Schweigend standen sie voreinander. Sie sah auf den Boden. Seine Blicke bohrten sich in ihre Kopfhaut. Es schien so, als zähle er jedes einzelne Haar, was ihren Kopf bedeckte. Ihr Haar war wunderschön. So hell, wie das eines Engels. Er hob ihr Kinn an. Sie sah ihm nun in die Augen. "Bitte. Bleib stark. Für mich Lia.", die letzten Worte hauchte er eher. Sie sah ihm nur in die Augen. Sah ihn an, als hätte er was völlig unverständliches gesagt. "Ich werde dich nicht aufgeben.", flüsterte Sie. Er nickte. "Alles wird Gut mein Engel.", flüsterte er nun. Ein Lächeln schlich sich um ihre Lippen. Ihre Lippen waren zart und wunderschön. Mit ihren dünnen, zärtlichen Fingern strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht. Ihre Finger waren so zart, dass er sie liebend gerne in seine gelegt hätte. Doch er tat es nicht. Wieder herrschte Totenstille. Nun war sie diejenige die starrte. Sie starrte ihn an. Sie sah in sein Gesicht als studiere sie seine feinen Sommersprossen. Seine dunklen Augenringe ziehrten sein Gesicht. Er hatte schon länger nicht mehr geschlafen. Ungekämmt fielen ihm seine Haare übers Gesicht. Seine markanten Gesichtszüge waren einfach perfekt. Bevor Lia sich weiter in ihrem Starren vertiefen konnte, dachte sie erneut an die Worte, die er zu ihr gesagt hatte.
"Es tut mir leid Lia.", lächelte er. Es war kein echtes Lächeln und das wusste sie auch. Seine Blicke sagten nichts mehr als Trauer aus. Sie nickte. Nur ein klitzekleines Nicken. Nichts weiter. "Ich pass auf dich auf. Okey?", sagte er. Das Okey war kaum zu verstehen, denn seine Stimme erstickte bei jedem einzelnen Wort immer mehr. Wieder ein Nicken. Eines dieser Nicken, welche Emotionen nicht besser ausdrücken konnten. Er nahm ihre Hand. Vorsichtig legte er seine zarten Lippen auf ihren Handrücken. Dann ließ er sie los. Er sah ihr noch ein letztes Mal in die Augen bis er in der Nacht verschwand. Lias Blicke hafteten auf ihren Freund, der irgendwann nicht mehr zu sehen war. Tränen liefen über ihre blassen Wangen. "Wieso?!", schluchzte sie. Ein Schrei. Ein erstickter Schrei aus ihrer Kehle. Ein Schrei, der nur so in der Nacht verschwand. Genauso wie Phil.
Sie schloss ihre Augen kurz und beschloss nach Hause zu gehen. Das erste mal seit langem ohne Phil.
Sie wohnte in einer gefährlichen Ecke. Sie lief an jedem vorbei. Auch an betrunkenen Jugendlichen. "Hey du Hübsches Ding.", sagten die Einen
"Naaa alleine hier?", fragten die Anderen. Von ihr aus hätten sie sie auch auf der Stelle vergewaltigen können. Ihr war alles egal. Trotzdem lief sie immer weiter. Ohne sich einmal umzudrehen. Sie kam an ihrem Haus an. Müde schloss sie es auf. Sie betrachtete sich im Spiegel. Sie sah eine junge Frau. Ihre Wimperntusche verlaufen, ihre Haare ungekämmt und Tränen rannten immernoch geradewegs ihre Wangen hinunter. Sie erkannte sich nicht. Ihr Geist war wie weg. Für sie war diese Frau im Spiegel keineswegs sie selbst. Ihre Haare so blond und unschuldig. Ihre Augen so blau, wie nur der Himmel es sein konnte. Der Himmel. Umso länger sie darüber nachdachte, umso mehr Wasser floss aus ihren Augen.
Ohne noch weiter darüber nachzudenken legte sie sich in ihr Bett. Sie schlief ein. Schreckliche Alpträume quälten sie in dieser Nacht. Lustlos stand sie am nächsten Morgen auf. Wusch sich und zog sich an. Lustlos stocherte sie in ihrem selbstgemachten Müsli rum. Bis es an der Tür klingelte. Sie ging hin und öffnete sie. "Schatz. Es tut mir leid.", lächelte er. In einer Hand hielt er Blumen. Jedoch keine Rosen, da er wusste dass sie solche nicht mochte. "Komm rein."
Er kam auch herein und legte die schönen Lilien weg. "Schatz. Wir dürfen nicht in Trauer und Leid leben. Wir sollten jeden so leben, als wäre es unser letzter. Lass uns das Leben genießen mein Engel. Lass uns verreisen. Du wolltest doch schon immer mal nach LA. Lass uns eine Weltreise machen. Wir können noch so viel erleben. Ich will nicht dass wir nichts aus dieser kostbaren Zeit machen.", sagte er. Ein warmes Lächeln lag auf seinen Lippen. Auch Lia lächelte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. "Ja. Nur mit dir.", sprach sie. Phils Lippen berührte nun ihre und verführten sie in einen Federleichten Kuss. Welcher man kaum spürte. "Komm mein Engel. Lass uns gehen. Ich habe etwas vorbereitet.", lächelte er. Sie nickte eifrig und ging mit ihm. Er führte sie in einen Park. Jener park, indem sie sich das erste Mal getroffen hatten.
"Ich liebe dich Lia." "Ich dich auch Phil."Sie kamen an einer Picknikdecke an und setzten sich auf sie. "Hast du Hunger?", lächelte er. "Nein Danke."
"Du musst aber essen!", sagte er und sein lächeln verschwand. Lia war Mager und das wusste er auch. Ihre Beine waren so zerbrechlich dünn.
"Ich habe keinen Appetit.", versuchte sie sich heraus zu reden, doch dann hatte sie schon eine Traube im Mund. Sie grinste und aß genüsslich die Traube. "Siehst du! Du hast nämlich doch Hunger!", grinste er. "Vielleicht ein bisschen."
"Lia...? Ich liebe dich. Es tut mir alles so leid. Die Tage waren schrecklich. Die Tage der Ungewissheit. Die Tage, die noch kommen werden. Es ist wie ein böser Traum an dem man nicht zu erwachen scheint." Sein Blick senkte sich.
Ja so schien es. Wie ein endlos langer Traum.