Ein kleines Preview bis zur Veröffentlichung am Sonntag. Noch drei Tage. Jeden dieser Tage werde ich euch natürlich mit einem Kapitel versüßen.
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Das nervtötende Surren meines Weckers reißt mich aus einem unruhigen Schlaf. Müde öffne ich die Augen und schaue auf die Uhr. In roten Leuchtziffern zeigt sie 6.30 Uhr an. Die Nacht war kurz und unruhig. Mit der Lektüre meines neuen Vampirromans war ich erst nach Mitternacht fertig geworden. Trotzdem bin ich direkt hellwach. Eine Mischung aus Aufregung, Neugier und Freude macht sich in mir breit. Genau heute beginnt mein achtwöchiges Praktikum in der medizinischen Forschung und ich habe endlich die Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln.
Es ist Mitte Juli. Die Semesterferien haben gerade begonnen und die nächsten Vorlesungen finden erst wieder Mitte Oktober statt. Biochemie und Co. sind, zum Glück, erst einmal Geschichte. Umso mehr freue ich mich darauf, endlich, ohne schlechtes Gewissen, Romane und Fantasy-Geschichten lesen zu können. Ich recke und strecke mich noch einmal im Bett. Schließlich stehe ich auf. Leise schleiche ich ins Bad, um meine Mitbewohner Simone und Michael nicht zu wecken. Die beiden haben sich während des Jurastudiums kennengelernt, sofort ineinander verliebt und sind seitdem ein Paar. Ich selbst habe keinen festen Freund. Ich habe auch echt keine Zeit für Liebeskummer und Gefühlschaos. Mein Studium, vor allem Biochemie, fordert mich richtig. Die anderen Fächer machen mir Spaß. Eigentlich hatte ich geplant, Medizin zu studieren. Doch ein Hauptbestandteil, nämlich der direkte Umgang mit Nadeln, ist für mich unerklärlicherweise, mit einer großen Angst belegt. Von Bekannten habe ich gehört, dass Medizinstudenten nicht nur an sich selbst, sondern auch aneinander üben. Allein der Gedanke jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Deshalb habe ich den Weg in die Forschung gewählt und bin damit mehr als glücklich.Nach einer kurzen Dusche gibt es, das für mich, typische Frühstück: Eine halbe Tafel Schokolade. Ja. Die liebe Schokolade ist in den letzten Jahren mein ständiger Begleiter. Seitdem ich von zu Hause ausgezogen bin, ist sie mein Hauptnahrungsmittel Nummer eins geworden. Obst und gesundes Grünfutter stehen überhaupt nicht auf meinem Speiseplan. Essen an sich gehört ohnehin nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Das Medizinergebräu, namens Kaffee, ist für meinen Wohlfühlblutdruck von 100 zu 60 wirklich Gift. Cola dagegen kann ich sehr viel abgewinnen. Noch ein letzter Blick in den Spiegel. Ich bin zufrieden mit meinem Äußeren. Meine langen, blonden Haare fallen mir offen über den Rücken. Sie sind noch etwas feucht. Aber heute wird es schön warm. Sie werden schon noch trocknen. Ein neugieriges Funkeln liegt in meinen hellblauen Augen. Ich bin etwas blass, deshalb sieht man meine sonst fast unsichtbaren Sommersprossen in meinem Gesicht. Mein Blick fällt auf meine Armbanduhr. Ich muss dringend los, wenn ich nicht zu spät kommen will. Da die Uniklinik nicht weit von der Uni und meiner Wohnung entfernt ist, beschließe ich, den kurzen Weg von etwa 20 Minuten, zu Fuß zu gehen. Langsam erwacht die Stadt zum Leben. Mittlerweile lebe ich seit fast zwei Jahren hier. Ich liebe diese Stadt. Die Entscheidung, hier Biomedizin zu studieren, war goldrichtig.Nach einem kurzen Fußmarsch liegt das Universitätsklinikum vor mir. Mein Handy vibriert in meiner Tasche. Auf dem Display erscheint die Nummer von Trixie, meiner besten Freundin.Trixie: Hey Süße, ich wünsche dir viel Spaß bei deinem Praktikum. Kommst du heute Abend zur Party? Markus kommt auch. Ich schaue auf die Uhr. Hm, ich habe noch ein bisschen Zeit, um ihr zurückzuschreiben.Elena: Hm. Mal sehen. Wann gehst du?Schnell stecke ich das Handy wieder in die Tasche und atme noch einmal tief durch. Ein freudiges Gefühl macht sich in meinem Bauch breit. Ich betrete das Gebäude durch die große Tür und versuche, mich zu orientieren. Ich sehe das Schild meiner Abteilung und mache mich auf den Weg dorthin. In der Forschungsabteilung der Gynäkologie angekommen, öffnet sich die Automatiktür und ich schaue mich erst einmal um. Nach kurzer Zeit kommt ein etwas älterer, grau melierter, Mann auf mich zu. Mit einem freundlichen, aber auch etwas einschüchternden Lächeln, schüttelt er mir die Hand.„Elena Schneider, nehme ich an? Mein Name ist Professor Dr. Güldener. Ich leite diesen Forschungsbereich." Ich erwidere sein Lächeln.„Freut mich sehr." Jetzt bin ich wirklich ein bisschen eingeschüchtert.„Kommen Sie, wir besprechen in meinem Büro kurz die Formalitäten." Ich folge ihm durch den Flur.„Nach Ihnen, bitte."Ich trete vor ihm ins Büro.„Setzen Sie sich." Ich nehme ihm gegenüber Platz und lege meine eiskalten Hände in den Schoß.„Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Einen Kaffee vielleicht?" Er scheint zu spüren, wie aufgeregt ich bin.„Danke, nein." Ich lächle ihn an. Einen Moment hält er meinen Blick fest.„Gut! Dann kommen wir gleich zur Sache! Also, ich habe mir Ihre Praktikumsunterlagen angesehen. Ich weise Ihnen drei nette Kolleginnen zu. Diese betreuen immer wieder Praktikanten aus Ihrem Studiengang." Er wirft mir einen kurzen Blick, über den Rand seiner Brille, zu. Ich lächle und nicke. „Sie wissen ja, dass wir hier mit Stammzellen arbeiten. Dafür brauchen wir Blut. Die Kolleginnen und Kollegen spenden dafür immer wieder eine kleine Menge. Das gehört bei uns dazu. Deshalb bitte ich Sie, morgen früh um 9.00 Uhr in den Raum 3.01, der Gynäkologie, zu kommen. Sie können sich dann entscheiden, ob Sie beim Endometrioseprojekt oder im CDA-Array teilnehmen möchten." Er sieht mich abschätzend an. Allerdings kann ich mich auf nichts mehr konzentrieren. Blutentnahme? Habe ich das gerade wirklich richtig gehört? Das kann doch nicht wahr sein!„Frau Schneider? Geht es Ihnen nicht gut? Sie sehen so blass aus?" Professor Güldener kommt um den Tisch herum und kniet sich neben mich. Seine warme Hand streift mein Handgelenk. Ich versuche, mich zusammenzureißen.„Ähm, ja, alles in Ordnung!", überspiele ich meine Panik.„Ihr Puls rast!" Der Professor sieht mich kritisch an. „So aufgeregt?"„Ja, ziemlich. Vor allem freue ich mich darauf, endlich praktisch arbeiten zu können!" Ich lächle ihn an. Zum Glück lässt er endlich mein Handgelenk los. „Und ich glaube, ich werde mich für das Endometrioseprojekt entscheiden."„Gut, wenn Sie das sagen. Dann zeige ich Ihnen jetzt Ihren Arbeitsplatz. Morgen treten Sie dann, nach der Blutentnahme, Ihren ersten Dienst an. Keine Sorge, das dauert nur 15 Minuten." Er steht auf und auch ich erhebe mich, mit weichen Knien, von meinem Stuhl. Gemeinsam verlassen wir das Büro und gehen den Flur entlang. Kurz darauf klopft er an eine andere Tür.„Guten Morgen die Damen! Ich bringe Ihnen die neue Praktikantin, Elena Schneider. Sie wird morgen , nach der Blutentnahme, ihr Praktikum bei uns beginnen." Drei lächelnde Frauen kommen mir entgegen und stellen sich vor. Bei dem Wort Blutentnahme bekomme ich allerdings wieder eine Gänsehaut am ganzen Körper.„Hallo, ich bin Janina", sagt eine brünette, etwas fülligere Frau.„Und ich bin Maike", stellt sich mir gleich darauf eine blonde, sportliche Frau vor.„Und ich bin die Petra!" Diese Frau wirkt schon etwas älter. Sie hat leichte Falten und schon graue Haare. Alle drei wirken sehr sympathisch auf mich. „Gut, Frau Schneider! Dann lasse ich Sie mal bei den Frauen hier. Wir sehen uns dann übermorgen bei der ersten Sitzung." Er lächelt mir noch einmal zu und verlässt den Raum. Ich atme auf. „Also Elena, ich darf doch Elena sagen, oder?", fragt Janina.„Ja, klar. Auf jeden Fall!" Etwas schüchtern lächle ich Janina an.„Super!" Sie öffnet eine Tür in dem Büro. Dahinter versteckt sich nochmal ein kleiner Arbeitsplatz. „Hier ist dein Arbeitsbereich. Mach dich einfach ein bisschen mit den Geräten vertraut. Wenn du Fragen hast, sag einfach Bescheid!" Sie lächelt mich freundlich an.„Das werde ich! Danke!" Also ziehe ich meine Jacke aus und die Schutzkleidung an. Dann schaue ich mir das Mikroskop und seine verschiedenen Einstellungen, die verschiedenen Instrumente und den Inhalt der Schubladen genau an. Die Zeit vergeht wie im Flug und ich zucke kurz zusammen, als Maike mich anspricht.„Willst du mit uns Mittag essen? Die Kantine ist echt gut. Danach kannst du gehen. Morgen ist ja erst dein erster, richtiger Arbeitstag."„Klar. Sehr gerne!" Ich schließe die Schubladen, ziehe die Schutzkleidung wieder aus und lege sie ordentlich zusammen. Ich wasche mir kurz die Hände. Ich bin froh, in so einem netten Team gelandet zu sein. Ich folge den dreien durch die Klinik. Bald sind wir in der Kantine angekommen. Ich nehme mir ein Tablett und lade mir etwas vom Kaiserschmarrn auf den Teller. Dann wende ich mich an Janina. Sie wirkt von den dreien am zugänglichsten. „Sag mal. Muss ich morgen wirklich zu dieser Blutabnahme?", frage ich sie leise.„Ach, das ist doch nicht so schlimm. Wir brauchen das Blut nur für das Labor. Du Maike, wer macht denn momentan die Blutentnahmen?"„Das macht Magnus. Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Der ist echt nett!"„Der ist was fürs Auge, Mädel." Petra zwinkert mir zu. Mein Herz schlägt schneller. Na toll! Auch noch ein gut aussehender Arzt, der mir Blut abzapft. Mir wird schlecht. Ich schiebe den Teller zurück.„Magnus macht das auch ganz vorsichtig. Du spürst nur einen kleinen Pieks und schon ist es vorbei." Maike lächelt mich aufmunternd an.Ich spüre das vertraute Kribbeln in meinen Fingern, die eine Panikattacke ankündigen. „Bei dem süßen Kerl ist mein Blutdruck auch immer ganz schön hoch", kichert Petra. Janina legt eine Hand auf meinen Arm.„Geht's dir gut? Du bist ganz blass?" Ich zwinge mich dazu, tief Luft zu holen. Auch Maike und Petra haben aufgehört, über den scheinbaren Halbgott in Weiß zu reden und schauen mich an. Langsam beruhigt sich mein rasender Puls. Wie soll ich das morgen nur überstehen, ohne mich komplett zum Affen zu machen?„Jetzt kriegt sie langsam wieder Farbe, die Kleine." Petra mustert mich intensiv. Auch die anderen beiden starren mich an. Ich muss mich wirklich zusammenreißen.„Alles in Ordnung." Ich lächle die drei Frauen so überzeugend wie möglich an.„Hast du das oft?", fragt Janina einfühlsam. „Du kannst dein Blut morgen, kostenlos, im Labor der Klinik, untersuchen lassen. Das ist kein Problem. Sag das morgen einfach Magnus und er wird alles in die Wege leiten."„Super. Danke schön. Mach ich." Ich nehme mein Tablett und stehe auf. Meine Beine fühlen sich wackelig an, aber sie tragen mich. Ich bringe das Tablett zurück, winke meinen drei Kolleginnen noch einmal zu und verlasse die Mensa.Mein Herz schlägt immer noch wie wild. Ich schlucke trocken. Wie soll das morgen nur werden? Mit zittrigen Händen hole ich mein Handy aus der Tasche und schreibe Trixie eine Nachricht.Elena: Ich muss leider für heute Abend absagen. Fühle mich nicht so gut!Postwendend kommt die Antwort.Trixie: Was ist los? Wie war dein erster Praktikumstag?Elena: Das Team ist nett. Aber ich muss morgen zur Blutabnahme...Trixie: Oh, oh. Aber komm, das schaffst du schon. Ein bisschen Party wäre doch eine gute Ablenkung. Bevor du die ganze Nacht darüber nachdenkst. Elena: Nee, wirklich nicht. Ich muss jetzt nach Hause!Trixie: Schade. Aber sag Bescheid, wenn du es dir anders überlegst!Elena: Mach ich. Bis dann.Trixie: Pass auf dich auf.Langsam mache ich mich auf den Heimweg. Mit aller Kraft versuche ich, gegen den ständigen Gedanken an die Blutabnahme anzukämpfen. Aber es gelingt mir nicht. Schon jetzt zittern meine Hände, allein bei dem Gedanken daran. Ich beschließe, mich ins Bett zu legen und etwas zu lesen. Vielleicht kann mich das ein wenig ablenken.Nach einer guten Stunde lege ich das Buch entnervt weg. Soll ich doch auf die Party gehen? Darauf habe ich aber eigentlich auch keine Lust. Ich nehme mir nochmal meine Uniunterlagen vor, um morgen für das Praktikum gut vorbereitet zu sein. Dank der Lernroutine schafft es mein Kopf endlich, sich von dem blöden Termin morgen abzulenken. Als ich wieder auf die Uhr schaue, ist es schon 21.00 Uhr. Die Zeit ist wirklich schnell vergangen. Ich trinke noch einen Schluck Tee in der Küche und mache mich dann bettfertig. Als ich im Bett liege, kreisen meine Gedanken immer wieder um die Blutentnahme. Mussten die Kolleginnen wirklich sagen, dass der Typ auch noch gut aussieht? Ich wälze mich im Bett hin und her. Spiele in Gedanken verschiedene Laborprotokolle durch, um mich von dem Gedankenkarussell, in meinem Kopf, abzulenken. Nach einer Weile funktioniert es endlich. Ich falle in einen unruhigen Schlaf, aus dem ich immer wieder schweißgebadet aufwache. Als der Wecker klingelt, fühle ich mich wie gerädert. Es ist, als hätte ich gar nicht geschlafen. Ich setze mich im Bett auf und bleibe eine Weile sitzen. Wieder denke ich an die verdammte Blutabnahme. Meine Hände fangen an zu zittern. Seufzend stehe ich auf und gehe leise ins Bad, um eine dringend benötigte Dusche zu nehmen. Immerhin weckt sie meine Lebensgeister ein wenig aus dem Tiefschlaf. Ich hätte noch stundenlang unter der Dusche stehen können. Dann schrubbe ich mich genüsslich ab, creme mich mit meiner Bodylotion ein und ziehe mich an. Ein Blick auf mein Handy lässt mich zusammenzucken. Ich habe viel Zeit verloren. Das Föhnen muss auch heute hinten anstehen. Also kämme ich meine Haare nur kurz durch und stecke sie dann, zu einem festen Knoten, nach oben. Das ist wichtig, wenn ich am Mikroskop arbeite. Kein Haar darf sich lösen. Schnell schnappe ich mir meine Tasche. Selbst für die obligatorische halbe Tafel Schokolade bleibt heute keine Zeit. Vielleicht ist das auch besser so. Ein erneuter Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich heute wohl das Fahrrad nehmen muss, um pünktlich zu sein. Ich gehe die Treppe hinunter, schließe mein Rad auf und schwinge mich in den Sattel. Es ist deutlich kühler als sonst und ich spüre die kalte Luft deutlich auf meiner, noch feuchten, Kopfhaut. Schnell bin ich an der Klinik. Ich stelle mein Rad ab und bin doch ziemlich außer Atem, obwohl es nur eine kurze Strecke war. In meiner Hosentasche suche ich nach dem Zettel, auf dem mir Prof. Güldener aufgeschrieben hat, wo ich mich melden soll. Ah, da ist er ja. Ich muss in die gynäkologische Ambulanz, Raum 3.01. Ich schlucke trocken. Da muss ich wohl durch. Mein Puls wird deutlich schneller. Ich versuche, mich zusammenzureißen. Meine Beine fühlen sich ganz wackelig an. Ich betrete die Klinik und habe das Gefühl, dass mich alle anstarren. Zögernd steige ich in den Aufzug und fahre in den dritten Stock. Inzwischen habe ich ein leichtes Rauschen in den Ohren. Meine Hände zittern und ich muss mich an den Haltestangen festhalten. Endlich hält er, mit einem leisen „Ping", an. Ich bin im dritten Stock angekommen. Mir ist übel. Gott sei Dank bin ich alleine im Lift. Langsam trete ich aus dem Lift. Ich nehme meine Umgebung nicht mehr richtig wahr. Ich konzentriere mich auf die Türnummern. Zum Glück ist es gleich die erste Tür rechts vom Aufzug. Ich habe die naive Hoffnung, dass dort niemand ist. Zaghaft klopfe ich. Wenn das überhaupt noch möglich ist, geht mein Puls noch weiter in die Höhe. Inzwischen funktioniere ich nur noch. Schemenhaft nehme ich wahr, wie sich die Tür öffnet. Das Gesicht der Person kann ich nicht richtig erkennen. Meine Umgebung schwankt und die Übelkeit nimmt zu. Ich schließe die Augen und spüre sofort, wie mich zwei starke Hände an den Oberarmen packen und in die Waagerechte positionieren. Das Ding unter mir bewegt sich und meine Beine werden nach oben gelagert. Ich spüre, wie jemand vorsichtig mein Haargummi löst, damit mein Kopf besser liegt. Die Stimme, die da brummt, klingt eindeutig männlich. Doch meine Aufmerksamkeit reicht nicht aus, um diesem Verdacht nachzugehen. Kühle, angenehme Finger tasten meinen Puls. Ich höre, wie die Person etwas zu mir sagt. Aber es ergibt keinen Sinn. Ich halte die Augen weiterhin fest geschlossen und hoffe, dass sich dieser unglückliche Zustand schnell in Luft auflöst. „Hallo, können Sie mich hören?" Eine angenehm dunkle Stimme hallt durch den Raum. Langsam lassen die heftigen Symptome nach und ich kann wieder etwas klarer denken. Vorsichtig öffne ich die Augen. Ein Mann, Ende zwanzig, weißes Polohemd und Arztkittel, beugt sich über mich und lächelt mich an.„Na, wieder da?" Wieder spüre ich, wie seine Finger meinen Puls fühlen. Aber diesmal an meiner Halsschlagader. Ich bin an dieser Stelle furchtbar empfindlich und zucke, unter seinen tastenden Fingern, ein wenig zusammen. „Hier bleiben!", sagt er streng. „Können Sie mir sagen, wie sie heißen?" Der Mann schaut mich nun etwas besorgt an.Ich räuspere mich kurz und denke, er hätte sich ja ruhig auch vorstellen können!„Elena Schneider. Ich bin die neue Praktikantin."„Ach so, okay. Dann sind Sie heute zur Blutentnahme hier. Gut, dass Sie schon liegen. Ich bin Magnus Schmieder." Er lächelt mich ein wenig frech an. Ich spüre, wie sich mein Herzschlag wieder beschleunigt. Er will mir doch nicht etwa doch noch Blut abnehmen?„Ganz ruhig. Entspannen Sie sich. Sie haben gerade wieder etwas Farbe ins Gesicht bekommen. Die Blutabnahme ist freiwillig. Ich werde Sie nicht dazu zwingen!" Er legt mir kurz die Hand auf den Bauch und wartet, bis ich mich beruhigt habe. Seine Hand fühlt sich gut und warm an. Ich entspanne mich ein bisschen. Dann wendet er sich wieder von mir ab und holt ein Blutdruckmessgerät vom Beistellwagen. Er legt es neben mich, setzt sein Stethoskop an und beginnt, die Manschette um meinen Oberarm zu wickeln. Mit seinen dunklen kurzen Haaren und den dazu passenden grau – grünen Augen sieht er wirklich gut aus. Die Mädels haben nicht übertrieben. „Dann schauen wir doch mal!" Wieder lächelt er mich an. Seltsamerweise spüre ich ein leichtes Kribbeln im Bauch. Was soll denn das jetzt? Sicherheitshalber weiche ich seinem Blick aus und schaue an die Decke.„Hm. Ihr Blutdruck ist eigentlich im Normalbereich. Wie sind denn sonst Ihre Werte?", fragend schaut er mich an. „Oft so 100 zu 60", sage ich leise.„Dann ist der Druck für Sie ja gerade fast gigantisch hoch." Wieder lächelt er mich freundlich an. Ich spüre, wie ich rot werde. Er legt das Gerät zur Seite, rollt sich mit seinem Rollhocker, wieder neben mich und sieht mich durchdringend an. „Das überprüfen wir nachher noch mal. Aber im Ernst. Haben Sie das öfters? Das war gerade eine handfeste Panikattacke. Das wissen Sie hoffentlich!"„So ausgeprägt wie dieses Mal war es noch nie." Ich weiche seinem Blick aus.„Aha, und wann kommt das sonst vor?" Dieser Blick geht mir wirklich durch Mark und Bein. Jetzt stellt sich mir die Frage: Angriff oder Rückzug? Ich entscheide mich für Angriff. Die Hintergründe gehen diesen Typen überhaupt gar nichts an!Also setze ich mich auf. Das ist, wegen der immer noch hochgelagerten Beine, etwas schwierig.„Ich glaube, mein Kreislauf ist soweit wieder stabil", sage ich so selbstbewusst wie möglich. So schnell, wie er neben mir steht und mich wieder auf die Liege drückt, kann ich gar nicht reagieren.„Sie bleiben liegen, bis ich Ihnen das Okay gebe." Ich verdrehe die Augen. Der Typ ist wirklich sehr von sich überzeugt. Er mustert mich kritisch und legt dann wieder einen Finger sanft auf meine Halsschlagader. Ich halte den Atem an und spüre, wie mein Herz wieder schneller schlägt. Das ist wirklich unfair von ihm! Er lächelt mich an, dreht sich zur Seite und legt wieder die Manschette an meinen Oberarm. Ich drehe den Kopf zur Seite.„Der Druck ist wieder in Ordnung, für Ihren relativ niedrigen Blutdruck. Sie können sich nun LANGSAM aufrichten." Er entfernt das Lagerungskissen wieder. Natürlich folge ich seinen Anweisungen nicht und richte mich schwungvoll auf. Eigentlich sollte ich wissen, dass das keine gute Idee ist. Der Kerl hat aber etwas an sich, dass mich dazu bringt, ihn bewusst zu provozieren. Dass ich mir, mit meinem Verhalten, am ehesten selbst schädige, habe ich natürlich nicht bedacht. Wieder dreht sich der Raum um mich. Ich kralle meine Hände fest in das Kunstleder der Untersuchungsliege. Ich spüre die Hände des Arztes auf meinen Schultern. „Atmen Sie tief ein und aus. Befolgen Sie eigentlich nie Anweisungen?"Ich beschließe, seine rhetorische Frage zu ignorieren, und öffne die Augen. Ich bin froh, wieder klar denken zu können. Ich spüre seinen Blick auf mir, halb besorgt, halb kritisch.„Haben Sie heute schon etwas gegessen?"„Nein, eigentlich nicht." Ich spüre, wie ich wieder ein wenig rot werde.„Dann holen Sie das aber schnell nach! Wenn Sie hier noch einmal schlapp machen, lege ich Ihnen einen Zugang und spritze Ihnen etwas für den Kreislauf!" Panik steigt in mir auf. Das will ich um jeden Preis vermeiden. Er kommt noch ein Stück näher.Ich nehme seinen, leicht herben, Geruch wahr. Er riecht sehr angenehm. Trotzdem muss ich jetzt wirklich aus diesem Raum heraus. Bevor er noch seine Drohung wahrmacht. „Das wird nicht passieren! Versprochen!" Ich stehe auf. Meine Beine tragen mich jetzt zum Glück. Dr. Schmieder lässt mich los. Ich bücke mich nach meiner Tasche.„Das hoffe ich auch für Sie! Passen Sie auf sich auf!"„Das werde ich!", sage ich schnippisch und verlasse den Raum.„Auf Wiedersehen!", ruft er mir noch hinterher. Ich denke bei mir: „Auf Nimmerwiedersehen!" Im Laufen hole ich mir meinen Notschokoriegel aus der Tasche. Dann fahre ich mit dem Aufzug in mein Labor. Jetzt muss ich nur noch den anderen beichten, dass das mit der Probenentnahme nicht so richtig geklappt hat.Also betrete ich etwas zögerlich den Raum.„Guten Morgen", sage ich leise. „Na, wie war die Blutabnahme?", fragt Janina neugierig. Sie ist bisher die Einzige im Büro.„Es hat nicht so gut geklappt. Mein Kreislauf hat das nicht mitgemacht", antworte ich kleinlaut.„Ach du meine Güte. Ist dir schlecht geworden?"„So ähnlich ..."„Dann hat sich Magnus bestimmt gut um dich gekümmert." Sie kichert leise. Was haben die nur alle mit diesem rechthaberischen Typen.„Weißt du was? Wir machen das jetzt so. Wir sagen dem Chef und den anderen erst mal nichts und ich gehe für dich. Okay?"„Ja, das wäre super! Vielen Dank!" Ich fühle eine große Erleichterung. Sie hat definitiv etwas Gut bei mir!„Kein Problem! Dann bis gleich." Janina verlässt den Raum. Ich setze mich auf meinen Stuhl und atme erstmal durch. Das war ja ein toller Start ins Praktikum!
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Herzblut ~ Elena und Magnus Geschichte - Preview
RomanceEndlich Praxis! Elena ist 22 Jahre alt und studiert Biomedizin. Für ihr Praxissemester hat sie sich das Labor einer Uniklinik herausgesucht. Dort begegnet sie Dr. Magnus Schmieder, der sie mit ihren ganz eigenen Dämonen konfrontiert. Dies geschieht...