Kapitel 23

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Luan hat mittlerweile alle ins Bild gesetzt. Die Gespräche überschlagen sich, und ich kann kaum einem folgen. Die Situation überfordert mich ein wenig. Die anderen spekulieren wild darüber, ob es ein Verräter sein könnte, aber konkrete Ideen zur Entlarvung kann ich nicht herausfiltern. Langsam steigt meine Frustration ins Unermessliche. Luan scheint die Kontrolle zu haben, aber warum bringt er dann nicht endlich Ordnung ins Chaos? Ich bin es leid. Mit einem plötzlichen Impuls stehe ich auf und brülle: ,,Jetzt ist Schluss!" Sofort kehrt Stille ein und alle Augen richten sich auf mich.

,,Ich bin mir bewusst, dass ihr nicht für mich verantwortlich seid und ich schätze eure Hilfe umso mehr, aber dieses unkontrollierte Gerede führt uns nicht voran. Also der Reihe nach: Wer kann mit Sicherheit sagen wer das gewesen ist?" Alle schweigen. Luan fixiert mich mit einem Blick voller Stolz, der meine Selbstsicherheit in ungeahnte Höhen katapultiert. ,,Na schön, und wer hat einen Plan wie wir das herausfinden?"

Jonas schlägt vor: ,,Luan könnte eine Versammlung des Rudels einberufen und wir könnten nach Hinweisen auf verdächtiges Verhalten suchen." Noah stimmt zu: ,,Das klingt nach einem guten Plan." Während sie sprechen, lasse ich mich wieder auf meinen Platz sinken. Luan sagt vor: ,,Vielleicht sollten wir das machen." Marcel fragt neugierig: ,,Worüber genau sprichst du dabei?" Luan antwortet entschlossen: ,,Es gab einige Angriffe auf Dorfbewohner, und wir müssen das Problem lösen." ,,Aber damit bestätigst du doch das du nicht weißt wer es ist", sagt Laura. ,,Sie sollen ruhig glauben, dass ich denke das es jemand von außerhalb ist. Wenn es doch jemand von uns gewesen ist, dann wird die Person sich in Sicherheit fühlen und Fehler machen."

Nach intensiven und strukturierten Gesprächen ist der erste Schritt des Plans festgelegt. Die nächsten Schritte sollen dann gemeinsam besprochen werden. Die Versammlung ist für morgen Abend angesetzt und außer der Patrouille ist die Anwesenheit Pflicht. Ich soll nicht teilnehmen, da es offensichtlich wäre, dass es um mich geht, aber das ist mir recht. Ich will nicht in einem Raum voller fremder Wölfe sein. ,,Marcel und ich haben gerade noch eine Entscheidung über Mindlink getroffen." Ich frage mich, was das ist. ,,Einer von uns wird immer in der Nähe von Selena sein." "Wie bitte?", frage ich schockiert.

Marcel antwortet gelassen: ,,Sel, das dient lediglich deiner Sicherheit." Bevor ich jedoch Einwände erheben kann, unterbricht mich Luan mit strenger Stimme: "Keine Widerrede, die Entscheidung steht fest." ,, Nein das könnt ihr nicht machen. Ich will und möchte keinen Babysitter haben." Mein Zorn lodert wie ein Feuer in mir. Es ist unerträglich, dass sie 24 Stunden am Tag in meiner Nähe sind. Ich brauche dringend meine Privatsphäre.

Mia blickt fragend zu ihnen und schlägt vor: ,,Was ist mit uns? Wir können auch für sie da sein und sie beschützen." Ich hoffe, dass Mia meine Rettung sein könnte. Doch Luan lehnt entschieden ab: ,,Nein, Marcel und ich werden abwechselnd aufpassen." Enttäuscht senkt sie den Blick.

Ich bin sprachlos, in einem Zustand der Verwirrung. Obwohl ich mich in einer gefährlichen Situation befinde, finde ich die Reaktionen der beiden etwas übertrieben. Luan kündigt an: ,,Wir sehen uns morgen bei der Versammlung" und steht auf. Marcel folgt seinem Beispiel, packt meinen Arm und zieht mich hoch. In meiner Wut stoße ich seine Hand weg und verlasse das Haus.

Auf dem Weg zu meiner Wohnung höre ich nur das Geräusch ihrer Schritte, die mir folgen. Mit aufsteigendem Ärger in mir wende ich mich an die beiden, meine Stimme schneidend und bestimmt: ,,Lasst mich in Ruhe, ich kann gut alleine klarkommen." Marcel versucht mich zu beschwichtigen: ,,Sel bitte, lass uns doch nochmal drinnen darüber reden." Mit einem Kopfnicken weißt Marcel mich auf Frau Müller, die neugierig aus dem Fenster lugt. Gemeinsam betreten wir meine Wohnung, doch in mir brodelt die Wut weiter.

Nachdem wir den Raum betreten, richtet Luan seine Worte in einem herablassenden Ton an mich: ,,Verstehst du überhaupt, warum wir das alles für dich Menschen tun? Normalerweise wäre es mir egal, aber die anderen scheinen dich zu mögen. Also sei gewarnt: Entweder du akzeptierst das, oder ich werde dich in meinem Haus einsperren und dich nicht mal mehr in Begleitung nach draußen lassen. Hast du verstanden?"

Seine Worte treffen mich wie ein Schlag ins Gesicht, unerwartet und mit voller Wucht. Das Gefühl, dass ich ihm egal bin, durchdringt mich bis tief in die Knochen. Ist das alles nur für seine Freunde? Marcel wirkt kurz ungläubig, doch dann fasst er sich schnell wieder. Ein leises "ich habe verstanden" entweicht mir gedämpft und ich senke beschämt den Kopf. Warum treffen mich seine Worte so und warum wehre ich mich nicht mehr dagegen?

Marcel fixiert mich mit seinem Blick, während ein gezwungenes Lächeln seine Lippen ziert, welches jedoch nicht seine Augen erreicht. Mit ruhiger Stimme schlägt er vor: ,,Ich denke, ich bleibe heute Nacht bei Sel." Luan antwortet knapp mit einem "Gut" und geht ohne ein weiteres Wort.

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