Der Sturm beginnt

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„Das ist wirklich von dir? Beeindruckend", lobte Kaz unseren neuen Koch, nachdem er endlich probiert hatte.
Eine gefühlte Ewigkeit hatte er gebraucht, um die Speisen, die auf dem Tisch standen, zu begutachten. Erst als es ihm als essbar und sicher genug erschien, testete er alles aus.
Chases Ego schien schlagartig bis an die Decke zu reichen. Ich wusste, wie viel ihm ein Lob bedeutete. Vor allem von jemanden wie Kaz. Zwar würde er es nie zugeben, aber er schätzte ihn. Seit ich ein bisschen Chaos in deren Beziehung angerichtet hatte, vielleicht nicht mehr ganz so sehr, wie zuvor. Doch es war immer noch genug. Ich war wirklich froh, sie alle als Freunde - Nein, als Familie zu haben. Ich konnte mir keine bessere wünschen.


„Esst nicht zu viel. Es gibt noch Kuchen", lachte Chase, nachdem die leeren Teller noch einmal gefüllt wurden.
„Du hast gebacken? Wann hast du das den gemacht?"
Oliver betrachtete ihn verwundert.
Kleinlaut stellte ich richtig: „Den hab ich gemacht."
„Du kannst backen? Warum hast du das nie erzählt?"
Schnell schüttelte ich den Kopf auf Brees Frage.
„Nein, aber ich dachte, es zu lernen könnte nicht schaden. Ich werde in nächster Zeit ja viel zu Hause verbringen. Da wurde es Zeit für ein Hobby, abgesehen von Gaming!"
„Na dann bring mal her, das gute Stück."
Kaz hatte mit nur wenigen Happen seinen Teller geleert und wartete nun ganz aufgeregt auf unseren Nachtisch. Es wunderte mich nicht, dass ausgerechnet er darauf geierte.
Gerade wollte ich mich erheben, um seiner Forderung nachzugehen, da wurde ich zurück in meinen Stuhl gedrückt. In dem Fall würde wohl Chase den Kuchen holen.
Nur wenige Minuten später stellte er den Kuchen, bedeckt mit viel Sahne und verschiedenen Früchten, in die Mitte des Tisches.
Ich schnappte mir das große Messer und verteilte die Stücke auf den Tellern.
Als ich das letzte Stück auf meinen Teller legen wollte, rutschte mir das Messer aus der Hand. Zischend ließ ich es auf den Tisch fallen. Es hatte einen kleinen Schnitt in meiner Handfläche hinterlassen.
„Ich hole Tücher", sagte Oliver und sprang schon auf, da sagte Kaz: „Warte mal!"
Er nahm meine Hand in seine und schaute sie sich an.
„Es ist bereits verheilt."
Verwirrt blickte ich ebenfalls darauf.
„Mr. Davenport hat echt gute Arbeit geleistet."
„Das war doch bisher nicht so", wundert sich mein Freund, der noch hinter mir stand.
„Vielleicht hat er mir ein Update gegeben."
„Nicht, dass ich wüsste. Lass uns später mal in die Zentrale gehen und ein paar Tests machen. Ich würde mir das wirklich gerne anschauen."
Ich nickte nur. Nachzusehen sollte kein Fehler sein. Es war mir sogar ganz recht, wenn Chase mal drüberschauen würde.


Ich stand auf und verschwand im Bad, um mir das Blut von der Hand zu waschen.
Noch einmal begutachtete ich meine Handfläche. Es sah so aus, als wäre nie etwas gewesen. Wirklich Unglaublich.
Schnell trocknete ich meine Hände ab und machte mich auf den Weg zurück ins Wohnzimmer.
Mittlerweile hatten sich alle verteilt. Kaz und Oliver unterhielten sich, noch immer am Tisch sitzend. Bree schaute Chase beim Abwasch zu und erzählte währenddessen etwas.
Ich schaute mich um, bis ich Skylar entdeckte. Sie stand draußen auf dem Balkon und schaute in die Ferne. Ich entschloss mich, mal nach ihr zu sehen.
Auch wenn ich wusste, dass sie mich hörte, gab sie dennoch keine Reaktion von sich, als ich mich näherte. Ich stellte mich neben sie, ohne einen Ton von mir zu geben. Den Blick richtete ich gen Horizont. Die Sonne war gerade dabei zu verschwinden. Somit wurde der Himmel in roten und orangen Farben getränkt.
„Ist alles in Ordnung?"
Nachdem wir einige Minuten einfach so nebeneinander dagestanden waren, fragte ich dann doch nach. Ich hatte das Gefühl, sie könnte jemanden zum Reden gebrauchen.
„Skylar?", fragte ich nach, nachdem sie noch immer nicht reagiert hatte.
Dann endlich drehte sie sich zu mir. Doch nicht, bevor sie sich einmal die Augen gerieben hatte. Hatte sie etwa geweint?
„Was ist los?"
Besorgt musterte ich sie. War etwas Schlimmes passiert und ich hatte es nicht mitbekommen?
„Ich habs einfach vermasselt."
„Was denn?"
so richtig wusste ich nicht, wovon sie sprach. Sie schaute durch die große Fensterfront Richtung Esstisch. Ich zählte eins und eins zusammen.
„Oliver?"
„Sag das nicht so laut. Ich will nicht, dass sie mich hören."
„Ist ja gut", lachte ich.
Dann wurde ich wieder ernst.
„Also gut. Erzähl, Was genau ist jetzt mit dir und Oliver?"
Sie überlegte kurz, dann antwortete sie.
„Ich mag ihn wirklich. Mehr als ich dachte. Ich hab es leider nur zu spät gemerkt. Aber er geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf."
Mit einem tiefen seufzen untermalte sie ihre Aussage.
„Wann hast du zuletzt mit ihm gesprochen?"
Sie zuckte mit den Schultern.
„Ist lange her."
Ich legte behutsam eine Hand auf ihre Schulter.
„Das wird wieder. Keine Sorge."
Kurz lächelte sie mich an, dann schaute sie wieder den Sonnenuntergang zu. Wieder kehrte Stille ein. Und als Keiner mehr einen Ton von sich gab, entschied ich mich, mich langsam zurückzuziehen.


Ich wusste nicht, was mich dazu getrieben hatte, aber meine Füße trugen mich direkt an den Tisch. An dem noch immer Kaz und Oliver sich unterhielten. Letzteren unterbrach ich mitten im Satz.
„Ich muss dich sprechen."
Beide schauten verwirrt auf. Wahrscheinlich auch, wegen dieser Ernsthaftigkeit in meiner Stimme.
„Allein", fügte ich noch hinzu, als er keine Anstalten machte, sich zu bewegen.
Erst jetzt reagierte er und stand auf. Ich packte ihn am Arm, darauf bedacht, ihm keine Schmerzen zuzufügen, und zog ihn mit aus der Wohnung.
„Habe ich was Angestellt?", fragte er unsicher, während ich die Wohnungstür hinter uns zuzog.
„Nicht direkt."
Ich konnte in seinen Augen sehen, dass ihm grade ziemlich unwohl war. Also klärte ich ihn auf.
„Es geht um Skylar. Ist dir in letzter Zeit vielleicht etwas aufgefallen?"
Schnell schüttelte er den Kopf.
„Was ist mit Skylar?"
Nun schwang etwas Besorgnis in seinem Ton.
„Oliver, magst du Skylar noch?"
„Natürlich tue ich das."
„Auch so wie früher? Ich meine, du hast ja eine Freundin, aber-"
Er ließ mich nicht weitersprechen und warf ein „Nein." Ein.
Jetzt war ich die Verwirrte hier.
„Das habe ich nur erfunden."
„Aber wieso?"
„Ich dachte, vielleicht kann ich Skylar so eifersüchtig machen, aber das hat wohl nicht geholfen. Mittlerweile redet sie gar nicht mehr mit mir."
Erstaunt betrachtete ich ihn.
„Oliver, du bist ein verdammtes Genie."
Ich lachte kurz auf, ehe ich ihn aufklärte.
„Es hat definitiv funktioniert. Okay, hör mir zu. Skylar mag dich. Sehr sogar. Und da du offensichtlich Single bist und nichts im Weg steht, wirst du jetzt zu ihr da hinausgehen, auf den Balkon."
Plötzlich wirkte er wieder ziemlich unsicher.
„Aber was soll ich ihr sagen?"
„Ich denke nicht, dass du sonderlich viel sagen musst. Geh einfach da raus. Und wenn du dich beeilst, bekommst du den Sonnenuntergang noch mit. Und glaub mir, romantischer gehts nicht."
Ich ließ ihn gar nicht Antworten, sondern schob ihn zurück in die Wohnung.


Mein Weg führte mich zu Kaz an den Tisch. Zusammen schauten wir Oliver zu, wie er die sie Balkontür öffnete und nach draußen trat.
„Was hast du ihm gesagt?"
„Das Skylar ihn mag", schmunzelte ich und schaute zu den Superhelden.
Er runzelte die Stirn, sagte aber nichts dazu.
„Na endlich", ertönte Brees Stimme.
Diese kam zusammen mit Chase und ein paar Getränken in der Hand zu uns. Somit lehnten wir uns alle zurück und beobachten heimlich, was draußen vor sich ging,


„Wann kommt denn eigentlich meine Nichte?", begann Bree ein Gespräch, wodurch ich wieder Aufmerksam wurde.
„Ein bis zwei Monate. Nicht mehr allzu lange."
„Viel zu lange", fügte Chase hinzu.
Es machte mich unglaublich Glücklich zu wissen, dass er es kaum erwarten konnte.
„Wisst ihr denn endlich was es wird?"
„Nein, wir lassen uns überraschen", sagte ich.
Ich schnappte mir ein Glas Apfelsaft und nippte dran.


„Schaut mal."
Kaz nickte Richtung Fenster. Wir alle folgten seinem Blick.
Draußen standen die beiden Turteltauben eng umschlungen und küssten sich.
Zufrieden und breit lächelnd sagte ich: „Na geht doch."
Ich freute mich riesig für Oliver und Skylar, doch Kaz macht mir einen Strich durch die Rechnung.
„Mann, das meine ich doch gar nicht. Schaut euch den Himmel an."
Pechschwarze Wolken zogen auf.
„Ein Unwetter?"
Kaum ausgesprochen, blitzte es und erleuchtete den dunklen Himmel. Nur wenige Sekunden später begann es in Strömen zu regnen.
Skylar und Oliver rannten herein und schlossen schnell die Tür hinter sich.
Erneute Blitze, die dieses Mal bis zum Boden schlugen. In elektrisierendem Blau.
„Das ist kein gewöhnliches Unwetter", stellte Chase fest und stand auf.
„Ich werde in die Zentrale gehen und die Daten an-"
Er wurde von dem Missionsalarm unterbrochen, der durch die Wohnung heulte.
Sofort sprang der Rest von uns ebenfalls auf und gemeinsam begaben wir uns in die Zentrale.
Während sich die anderen in ihre Anzüge warfen, checkte ich die Bildschirme.
„Das ist direkt um die Ecke. Drei Straßen weiter", erklärte ich und setzte mir ein Headset auf.
„Hier, eine Aufnahme der Überwachungskamera"
Bree, die natürlich nur eine Sekunde für den Kleiderwechsel gebraucht hatte, drückte auf einen Button, um die Livecam aufzurufen. Zu sehen war der uns bekannte schwarze Schwarm.
„Ich habe es geahnt", seufzte Oliver.
„Es reicht. Den mache ich fertig!"
Mit einer enormen Wut rannte Kaz zum Hyperloop und war nur wenige Sekunden später verschwunden. Gefolgt von den anderen.
Chase hielt ich am Arm fest, um ihn schnell noch einen Kuss auf die Lippen zu drücken.
„Seit vorsichtig da draußen."
Er schenkte mir ein Lächeln, dann folgte er dem Team.

Zwischen Bionic und SuperkräftenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt