So leicht, wie es sich Makhah vorgestellt hatte, war es nicht. Selbst nach der Verhandlung schlief Khione weiterhin im Stall und blieb zurückgezogen. Sie vermied es, in die Nähe der Burg zu kommen oder mit anderen zu sprechen. Versuchten Inyan und Taira, sie zum Essen und Bleiben zu überreden, reagierte sie nicht, obwohl ihr Magen laut knurrte. Asku sah, wie sie manchmal nachts auf einem Strohhalm herumkaute, ansonsten verweigerte sie das Essen komplett. Lieber lief sie nach der Arbeit direkt zum Fluss, wusch sich rasch die Hände und kehrte in den Stall zurück. Dabei war sie stets darauf bedacht, einen Umweg einzulegen.
Eines Nachmittags besuchte Makhah mit Yakari und seiner Frau Yona seinen Hengst, der noch immer in der Box stand. Die Verletzung an Denalis Bein heilte, aber er ließ ihn absichtlich hier, da er scheinbar eine beruhigende Wirkung auf Khione hatte. Asku hatte erzählt, dass sie jeden Abend die Pferde streichelte und sobald sie bei Denali ankam, legte dieser seinen Kopf auf ihrer Schulter ab. Daher blieb sie bei ihm länger stehen, ehe sie sich zu den Heuballen in der Ecke zurückzog.
„Wir müssen bald zu unserem Terikan zurückkehren", erklärte Yakari, der Denalis Hals sanft klopfte. Sie waren schon länger als sonst geblieben und durften die Abreise nicht mehr hinauszögern, denn in der Nacht hatte sich eine zarte Schneedecke über das Gras gelegt. Jeder weitere Tag hier würde die Gefahr auf der Rückreise erhöhen, das wusste Makhah. „Was ist nun mit den Sheikahs? Bleiben sie hier, werden sie wie von dir gewünscht ausgesetzt oder nehmen wir sie mit?"
Makhah schüttelte den Kopf. „Nehmt meinen Wunsch nicht mehr ernst", bat er. „Ihr Schicksal liegt in Khiones Händen." Nie würde er die Ansprache der Heilerin vergessen. Khione war weiterhin Shihara, die über alles entschied, doch es wirkte nicht, als wäre sie sich der Macht bewusst. „Wenn sie sich nicht dazu äußert, solltet ihr mit Kabiha und Tehew reden. Beide haben genug Erfahrungen."
„Sie tut mir leid", bemerkte Yona leise, als sie den Heuballen sah, auf dem Khione nächtigte. Darauf waren sogar einige getrocknete Blutflecken zu sehen. „Es muss schrecklich sein, in Angst und Einsamkeit zu leben. Sie vegetiert vor sich hin und scheint alles aufgegeben zu haben."
Bedrückt sah Makhah zu Boden. Ihre Worte trafen ihn ins Herz, denn an der Situation war er allein schuld. Nicht einmal Sabah kam an sie heran, worüber sie zutiefst bestürzt war. Zwar war sie teilweise wieder auf den Beinen, doch Pahra befahl ihr, sich im Warmen aufzuhalten, bis ihr Husten besser wurde. Zudem sollte sie Khione nicht zu sehr bedrängen. Trotzdem ließ es sich seine Schwester nicht nehmen, jeden Tag nach ihr zu sehen, aber sie bemerkte rasch, dass Khione bei jeglichen Berührungen sofort zurücktrat. Die stumme Abweisung tat Sabah unglaublich weh.
„Wenn ich nur die Zeit zurückdrehen könnte ...", murmelte Makhah. „Ich würde ihr so gern zeigen, wie leid es mir tut und wie ich wirklich bin."
Yakari legte seine Hand auf Makhahs Schulter. „Niemand kann die Vergangenheit ändern, sondern nur aus ihr lernen", sagte er. „Wir sind Menschen und begehen Fehler, aber es liegt an uns, was wir daraus mitnehmen."
So etwas Ähnliches hatte Khione auch gesagt. Oh, wie sehr wünschte er sich, er hätte auf sie gehört! Laut seufzend kraulte er Denalis Ohren, die bei jedem Geräusch zuckten. Wie immer war der Hengst aufmerksam und achtete auf seine Umgebung. „Es wird nicht leicht werden, ihr zu beweisen, dass ich nicht so bin, wie sie mich kennengelernt hat, wenn sie mich nicht an sich heranlässt und die Kommunikation verweigert ...", meinte er niedergeschlagen.
„Liebst du sie, Makhah?", fragte Yona plötzlich.
Er zuckte zusammen und blinzelte. Bevor er antwortete, horchte er in sich hinein und suchte nach der Antwort, die nicht gelogen war. Je mehr er in sich ging, desto klarer wurde sie, denn sein Herz fing bei den Erinnerungen mit Khione an, schneller zu schlagen. Und das auf eine Art, die ihm einen angenehmen Schauer über den Rücken bescherte. Gleichzeitig tanzten Schmetterlinge in seinem Bauch, die er bisher nur bei Ahyoka verspürt hatte. „Ja. Ich habe es nur vor lauter Sehnsuchtsschmerzen, Hass und Aislingblüten nicht verstanden", gestand er leise.
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Araki - Krieger des Nordens
RomanceAraki - die barbarische Rasse im Norden der Welt Azura. Ausgerechnet von ihnen wird die junge Khione auf ihrer Flucht vor den Entführern mit einem Pfeil abgeschossen. Schnell wird ihr klar, wie unerwünscht und gehasst sie im Araki-Clan von Shiharu M...