Kapitel 1/ die ersten jahre

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Wir schreiben das Jahr 2002.
Ein neu verheiratetes Paar zog in das Dachgeschoss einer Wohnung. Es folgte die Erstgeburt einer kleinen Familie: Ein Mädchen wurde geboren. Die Eltern waren überglücklich und freuten sich über den ersten Nachwuchs, aber es gab ein Problem: Das Kind weinte ständig und übergab sich häufig. Sie waren überfordert, gaben jedoch ihr Bestes.

Es war kein pflegeleichtes Kind. Das Mädchen störte die Umgebung mit seinem Weinen, und niemand konnte sich ihm nähern. Die Eltern entschieden sich daher, sich zu isolieren. Die Mutter sorgte unbewusst dafür, dass das Kind überbehütet wurde, da das Baby Probleme mit Licht und Geräuschen hatte. Das kleine Baby mochte außerdem von Anfang an keine anderen Menschen.

Auch als einjähriges Kind spielte es gerne allein. Doch als das Mädchen zwei Jahre alt war, kam ein weiteres Geschwisterchen, ebenfalls ein Mädchen, zur Welt. Sie war das genaue Gegenteil des ersten Kindes. Sie schlief von allein, war ruhig und bereitete keine Probleme. Doch das erste Kind bereitete weiterhin Schwierigkeiten. Die Eltern zogen Vergleiche und bevorzugten das zweite Kind, während sie sich beim ersten Kind nur noch um die Grundbedürfnisse wie Essen und Kleidung kümmerten. Der Vater begann wieder zu arbeiten, und die Mutter war allein. Sie war so überfordert, dass sie zu Gewalt und Drohungen griff.

Als das erste Mädchen drei Jahre alt wurde, fand die Familie ein Haus und zog in eine ruhige Umgebung. Es war auch an der Zeit, dass das Kind in den Kindergarten kam. Die Eingewöhnung fiel ihr jedoch schwer, und sowohl der Vater als auch die Mutter mussten zunächst immer bleiben. Die Eingewöhnungsphase war nicht wie bei anderen Kindern, denn das Mädchen litt unter Angststörungen und konnte keine Bindung zu den Erziehern oder anderen Kindern aufbauen.

Es war schwer für die Eltern, aber das Kämpfen hat sich gelohnt, denn mittlerweile freute sich das Kind teilweise auf den Kindergarten.

Das Mädchen war ein Frühaufsteher. Es aß, was es fand, da es sich noch kein Frühstück zubereiten konnte, schaute fern und spielte mit seinen Spielsachen. Ihre Eltern hingegen schliefen am Wochenende lange. Jedes Wochenende bekam das Mädchen Ärger, weil es das Haus verwüstete und viele Süßigkeiten aß. Die Mutter zwang den Vater, die Kinder auf den Spielplatz zu bringen. Obwohl es aus Zwang geschah und der Vater keine Lust hatte, war er dennoch ein liebevoller und aktiver Vater.

Unter der Woche sah der Alltag so aus: Der Vater arbeitete und die Mutter war allein mit den Kindern und dem Haushalt. Die Mutter war ständig überfordert und dachte mehr an die Sauberkeit und das Abendessen. Die Kinder hatten oft Langeweile und mussten sich selbst beschäftigen. Wenn die Kinder zu laut waren, wurden sie geschlagen oder bedroht. Das erstgeborene Kind bekam jedoch das meiste ab, da es als die "Anstifterin" galt, im Sinne von einfallsreicher und aktiver. Die Kinder warteten nur darauf, dass der Vater von der Arbeit nach Hause kam, denn er war liebevoll, küsste und umarmte sie – für den Moment. Danach war er abweisend und verbrachte Zeit am Laptop oder schaute Fernsehen, denn damals gab es noch keine Smartphones.

Vor dem Schlafengehen gab es jeden Tag Umarmungen und Küsse, aber die Mutter küsste oder umarmte die Kinder selten. Ab und zu gab es Gute-Nacht-Geschichten, das war's.

Zusammengefasst:
Der Vater war nur in zwei Momenten aufmerksam, ansonsten abweisend. Die Mutter schenkte keine Liebe und konnte keine Bindung aufbauen, da sie einfach nur überfordert war.

Das zweite Kind bekam gesundheitliche Probleme, und die Eltern machten sich berechtigterweise Sorgen. Es gab häufig Operationen, und das Kind musste oft ins Krankenhaus. Das erste Kind blieb während dieser Zeit bei Verwandten und wurde vernachlässigt. Sobald sie nach Hause kamen, konnten die Eltern sich nur um das zweite Kind kümmern. Das erstgeborene Kind war „zu viel" und wurde direkt abgewiesen. Es fühlte sich sehr allein und verletzt und konnte zu dem Zeitpunkt nicht verstehen, warum das so war, was dazu führte, dass es aggressiv gegenüber seiner Schwester wurde und sie nicht mochte.

Ein Vorteil:
Die Eltern versuchten alles, um die Kinder finanziell glücklich zu machen. Die Mutter kaufte vieles, da ihre eigenen Eltern ihr das nicht bieten konnten, und sie befriedigte damit das Gefühl, ihren Kindern diese Dinge zu ermöglichen. Das erste Kind wurde dadurch verwöhnt und kannte Dankbarkeit nicht.

Jedoch wurde dem ersten Kind mehr Materielles geschenkt, während das zweite Kind Liebe und Zuwendung erhielt.

Außerdem hatten die beiden Kinder komplett unterschiedliche Charaktere, und bei dem zweiten Kind verbesserten die Eltern die Fehler, die sie beim ersten Kind gemacht hatten.

Das erste Kind zeigte Entwicklungsstörungen: Es konnte noch immer nicht richtig sprechen und musste zum Logopäden. Es stellte sich heraus, dass es im Kindergarten nicht mit den anderen Kindern interagierte. Auch zu Hause wurde nicht oft mit ihm gesprochen, nur wenn es Ärger bekam.

Das Mädchen war sehr ängstlich und zurückhaltend. Es bekam oft Ärger, wenn es zu laut spielte, und hatte immer das Gefühl, nicht willkommen zu sein und ein schlechter Mensch zu sein. Es wurde häufig auf das Kind eingeredet, und Vergleiche mit anderen Kindern wurden gezogen. Schon mit fünf Jahren wollte es den Frühstückstisch vorbereiten, damit die Eltern es als „nützlich" empfanden, doch die Eltern waren dennoch nicht zufrieden und machten sich über es lustig. Das machte das Mädchen sehr traurig, und es weinte oft. Schon in jungen Jahren wurde es unter Druck gesetzt, „nützlich" zu sein, was dazu führte, dass es begann, aufzuräumen – doch auch das war für die Mutter nicht genug.

Ein glückliches Kind wurde unglücklich gemacht, und trotzdem wunderte man sich, warum das Kind so war. Ich betone: ein Kind. Was für eine Schuld kann ein Kind schon haben? Weil es zu laut spielte? Weil es unordentlich mit seinen Spielsachen war? Weil es oft weinte? Oder weil es immer unzufrieden war?

Es wurde ständig gezwungen, so zu sein, wie die Mutter es wollte, oder es wurde erwartet, dass das Kind einen Nutzen erfüllte. Durch diese Abwesenheit der Eltern erlernte das Mädchen jedoch Selbstständigkeit.

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⏰ Last updated: Sep 12, 2024 ⏰

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"Das ängstliche Mädchen und der Kampf im Leben"Where stories live. Discover now