Kapitel 37

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Als Noah am Abend bei uns zum Essen auftaucht, bin ich zunächst überrumpelt. Ich wusste nämlich nicht, dass Mum ihn und seine Mutter eingeladen hat, weswegen ich auch ziemlich unbeholfen da stand, – schon wieder in meinem Pyjama.

Doch mich umzuziehen, nachdem sie mich sowieso beide so gesehen haben, erschien mir dann doch als total sinnlos. Schließlich hat mich Noah etliche Male in meinen Pyjamas gesehen. Nur vor seiner Mutter wollte ich nicht so unseriös rüberkommen. Dabei weiß ich genau, dass Amalia solche Sachen überhaupt nicht interessieren. Und machen wir uns nichts vor: Sie musste mir als Kind oft die vollen Windeln wechseln. Ich weiß, dass kann man nicht vergleichen, schließlich war ich damals ein Baby, doch ich schätze, sie hat mich in so gut wie jedem Zustand schon zu Gesicht bekommen.

"Lindsey, hast du keinen Hunger?"

Ich sehe zu Noahs Mutter, die mich besorgt mustert. "Hier, nimm dir mindestens was vom Kuchen. Den liebst du doch so." Sie reicht mir ein Stück, welches ich dankend annehme. Tatsächlich wäre was Süßes nicht schlecht. Vielleicht bringt mir das wieder mehr Kraft, denn es ist sehr schwer, neben Noah zu sitzen und so zu tun, als würde seine Aura nicht meinen ganzen Körper einnehmen.

"Wie läuft es bei Melissa mit den Hochzeitsvorbereitungen? Kommt sie voran?", fragt Amalia nun meine Mutter, was für mich die perfekte Gelegenheit darstellt, um Noah zu mustern, der direkt neben mir sitzt. Ich versuche ihn so unauffällig wie möglich zu betrachten, doch es scheint, als hätte er einen Sensor, denn er bemerkt es sofort.

"Ist alles okay?", fragt er mich dann, während er meinen Blick sucht.

"Was? Wieso fragst du?" Ich beginne, mir einen Stück Kuchen in den Mund zu schieben, damit ich irgendwie mit meiner Nervosität klarkomme.

"Ich weiß nicht... du wirkst so, als würde dich was bedrücken", erklärt Noah und scheint nun auch ein wenig besorgt. Das hätte sonst niemand erkannt, doch ich kenne ihn so gut, dass ich sogar das leichte zusammenziehen seiner Augenbrauen und die kleinen Falten, die sich dabei auf seiner Stirn bilden, genügend deuten kann.

Ich weiß, dass ich dazu verpflichtet bin, Noah zu erzählen, was ich heute gesehen habe. Doch ich kann ihm schlecht hier am Tisch mitteilen, dass seine bis vor kurzem noch Freundin, – nun Ex-Freundin, – ausgerechnet mit dem Typen zusammen ist, mit dem sich Noah vor kurzem noch geschlagen hat und den er absolut nicht leiden kann.

Ich kann noch immer nicht glauben, was sich Clara dabei denkt. Klar, sie ist wütend und verletzt und möchte es Noah wahrscheinlich heimzahlen, doch warum ausgerechnet mit dem Kerl? Sie hat doch selbst gesehen, was er auf der Party abgezogen hat. Sie müsste es besser wissen. Vor allem Clara hätte jeden Typen der Stadt haben können, sie müsste nur mit dem Fingern schnipsen. Doch anscheinend wollte sie es genau so haben...

Ich seufze, als ich merke, dass Noah nicht locker lässt. Er sieht mich noch immer ernst an. "Ich kann nicht hier am Tisch mit dir darüber reden", sage ich dann leise, damit unsere Mütter es nicht mitbekommen.

Noahs Augen weiten sich. "Okay... dann komm, lass uns ins Wohnzimmer." Er wartet noch, bis ich nicke, ehe er sich zu unseren Müttern wendet. "Wir sind im Wohnzimmer, wir beide haben keinen Hunger mehr."

Meine Mum nickt nur kurz ehe sie sich sofort wieder Amalia widmet und schwärmerisch über Melissas Hochzeitskleid spricht. Ich muss wie von alleine lächeln. Mum geht in den Hochzeitsvorbereitungen richtig auf, man könnte meinen, es wäre ihre eigene.

"Komm, setz dich", sagt Noah, als wir an der Couch im Wohnzimmer angekommen sind. Ich tue, was er sagt und sammle mich kurz, bevor ich ihn wieder ansehe. "Was ist los, Lindy?"

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