Paul und Clara

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Paul

Als ich am nächsten Tag aufwache, ist das erste, das mir auffällt, dass ich nicht alleine im Bett liege. Auf meinem Kissen liegen ausgebreitet lange braune Haare und kleine Hände umklammern mich. Es breitet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus und ich ziehe sie noch näher an mich ran.
Ich bin gerade dabei wieder in den Schlaf zu finden, als plötzlich lautstark mein Wecker angeht, Claras Kopf hochschnellt und voll gegen meinen Kinn trifft. Ich sollte mal meinen Weckerton ändern. Ich habe einen Alarmton eingestellt, damit ich auch wirklich wach werde. Ich schlafe manchmal so tief, dass mich ein sanftes Lied niemals wecken könnte.
Ich gebe einen Schmerzenslaut von mir und fasse mir ans Kinn.
„Was war das?", fragt Clara panisch im Halbschlaf.
„Das Erste war mein Wecker, das zweite mein Kieferknochen.", gebe ich im Scherz von mir und fahre mit meiner Hand über meinen Kinn.
„Oh mein Gott! Das tut mir so leid. Geht es?", fragt sie mich besorgt uns nimmt mein Gesicht in die Hand, um meinen Kinn betrachten zu können.
„Ich bin neben dir aufgewacht, natürlich geht es mir gut." Das bringt sie zum Lachen.
„Ich muss wohl sehr stark gegen deinen Kopf gestoßen sein, wenn du mich so anbaggerst.", gibt sie mit schüttelndem Kopf von sich.
„Kann sein", sage ich achselzuckend, lehne mich dann vor und küsse sie. Sie schlingt ihre Arme um meinen Nacken und setzt sich auf meinen Schoß. Doch dann ertönt wieder mein Wecker hinter uns erneut. Wir fahren auseinander und ich mache dieses blöde Ding aus. Stimmungskiller. Ich lasse meinen Kopf auf Claras Schulter fallen. „Wir müssen zur Uni", sagt sie und tätschelt mir den Kopf.
„Wir müssen gar nichts.", nuschele ich in ihre Halsbeuge.
„Das stimmt. Aber zur Uni eigentlich schon"
„Die Einfahrt ist durch einen umgefallenen Baum versperrt. Wir kommen hier nicht weg", starte ich noch einen Versuch sie zu überzeugen hierbleiben zu müssen.
„Hmm, das stimmt allerdings. Lass und mal in den Nachrichten schauen."
Wir schauen in unseren Handys nach und finden Informationen über den Sturm.
„In der ganzen Stadt ist es verwüstet und es sind Bäume umgefallen. Viele Bahnen und Busse können auch nicht fahren. Wir sitzen wohl wirklich erstmal hier fest.", gibt Clara die Informationen aus dem Internet wieder.
„Wie schade aber auch", versuche ich beim Gähnen zu sagen. „Dann können wir noch ein bisschen schlafen." Dabei versuche ich sie wieder ins Bett zu ziehen.
„Einen Moment, ich muss nur meiner Freundin Bescheid geben. Schlaf ruhig schonmal. Ich komme gleich." Sie gibt mir einen Kuss auf den Mund und geht aus dem Schlafzimmer raus.

Clara

„Hey, was gibts?", meldet sich Emma am Telefon.
„Hi, ich komme heute nicht zur Uni, ich-", setze ich an.
„Was? Warum nicht?", unterbricht Emma mich.
„Paul hat mich gestern Zuhause abgeholt und dann sind wir zu ihm gefahren. Durch den Sturm ist ein Baum vor die Einfahrt der Tiefgarage gefallen und wir kommen hier nicht weg. Da auch die Busse und Bahnen nicht fahren, müssen wir warten bis der Baum aus der Einfahrt entfernt wird.", erkläre ich.
„Du scheinst nicht wirklich traurig darüber zu sein. Ist gestern was zwischen euch passiert?", fragt Emma und ich höre echtes Interesse aus ihrer Stimme heraus. Endlich verhält sie sich wieder wie früher.
„Ja, wir haben uns geküsst und sind noch ein bisschen weitergegangen."
„Ist das nicht ein bisschen schnell gegangen?"
„Dachte ich eigentlich auch, aber es fühlt sich alles richtig mit ihm an und er ist wirklich nett und zuvorkommend.", erzähle ich lächelnd.
„Mhm, also du lässt ihn dir einmal an die Wäsche gehen und schon bringt er dich dazu die Uni zu schwänzen? So warst du früher aber nicht."
Wie bitte was?! Was soll das denn jetzt von ihr? Ich habe ihr doch unsere Lage erklärt. Es ist das erste Mal, dass ich nicht zur Uni gehe und sie macht so ein Fass auf? Sonst ist sie nach den Wochenenden immer diejenige, die wegen eines Katers Zuhause bleibt oder weil sie einfach nicht aufstehen möchte.
„Du hast kein Recht so über mich zu reden. Ich gehe sonst immer zur Uni, auch krank quäle ich mich dorthin. Das ist nicht fair, was du machst. Warum kannst du nicht Verständnis zeigen? Es ist ja nicht so, als hätte Paul persönlich den Baum ausgerissen und vor die Einfahrt geschmissen, damit er mich hier festhalten kann! Er ist ein echt netter Kerl und mag mich und ich ihn. Freu dich doch einfach mal für mich. Ich verstehe nicht, warum dir das so schwer fällt.", konfrontiere ich sie.
„Ich weiß nur nicht, ob du weißt, was du tust." Damit legt sie auf und lässt mich sprachlos zurück. Was ist nur in sie gefahren? Darüber werden wir uns morgen erstmal schön unterhalten.
Ich atme tief durch und gehe dann zurück ins Bett zu Paul, der direkt seine Arme um mich schlingt und mir einen Kuss auf meine Schulter gibt. Dank ihm kann ich schnell wieder in den Schlaf finden.

Als ich das nächste Mal wieder aufwache , bin ich alleine im Bett. Das Zimmer wird von Sonnenstrahlen durchflutet. Gegenüber vom Bett steht ein großer Schrank mit Spiegel. Vor diesem liegt ein Teppich auf dem Boden. Rechts von dem Bett sind große Fenster, die bis zum Boden reichen und eine Tür, die auf den Balkon führt. Rechts von dem Boxspringbett führt eine Tür in das Badezimmer. Die Tür Richtung Wohnzimmer ist offen und erst jetzt bemerke ich den Duft, der in das Zimmer strömt. Pancakes. Nichts kann mich schneller aus dem Bett holen, als Süßes am morgen. Ich springe auf und folge dem Duft in die Küche. In der Küche steht Paul mit dem Rücken zu mir am Herd und wendet die Pancakes in der Pfanne. Ich stelle mich neben ihn und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Er lächelt zu mir runter und gibt mir einen Stirnkuss. „Guten Morgen"
„Morgen", erwidere ich mit vorgehaltener Hand, da ich gähnen muss. Dann mache ich mich auf die Suche nach Tellern, Besteck und Aufstrichen, um den Tisch decken zu können. Währenddessen macht Paul noch Kakao. Ein Frühstück ganz nach meinem Geschmack.
Wir setzen uns an die Theke und fangen an zu essen. Die Pancakes sind fantastisch und wir fangen an sie mit ausgefallenen Dingen zu belegen. Unser Highlight sind die Schokorosinen, da sie auf den noch heißen Pancakes schmelzen. Wir schauen uns gegenseitig an und fangen an zu lachen. Wir beide haben Schokoladen verschmierte Münder.
„Was sollen wir heute machen?"
„Wir könnten Mathe machen", schlage ich vor. Paul stöhnt und lässt seinen Kopf nach vorne fallen. „Nein, natürlich nicht", kichere ich.
„Wir könnten noch einen Film schauen oder etwas spielen. Ich habe ein Mysteryspiel mitgebracht für gestern, hatte es aber vergessen. Das wird bestimmt interessant werden."
„Oh ja, das machen wir."

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