    

Während Jon vermutlich schon auf Drachenstein angekommen war, trafen seine Schwestern auf Winterfell sämtliche Vorkehrungen für den Winter. Das führte vor allem dazu, dass Lyanna immer weniger Zeit für Julen übrighatte. Obwohl sie sich ihre Aufgaben mit Sansa teilen konnte, merkten sie schnell, dass es nicht so einfach sein würde. Vor allem für Sansa war das Führen eines Haushaltes neu. Natürlich hatte Septa Mordane damals die Grundlagen erklärt, Theorie und Praxis sind aber doch recht unterschiedlich. Man könnte sogar behaupten, dass sie gar nichts miteinander zu tun hatten. Lyanna hingegen war in solchen Aufgaben von ihrer Zeit auf Casterlystein bereits geübt. Sie verstand die Haushaltsbücher und konnte sich von den Männern Respekt verschaffen, auch wenn sie noch immer *Lannister* als Nachnamen führte und Ser Garret ihr in seiner roten Rüstung auf Schritt und Tritt folgte.

Eines Morgens trafen sich die Schwestern zufällig in der Krypta. Sie beide betrachteten die Statue ihres Vaters, die Robb damals noch in Auftrag gab.

„Sie sieht ihm nicht ähnlich", bemerkte Sansa.

-"Kein Wunder, die meisten, die ihn kannten, sind mittlerweile tot", fügte Lyanna hinzu.

Viel Zeit war vergangen, seit dem Tag, an dem man die Schwestern zur Septe von Baelor führte, wo ihr Vater den Hochverrat an Joffrey gestehen sollte und man ihm trotzdem den Kopf abschlug.

„Er wusste, dass er sterben würde. Das hat er mir damals erzählt, als sie mich zu ihm gelassen haben. Er hat unseretwegen gestanden", beichtete Lyanna.

Sie hatte ihrer Schwester nie von dem letzten Gespräch erzählt, das sie mit ihrem Vater führte. Einerseits weil die Erinnerung an Vater für sie lange Zeit zu schmerzlich war. Andererseits hatten sie und Sansa damals in der Hauptstadt andere Sorgen.

„Sie wären stolz auf uns, wenn sie uns so sehen könnten. Vater, Mutter und Robb meine ich."

-"Vor allem auf dich. Lady von Casterlystein, einen Sohn. Du hast alles erreicht, was ich immer wollte..."

„Und ich mir nie gewünscht habe", fügte Lyanna hinzu, „Wer weiß, vielleicht findest du noch deinen Auserwählten."

Sansa war die einzige der Schwestern, die schon immer einen galanten jungen Lord heiraten und mit ihm eine Familie gründen wollte. Arya und Lyanna ergriff dieser Reiz nie, doch nun war Lyanna diejenige, die Ehefrau, Mutter und Lady war, auch wenn ihr Gemahl und dessen Burg weit weg waren. Doch selbst Sansa schien sich von diesem Traum abgewandt zu haben. Joffrey hätte ihr die Lust nach einem Gemahl vertrieben und Julens Geburt den Reiz der Mutterschaft. Noch ewig würde sich Sansa daran erinnern, wie Lyanna schreiend und flehend in einem Bett voller Blut lag und sich vor Schmerzen wand. Es war ein Bild, das Sansa nie vergessen würde. Ein Erlebnis, auf das sie liebend gern verzichten wollte.

„Lady Lyanna, Lady Sansa, draußen ist etwas, das ihr sehen solltet!", rief eine Stimme vom Eingang der Krypta durch die langen Tunnel, wo es wie ein Echo weitergetrieben wurde.

Die Starks sahen es nicht gerne, dass Fremde, die nicht der Familie angehörten, sich in der Krypta befanden. Deshalb war es auch der Wache verboten, nach unten zu gehen. Er wartete lieber draußen, wo zwei steinerne Schattenwölfe den Eingang zur Krypta bewachten. Einst waren sie so groß wie ein Kind, doch entweder die Eisenmänner oder die Boltons schlugen ihnen die Köpfe ab.

Im Burghof waren bereits unzählige Leute versammelt. Sie alle scharrten sich um einen Wagen, der in der Mitte stand. Hinten auf dem Wagen saß jemand, der den Schwestern sofort bekannt vorkam. Es war Bran. Sie fielen ihm um den Hals, doch Bran schien vom Wiedersehen mit seinen Schwestern nicht so sehr berührt zu sein. Bei ihm war ein eine junge Frau, die vielleicht ein paar Jahre jünger war als Sansa. Sie stellte sich den Schwestern als Meera Reet vor.

Während man Bran in die Burg brachte, berichtete Meera von ihren Erlebnissen jenseits der Mauer, wo Hodor, einer der Dienstburschen auf Winterfell, ihr Bruder Jojen und die Schattenwölfe Sommer und Lady von weißen Wanderern getötet wurde. Lyanna und Sansa ließen natürlich sofort einen Raben nach Drachenstein fliegen, um Jon über Brans Rückkehr zu informieren. Außerdem mussten sie mit Bran das Erbe ihres Vaters besprechen, denn als ältester, noch lebende, ehelicher Sohn stand ihm der Titel als Lord von Winterfell zu. Bran lehnte das jedoch ab, er meinte, er könne keine Titel halten, da er jetzt der Dreiäugige Rabe sei und damit Dinge sehen könne. Was genau er damit meinte, war den Schwestern nicht bekannt und da es mittlerweile spät wurde, ließen sie ihn auch in Ruhe.

Meera blieb bis zum nächsten Morgen auf Winterfell, denn sie wollte wieder so schnell wie möglich zu ihrem Vater zurück nach Grauwasserwacht. Bevor sie gehen konnte, hielt sie Lyanna noch kurz auf. Sie reichte ihr das Banner, welches Männer ihres Hauses Lyanna übergaben, als sie die Eng durchquerte. Lyanna bat Meera, es ihrem Vater zu übergeben und ihm dafür zu danken. Danach ritt sie weg.

The Red Wolf of the NorthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt