Eins Clara

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Der Ball hallt in der großen Turnhalle nach, als er mit voller Wucht auf den Boden geschmettert wird. Meine Trainerin starrt mich an und sagt etwas enttäuscht über meine Leistung: „Clara! Du solltest ihn nicht schmettern. Nur leicht darauf schlagen, aber nicht mit voller Wucht."

Ich nicke und stelle mich wieder in die Reihe. Lauren klopft mir aufmunternd auf die Schulter, aber ich schüttele ihre Hand ab. 

Sie soll mich in Ruhe lassen.

Annabel haut den nächsten Ball rein, genau wie unsere Trainerin es möchte. Ich durchbohre sie mit Blicken, doch sie bemerkt mich nicht, lächelt nur stolz und stellt sich hinter mich.

Nachdem jeder ein Feedback bekommen hat, bin ich wieder an der Reihe. Ich stelle mich auf Position, lasse mir den Ball stellen, nehme Anlauf, springe hoch und schlage den Ball perfekt rein.

Als ich lande klatscht unsere Trainerin stolz und lobt mich lächelnd. Ich bin die beste gewesen.

Ein triumphierendes grinsen schleicht sich auf meine Lippen als ich mich zu Annabel umdrehe und sie herausfordernd anstarre. Sie sieht nicht weg und innerlich beginnt es in mir zu kochen.

Ich mag sie nicht. Und sie mag mich nicht. Damit ist sie wahrscheinlich eine der einzigen, denn mich mag fast jeder. Und somit ist sie auch die einzige die mich herausfordert.

Jede will die andere übertrumpfen. Besser sein. Meistens bin ich die bessere...

„Trinkt etwas, Mädchen!" Unsere Trainerin klatscht zweimal laut in die Hände und ich hole mein Wasser heraus.

In dem Moment öffnet sich die große Tür und alle blicken sich um. Die Gespräche verstummen und unsere Trainerin hält mitten in der Bewegung, ihre Wasserflasche zu öffnen, inne. „Mary, warum kommst du zu spät?", ihre Stimme klingt vorwurfsvoll und Mary duckt sich, als hätte die Trainerin mit einem Ball nach ihr geworfen.

„Tut mir leid", murmelt sie entschuldigend und setzt sich ans hintere Ende der Bank zu Bianca, der Streberin. Ich glaube sie ist ihre einzige Freundin. Mary mag ich nicht und Bianca hat einfach kein Ballgefühl.

Unsere Trainerin seufzt leise und unterbricht meine Gedanken. „Na schön. Das nächste mal sagst du bitte früher Bescheid. Wärm dich auf." 

Mary trabt brav davon und beginnt sich aufzuwärmen.

„Ihr anderen", fährt sie fort. „Tut euch bitte in Zweiergruppen zusammen. Dann könnt ihr das altgewohnte Prinzip durchführen."

Gleich vier Mädchen kommen auf mich zu und ich verkneife mir ein grinsen. Ich bin die Mannschaftskapitänin und sozusagen ihre Anführerin.

Ich entscheide mich für Carrell und lasse die anderen mit den Worten „Vielleicht das nächste mal", stehen.

Wir tuen was die Trainerin uns gesagt hat und fangen an.

Carrell ist gut, aber ich bin besser.

Carrell spielt hoch, aber ich spiele höher.

Carrell schlägt hart, aber ich schlage härter.

Carrell nimmt gezielt an, aber ich nehme gezielter an.

Carrell ärgert sich, wenn sie einen Ball nicht bekommt. Ich bekomme jeden Ball.

Allem in allem bin ich besser als sie. Ich bin oft besser als andere und wenn nicht, werde ich besser. Es gibt nur einen Weg zu zeigen was man kann, nämlich zu zeigen, dass man es immer besser  kann.




LOST THINGS CAN BE FOUND, BUT WHAT ABOUT BROKEN THINGS...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt