Justin Hendoras
Es regnete, als sie das Ende der Brücke entdeckten. Justin riss die Augen auf, als er die grüne Wiese im Hintergrund sah. Er ließ Juliette los und zeigte in die Richtung. "Seht nur! Wir haben es geschafft!" Juliette hob den Kopf und steckte ihr braunes Buch weg, dann sah sie es auch: Wiesen, Wälder und vor allem Erde. Endlich wieder Erde unter den Füßen.
Die Gruppe bewegte sich schneller, bis auch die letzten die Brücke endlich verlassen hatten. "Endlich", hauchte Juliette und machte größere Schritte. Justin lächelte ihr aufmunternd zu und sie schenkte ihm ebenfalls ein Lächeln. Man konnte ihr ansehen, dass ihr eine große Last von den Schultern fiel, als sie die ersten Schritte ins Gras machte. Ihr Lächeln wurde trotz des leichten Regens breiter und Justin schmunzelte über ihre kindliche Freude.
Das Volk von Mortis kam Schritt für Schritt und ohne weiteren unangenehmen Unterbrechungen von der Brücke hinunter. Sie liefen langsamer, nicht nur wegen dem Regen, sondern vor allem wegen der Erleichterung die Brücke überwunden zu haben. Justin und Juliette hatten sie außerdem auf die andere Seite gehetzt, damit sie so schnell es ging über die tödliche Brücke kamen.
Sie liefen für mehrere Tage im Regen herum. Sie wanderten weiter an der Mauer des riesigen Geländes der Magier Akademie vorbei, die die größte war, die Lothoria zu bieten hatte. Justins und Juliettes Laune sank wieder, und die ewige Nässe ging ihnen auf die Nerven. Man fand kaum eine trockene Stelle zum Schlafen. Irgendwann gab es auch Gewitter und die Truppe musste öfter anhalten. Das Volk wurde schwächer in der langen Reise in Regen, Sturm und Kälte. Der Winter kündigte sich mit mehr Frost an und die Temperaturen sanken soweit, dass zusätzliche Decken ein Segen gewesen wären. Die Alten und Erwachsenen froren, aber die meisten der Kinder spielten aufgeweckt zwischen Bäumen und bauten Blätterhügel wenn sie rasteten. Sie bastelten sich Flügel aus Tannennadeln und abgestorbenem Laub und spielten Geschichten von Drachen, Feen und Engeln. Die älteren Mädchen bastelten Blumenkronen für die Kleineren und die Kinder spielten mit Stöcken und Ästen Ritterduelle nach.
Juliette saß oft unter einem Baum, meisten in ihr Notizbuch versunken. Oft aber sprach sie auch mit Justin, oder sie aßen zusammen, mit einer Decke über ihren Köpfen im Regen und sahen den Kindern beim Spielen zu. Manchmal ertappte Justin sie auch dabei we sie ihm zusah, wenn er mit den Jüngeren spielte, oder den Älteren Tricks mit den Stöcken beibrachte. Ab und zu erzählte Goliardon ihnen Geschichten und so saß das Volk von Mortis oft um ihn herum versammelt im Gras und hörten sich Geschichten von längst vergessener Zeit an. Er erzählte von den sechsunddreißig Göttern des polytheistischen Glaubens - wovon aber viele der ungläubigen Bewohner nicht sehr angetan waren, denn in Mortis versprach das Gesetz, dass man sich seinen Glauben selbst aussuchen durfte und so war die Mehrheit atheistisch - und er berichtete von Vampiren, Steinhocker, Hirnhaare und Moorenbrauen. Am beliebtesten aber waren die Geschichten über die Alleshocker. Das waren große, flauschige Wesen mit Fell und Flossen. Je nach Jahreszeit watschelten sie entweder komplett befreit von der Felldecke oder darin eingehüllt herum. Justin fand die Geschöpfe merkwürdig, aber er verstand, dass die Kinder sie liebten. Sie waren flauschig und friedlich und eigentlich leicht zu zähmen, wenn auch etwas scheu. Allerdings zähmte man sie schon lange nicht mehr, denn sie hatte ehrlich gesagt einfach gar keinen Nutzen. Sie ernährten sich von Gras, Moss, Flechten und Insekten wie Fliegen, darum fand man sie oft bei matschigen Teichen oder Sumpfgelände. Mit dem Steinhocker allerdings waren sie nicht verwandt, trotz ihres ähnlicheren Namens.
Die Gruppe blieb trotz des Wetters optimistisch, und schon bald wurde der Regen schwächer. es nieselte trotzdem noch tagelang durch. Kurz blinzelte die Sonne zwischen den grauen Wolken hervor, als sie die Mauern der Akademie für Magier hinter sich ließen. Es war im Allgemeinen kein sonderlich beliebter Ort, denn innerhalb der Mauern der Akademie waren schon viele Dinge passiert, über die man sich in der Öffentlichkeit nur im Flüsterton berichtete. Dort sollte allerhand dämonisches Chaos am Werk sein, darum mieden die Meisten die Gegend. Noch dazu war Vakres Wald in der Nähe - der Wald in dem der gefährlichste Vampir der wahrscheinlich ganzen Welt zu finden war. Wer dort auch nur einen Fuß hinein setzte, so sagte man, würde nie wieder hinaus finden. Zu ihrer Rechten war also eine Magierschule mit einem mehr als schlechten Ruf, und zu ihrer Linken ein Wald des schlimmsten Übels der Region. Aber vor ihnen war ein Weg. Und den würden sie beschreiten, komme, was wolle.
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Lothoria: Schwarzes Blut
Fantasía»𝕹𝖎𝖊𝖒𝖆𝖓𝖉 𝖜𝖎𝖑𝖑 𝖘𝖎𝖊 𝖘𝖊𝖍𝖊𝖓, 𝖉𝖎𝖊 𝖇𝖎𝖙𝖙𝖊𝖗𝖊 𝖂𝖆𝖍𝖗𝖍𝖊𝖎𝖙. 𝖁𝖔𝖗 𝖑𝖆𝖚𝖙𝖊𝖗 𝕷ü𝖌𝖊𝖓 𝖎𝖘𝖙 𝖓𝖚𝖗 𝖓𝖔𝖈𝖍 𝖉𝖎𝖊 𝕰𝖗𝖎𝖓𝖓𝖊𝖗𝖚𝖓𝖌 𝖜𝖆𝖍𝖗.« Krieg! Das lange im Frieden lebende Königreich Mortis wird angegriffen! A...